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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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kam. Das heißt, eigentlich kam ich aus dem Filmen nicht mehr heraus. Ich hatte, ähnlich dem Kölner Dom ein Bauwerk erwartet, indem es vorn einen großen Hauptaltar gibt, dann noch ein paar Nebenaltäre, einen Sarg hier, eine Skulptur dort, einmal rundgegangen und gut ist. Aber hier war alles anders.
    Zuerst fiel mir auf, dass es überall lichtdurchflutet war. Dafür sorgten die hohen Fenster und die teils vorhandenen Dachkuppeln aus Glas. Dann war der Bau total verwinkelt. Jeder der zahlreichen Nebenaltäre war größer, höher und beeindruckender als der Hauptaltar jeder mir sonst bekannten Kirche.
    Die Decken waren zum Teil fünfzig, sechzig, ja bis zu achtzig Meter hoch. Und, was erstaunlich war, die Altäre waren es auch. Ich fragte mich, wer denn so weit oben noch die feinen Details erkennen sollte. In jeder Ecke schien ein anderes Thema zu herrschen, eine andere Geschichte mit verschiedenen Lichteinflüssen und unterschiedlichen Materialien.
    Ich filmte nur noch. Hinter jeder Ecke kam wieder was Neues, Unerwartetes zum Vorschein. Und mir immer in einiger Entfernung voraus steuerte mich Monica durch das riesige Gebäude, wobei ich sie nur im Augenwinkel wahrnahm, was bei mir den Eindruck hinterließ, als ob sie nicht vor mir her gehen, sondern vor mir her in die Räume schweben würde. Sie hatte einen kleinen Lageplan und versuchte mich zwischendurch über das ein oder andere geschichtliche Detail aufzuklären — aber vergebens. Ich staunte durch den Sucher meiner Kamera hindurch und war, ohne Übertreibung, hin und weg.
    So hin und weg, dass ich bis heute der Überzeugung bin, dass die Kathedrale von Burgos das mit Abstand in allen Bereichen beeindruckendste Gotteshaus ist, das ich kenne. Und auch auf die Gefahr hin, dass einige mir sehr wichtige Menschen nicht mehr ein Wort mit mir reden sollten, und ich wahrscheinlich, trotz grüner Umweltplakette, nie mehr in die Innenstadt von Köln fahren darf, aber im Ernst - gegen die Kathedrale von Burgos wirkt der Kölner Dom (sorry, aber es tut jetzt kurz mal weh ) wie eine dunkle Kapelle.
    Es dauerte von mir unbemerkte zwei Stunden, bis wir durch ein kleines Tor aus der Kathedrale hinaustraten. Ich musste mich setzen und schaute mir das große Bauwerk jetzt auch noch etwas intensiver von außen an. Die helle Fassade, die Türme und Kuppeln täuschten trotz ihrer Größe über das noch imposantere Innere hinweg. Monica nahm meine Begeisterung wahr und ließ mich einige Minuten allein. Als sie zurückkam, lächelte sie zufrieden.
    „Ich muss dir sehr danken“, sagte ich zu ihr, „das hätte ich verpasst, wenn ich hier nur durchgelaufen wäre.“ Ich war mir sicher, dass ich alleine aufgeschreckt durch den Massenandrang in der Innenstadt mit dem Rucksack auf dem Rücken rasch weiter gezogen wäre und es sehr wahrscheinlich gar nicht bis in die Kathedrale geschafft hätte.
    Wir suchten uns ein kleines Café in einer ruhigen Straße und Monica überließ mir die Entscheidung, ob wir in Burgos oder in Villamayor zu Abend essen sollten. Mir war lieber erst zurück in den ruhigen, beschaulichen Ort zu fahren, wo wir in einem kleinen Restaurant nahe eines Brummiparkplatzes ein schönes, ausgefallenes Abendessen zu uns nahmen.
    Unsere Laune war ausgelassen. Monica wirkte in zivil etwas lockerer und ich mochte ihren Humor. Einen gewissen Grad an Ernsthaftigkeit ließ sie aber nie vermissen. Und außerdem sah sie in Bluse und Kleid einfach besser aus. Wir planten meine nächsten Tage und Monica gab mir Tipps wohin ich unbedingt hingehen sollte, wo ich am besten übernachtete und was ich auf keinen Fall verpassen dürfte. Ihr war unschwer anzumerken, dass sie am liebsten ihren Rucksack geholt und mitgegangen wäre. Und ich bin mir sicher, dass wir beide gemeinsam bis nach Santiago gegangen wären. Aber langsam wurde uns bewusst, dass wir uns voneinander zu verabschieden hatten — wieder einmal. Ich muss zugeben, es fiel mir jedes Mal schwerer und ich bin sicher, so ging es ihr auch.
    Eine kurze Ablenkung gab es noch mal, als Eric den Gastraum betrat und kurz zu uns an den Tisch kam, um uns zu begrüßen. Ich hatte Monica von ihm erzählt. Es war kurz nach zehn Uhr und für mich wurde es Zeit, in die Herberge zu kommen.
    Draußen auf dem Parkplatz hatten mehrere Lkw um Monicas Auto geparkt. Einer dieser Lkw inklusive Anhänger war voll mit lebenden Schweinen. Als wir am Wagen angekommen waren, umarmten wir uns sehr lange. Dann schauten wir uns in die Augen und — ich

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