1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg
ist denn Monica, die schöne Spanierin, mit der du noch in Logroño zusammen warst?“ fragte er und sofort sahen mich die beiden älteren Herren erwartungsvoll an.
„Monica ist von Logroño aus wieder nach Hause gefahren. Sie arbeitet seit Montag wieder.“ Die Gesichter der Männer wirkten enttäuscht.
„Aber — morgen holt sie mich in der Herberge ab und wir fahren nach Burgos.“ Jetzt blitzten die Augen der Männer wieder auf.
„Hast du eine Beziehung mit der Frau?“ war die, wie ich fand, etwas indiskrete Frage des Schweitzers. Jetzt wurde ich fast etwas verlegen.
„Sie bringt mir wichtige Dinge über den Jakobsweg bei. Sie hilft mir sehr“, versuchte ich abzuwiegeln.
„Ach so nennt man das bei euch in Deutschland“, stellte der Schweizer fest.
Es folgte eine Diskussion über Frauen, wobei das vermeintlich schwache Geschlecht richtig gut wegkam. Es war keines dieser flachen Kneipen-Blablas. Für ein Gespräch nur unter Männern kam erstaunlich oft das Wort Liebe vor. Als die Sonne untergegangen war, leuchtete an der entfernten Hauptstrasse an der Wand des Restaurants eine rote Neonreklame mit der unmissverständlichen Aufschrift „Bar“ und „Girls“. Einen knappen Kilometer weiter begaben wir uns zur Nachtruhe.
Tag 14
Villamayor del Rio/Belorado / Villafranca-Montes de Oca
Nachdem ich am gemeinsamen Frühstück teilgenommen hatte, machte ich mich an diesem Morgen erst einmal im gemächlichen Tempo auf den Weg. Ich war in der Nacht zweimal unplanmäßig auf der Toilette gelandet. So ganz fit war ich nicht, aber ich wollte auf jeden Fall weiter.
Und da ich heute ja nur fünfzehn Kilometer vor mir hatte, und ich mich darauf freute Monica zu sehen, glich ich kurz nach der Herberge mein Tempo dem korpulenten Kanadier Eric an, auf den ich an einer kleinen Steigung aufgelaufen war.
Man konnte sehen, dass er Mühe hatte auf seinem Weg. Seine Schritte waren schwer und sein ganzer Körper neigte sich bei jedem Schritt hin und her. Dabei baumelte seine große rote Trinkflasche, die er mit einem Karabinerhaken an seinem Rucksack befestigt hatte, wild hin und her.
Eric war ein sehr angenehmer und gemütlicher Mensch. Er erzählte mir von seiner Familie, seinen zwei Töchtern und von seiner Planung, den Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela durchzuhalten, obwohl es ihm, wie er selbst eingestand, ziemlich schwer fiel. Er hatte sich nach der Trennung von seiner Frau erst einmal für vier Monate beurlauben lassen und wollte nach dem Jakobsweg auch noch Freunde in Kiel und München besuchen.
„Mein Tempo ist so langsam, dass ich immer als Letzter in den Herbergen ankomme“, sagte er, „aber ich bin der einzige, der fast immer Applaus bekommt, wenn ich mein Ziel erreiche. Die Menschen wünschen mir immer, dass ich gut ankomme und freuen sich wirklich, wenn ich es schaffe.“ Mittlerweile hatten es sich einige Mitpilger sogar angewöhnt ihm einen Platz zu reservieren, obwohl das in den Herbergen nicht gestattet war.
So wanderten wir eine gute Stunde nebeneinander her und erreichten den Ort Belorado, bei dessen Namen ich sofort wieder an John Wayne denken musste. Wir setzten uns in das erste Pilgercafé im Ort und machten Pause. Ich spürte, dass mir der langsame Gang gut getan hatte und ich war froh, Eric getroffen zu haben.
Ich besorgte uns zwei Kaffee und als ich damit wieder heraus kam, hatte sich ein junger Mann mit einem Hund zu uns gesetzt. Ich hatte ihn zwar noch nie gesehen, dafür aber schon sehr viel von ihm gehört. Er kam aus Nürnberg und war mit seinem Schäferhundmischling namens Bärbel unterwegs. Er hatte sie in einem Urlaub in Mailand gefunden und mit nach Deutschland genommen. Außergewöhnlich war schon die Tatsache, dass ein Pilger mit seinem Hund auf dem Jakobsweg unterwegs war, aber ganz besonders war die Tatsache, dass Bärbel ihren eigenen Hunderucksack trug. Etwa eineinhalb Kilogramm musste sie auch mit sich schleppen.
„Und das macht sie prima“, sagte ihr Besitzer stolz, „es ist zwar manchmal etwas kompliziert, einen Schlafplatz zu finden, aber wir schaffen das schon bis nach Santiago.“ In Spanien ist es nicht erlaubt, Hunde in öffentliche Gebäude mit zu nehmen. Und das schließt die Pilgerherbergen mit ein.
„So kommen wir aber auch zu ganz tollen und außergewöhnlichen Schlafplätzen, wie einem verlassenen Glockenturm oder einer Scheune. Wir haben bis jetzt immer etwas gefunden.“ Die Hündin war auch so brav und gut erzogen, dass sie
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