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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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hierher geschafft zu haben.“ Jetzt hatte ich den Eindruck, sie übertrieb ein bisschen. Sie schien eine sehr gläubige Frau zu sein und meinte diesen Weg als Dank und aus Respekt zu Gott zu gehen. Es war schon lange ihr Traum gewesen, auf Pilgerschaft zu gehen.
    „Aber erst seit ich das Buch von Hape Kerkeling gelesen habe, habe ich den Entschluss gefasst, es auch zu probieren. Wie er als Couchpotato es geschafft hat, hat mich ermutigt.“
    „Ich denke, Hapes Buch hat den Jakobsweg für viele Menschen gangbar gemacht“, antwortete ich.
    Wir hatten ein schönes, gemeinsames Abendessen, das immer wieder begleitet wurde vom Lachen einer kleinen, sehr glücklichen Asiatin.
     

Tag 16
     
    Atapuerca / Burgos
     
    Heute Morgen wurde ich ohne Geraschel um mich herum wach. Im Zimmer war es dunkel und still. Die Nacht war, abgesehen von kleinen Unterbrechungen für die Chan mit einem ohrenbetäubenden Schnarchen gesorgt hatte, sehr gut. Einmal wollte ich ihn anschupsen, aber ich hatte Angst, dass er dabei wieder aus dem oberen Bett fallen würde, denn er hing schon halb hinaus. Wie so ein kleiner Mann einen solchen Lärm machen konnte, war mir unbegreiflich. Unter ihm schlief Lee, mir gegenüber ein kanadisches Ehepaar und dann waren da noch zwei junge Italienerinnen — wenn das keine internationale Zimmerbelegung war.
    Ich hatte das Bett direkt an der Türe. Also dachte ich, wenn ich jetzt ganz leise unter die Dusche husche, könnte ich ganz früh unterwegs sein. Also versuchte ich ganz leise zu sein. Aber ich wunderte mich immer mehr, so gar nichts zu hören. Nach einer Weile ging ich an die Betten meiner Mitbewohner und erkannte — sie waren leer. Ich machte das Licht an und — sie waren alle leer!
    „Wie tief hatte ich denn nur geschlafen“, dachte ich, „dass ich nicht mitbekommen hatte, wie sich das ganze Zimmer fertig gemacht, und wahrscheinlich zigmal an mir vorbei, durch die Tür gegangen war.“
    Ich schaute auf meine Armbanduhr, die ich mir extra für meine Reise zugelegt hatte. Es war eine leichte Sportuhr mit Gummiarmband und allen möglichen Anzeigefunktionen. Unter anderem hatte sie auch eine Weckfunktion. An diesem Morgen zeigte mir meine Uhr dann auch gleich alle ihre Funktionen auf einmal. Es leuchtete und blinkte wie wild — sie war hinüber.
    Jedenfalls hatte ich jetzt Platz satt und konnte mich in aller Ruhe auch fertig machen. Als ich die Herberge verlassen hatte und mich gerade orientieren wollte, kam aus einer Seitenstraße Eric heraus.
    „Guten Morgen Werner“, begrüßte er mich sehr freundlich und lautstark, „Du bist spät unterwegs. Verschlafen?“
    Er schien heute Morgen einen Kasper gefrühstückt zu haben, so gut und frech war er drauf. Er hatte sich mit dem Ehepaar aus Kanada angefreundet, und es hatte sich heraus gestellt, dass sie in der gleichen Stadt lebten. Ja besser noch. Der Mann kannte sogar Erics Vater aus seiner Jugendzeit. Die Welt ist klein, und auf dem Jakobsweg scheint sie manchmal noch ein bisschen kleiner zu sein.
    „Die Straße rauf rechts gibt es Frühstück“, sagte Eric im weitergehen, „wir sehen uns.“ Einen guten Kaffee ließ ich mir natürlich nicht entgehen und so zog auch ich wenig später gut gestärkt der gesamten Truppe hinterher.
    Es war Freitag und heute war ich genau zwei Wochen unterwegs. Mein Reiseführer verriet mir, dass ich bis heute rund dreihundertsiebzig Kilometer zurückgelegt hatte — ein gutes Drittel meiner Reise. Dafür hatte ich mir auch eben beim Frühstück einen zweiten Kaffee geleistet. Eigentlich ein Grund zu feiern, wobei mir spontan Monica einfiel. Ja, was für ein Wochenende stand mir da bevor?

    Hinter Atapuerca gab es einen kleinen Anstieg auf knapp elfhundert Meter. Auf der halben Strecke sah ich in einiger Entfernung eine rote Wasserflasche hin und her baumeln. Wenige Minuten später hatte ich Eric eingeholt.
    „Na Eric, heute etwas gemächlicher unterwegs?“ versuchte ich mich zu revanchieren. Er lachte und wir gingen eine Weile nebeneinander. Ich hatte den Eindruck, dass ich ihn ein bisschen mitzog und ihm half, den Anstieg zu schaffen. Als wir oben angekommen waren, sah ich vor uns Martina gehen, die wohl das gleiche Tempo wie Eric ging. Ich zog ihn noch bis auf ihre Höhe mit und beschleunigte dann wieder mein Tempo.
    Wieder einmal überrascht von einem wunderschönen Weitblick in die morgendliche Landschaft. Ich empfand es dabei als sehr angenehm, dass der Verlauf des Weges fast immer zu sehen war. Nach der

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