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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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weiß bis heute nicht, wer von uns damit angefangen hat — berührten sich unsere Lippen. Wir küssten uns leidenschaftlich.
    Für mich in diesem Moment, am Auto stehend, etwas zu leidenschaftlich. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf und ein immer lauter werdendes Geräusch ließ der Leidenschaft keine Chance. Wir lagen uns immer noch eng in den Armen und fingen beide laut an zu lachen. Die geschätzten zweihundert Schweine in dem LKW direkt hinter uns hatten laut angefangen zu grunzen und zu schreien und ich hatte den Eindruck, manche von ihnen sahen uns sogar direkt an.
    Monica gab mir noch einen Kuss auf die Wange, setzte sich in ihren Wagen und fuhr kopfschüttelnd und lachend los. Auch ich bekam das Grinsen nicht aus meinem Gesicht. Und ich denke, als ich mit genau diesem Grinsen den noch hell beleuchteten Schlafraum betrat, wurde das sicher von einigen meiner Mitpilger falsch gedeutet. Jedenfalls dauerte es noch eine ganze Weile, bis ich mich im Bett liegend, endlich umdrehen und schlafen konnte.
     

Tag 15
     
    Villafranca-Montes de Oca / San Juan de Ortega / Atapuerta
     
    Wie jeden Morgen ging das Gewusel im Zimmer früh los. Gegen sieben Uhr befand ich mich gegenüber der Herberge und füllte meinen Wasservorrat am Brunnen auf. Keine hundert Meter an einer Kirche vorbei stieg der Weg recht steil an, was fast zwei Kilometer lang andauerte — „Montes de Oca“ — wie der Name schon sagt. Eine solche Kraxeltour kurz nach dem Aufstehen auf noch fast nüchternen Magen weckt auch den verschlafensten Frühpilger auf.

    Aber man wird auf dem Jakobsweg immer und sofort auch wieder entlohnt. Genau als die Sonne hinter mir aufging, erreichte ich den Gipfel der Oca Berge auf knapp eintausendzweihundert Metern Höhe und vor mir, im Licht der morgendlichen Sonnenstrahlen konnte ich gut hundert Kilometer weit sehen — ein genialer Anblick in einer einzigartigen Morgenstimmung.
    Da kannst du gar nicht anders, du musst dich bester Laune in diese Landschaft aufmachen. Zehn Kilometer hatte ich vor mir, bevor ich außer Mars Riegel, Iso-Drink und Wasser etwas Herzhafteres zu essen bekommen sollte. Kein Pilger begegnete mir auf dem Weg, die Einsamkeit und Ruhe der Landschaft waren beeindruckend und berauschend zugleich.
    Nach einem Herrn San Juan de Ortega, der sich im elften Jahrhundert hier um die Pilger gekümmert hatte, war der Ort benannt. Er erbaute auch die Kirche Iglesia de San Nicolás, die heute allerdings einen herunter gekommenen Eindruck macht. Auch sonst versprühte der Ort keinen besonderen Charme, der zum Verweilen eingeladen hätte -außer der Pilgerherberge, wo man hervorragend frühstücken konnte. Frisch gestärkt machte ich mich wenig später weiter auf meinem Weg und dachte über den gestrigen Abend mit Monica nach.
    Ich wusste nicht so recht etwas mit der Situation anzufangen. Ich war mir sicher, wenn wir einen etwas romantischeren Ort erwischt hätten und mit etwas mehr Zeit — dann wäre das sicher noch weiter gegangen. Und ich fragte mich wirklich, ob mir das recht gewesen wäre. Und bei diesem Gedanken fragte ich mich sofort, ob ich sie noch alle hätte. Hier auf dem Jakobsweg zu sein, veränderte scheinbar die Sicht auf alle Dinge. Aber ich sollte mich schneller wieder mit dem Thema beschäftigen, als ich dachte — Monica sendete mir eine SMS. Ob ich am Wochenende nicht mal etwas ganz anderes machen wollte, war die Frage, und ich hatte so eine Ahnung, was „das ganz andere“ sein könnte. Ich antwortete zunächst nicht und dachte nach, während ich wanderte. Dann, während einer Pause antwortete ich ihr, was sie denn vorhätte, worauf fünf Minuten später mein Telefon klingelte.
    „Hallo Werner“, begrüße sie mich, „wie hast du geschlafen?“
    „Gut“, antwortete ich mit einem Grinsen in der Stimme, „ich musste noch lange über die merkwürdige Situation am Parkplatz nachdenken.“
    „Ja. Ich auch. Es war urkomisch.“ Ich hatte Monica erzählt, dass ich in der Planung meiner Reise jede Woche einen freien Tag eingebaut hatte, den ich vielleicht einmal abseits des Jakobsweges verbringen wollte. Eine Art Urlaubstag, hatte ich gedacht, oder Pausentag, wenn die Füße nicht mehr wollten. Darauf sprach sie mich jetzt an.
    „Die Eltern einer Freundin von mir haben ganz in der Nähe von Burgos ein kleines Landhaus mit einem riesigen Garten. Das Haus könnte ich am Wochenende nutzen. Hättest du Lust dazu?“ Sofort schoss ein Bild in meinen Kopf. Monica hatte ihre Freundin

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