1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg
Wochenendhaus mit riesigem Garten und einem Pool, an dem ich mit ihr leicht oder gar nicht bekleidet liegend und schwimmend zwei Tage verbringen sollte. Und das ganze hatte sie auch noch von sich aus organisiert. Ich brauchte nicht mehr zu tun, als einfach nur zu ihr zu fahren. Leute, für so ein Wochenende würde ich zu Hause sonst was anstellen — da warte ich seit Jahren drauf. Ich war frei, in keiner festen Beziehung. Ich musste nicht mal ein schlechtes Gewissen haben. Doch irgendetwas in mir rebellierte wie wild.
„Ein paar Kilometer von Burgos entfernt“, hatte Monica gesagt, aber der Bus war jetzt schon fast eine Stunde unterwegs. Ich ging zum Fahrer und erkundigte mich nach meinem Zielort — die nächste Haltestelle musste ich raus -ich stand auf einem Fernfahrerrastplatz. Monica war noch nicht da und so ging ich ins Restaurant. Ich zog einige Blicke auf mich, einen Pilger sahen die Herrschaften, so weit vom Weg entfernt, eher selten. Ich bestellte mir eine Cola, mein Magen war durcheinander gekommen. Wenig später sah ich vor der Tür Monicas Auto und ging nach draußen. Sie stürzte auf mich zu und küsste mich. Erst dann schaute sie mich richtig an.
„Wie siehst du denn aus? Geht’s dir nicht gut?“ fragte sie mit besorgter Miene. Sollte ich jetzt einen auf krank machen? Nein, dann würde ich sie belügen.
Monica war schon mit kurzem Rock und leichter Bluse urlaubsmäßig gekleidet, was es mir nicht gerade leichter machte. Wir setzten uns in ihren Wagen.
„Hey, was ist los mit dir?“ wollte sie erneut wissen. Ich schaute ihr in die Augen und antwortete mit einem Satz, der nicht der meine zu sein schien.
„Ich kann nicht hier bleiben, ich muss zurück auf den Weg.“
„Ja, wie? Du kannst doch am Sonntag wieder zurück.“
„Monica. Ich muss jetzt zurück“, sagte ich in ein völlig verstörtes Gesicht. Es brach mir fast das Herz in ihre Augen zu sehen, als sie erkannte, dass wir uns diesmal wirklich voneinander verabschiedeten. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig von tiefer Enttäuschung in Wut. Ich wollte ihre Hand nehmen, aber sie zog sie ruckartig weg. Sie schaute mich nun nicht mehr an. Schweigend stieg ich aus und nahm meinen Rucksack auf, den ich an das Auto gelehnt hatte. Als ich an ihr Fenster ging, startete sie den Motor und fuhr davon.
„Ich Idiot“, nun dachte ich wieder selbst. Ein paar Minuten stand ich da mit gesenktem Kopf an der staubigen Straße. Dann rollte mir ein Bus vor die Füße und die Türe öffnete sich.
„Burgos?“ fragte der Fahrer. Ich stieg ein, zahlte wortlos und versank in einem der Sitze.
Nicht nur, dass ich Monica das Wochenende, und vielleicht auch viel mehr verdorben hatte, ich hatte auch mich um etwas ganz Besonderes gebracht. Ich hätte mich selbst zerreißen können, wie Rumpelstilzchen, so wütend war ich auf mich. Auf der anderen Seite war in mir aber auch ein Gefühl, das mir sagte, das Richtige getan zu haben. Verstehen konnte ich das nicht, aber das Gefühl wurde stärker, je mehr ich mich wieder Burgos näherte.
Als der Bus am späten Nachmittag wieder in Burgos ankam, war es zu spät, um noch mal loszuziehen. Also suchte ich mir ein kleines Hostal, denn ich wollte für mich alleine sein. Am Abend spazierte ich um die Kathedrale und fand neben dem Haupteingang eine kleine Türe, die offen stand. Ich ging hinein und befand mich in dem Teil der Kathedrale, der den Touristen nicht gestattet war. Es war eine Art abgetrennte Kapelle.
Ein paar Einheimische knieten auf den Bänken und beteten. Ich setzte mich ganz nach hinten und schloss die Augen. Ich dachte an Monica, wie es ihr wohl jetzt gehen würde. Ich hatte sie sicher verletzt. Und ich dachte an meine Reaktion, an dieses starke Gefühl, das mir gesagt hatte, ich solle wieder zurückkehren auf den Weg. Und dann erinnerte ich mich an den Eremiten, der mir mitgeteilt hatte, dass der Weg einem vieles gibt, aber — dass er auch einiges von einem fordert.
Tag 17
Burgos / Hornillos del Camino
Meine Nacht war ruhig und ich hatte ganz gut geschlafen. In der Stadt warfen die hohen Gebäude noch dunkle Schatten. Nur wenige Menschen waren unterwegs. Ich versuchte mich nach meinem Stadtplan zu orientieren, denn im Moment konnte ich keine gelben Pfeile oder die sehr schön in den Asphalt eingelassenen Jakobsmuscheln aus Metall sehen.
Nachdem ich das erste Wegzeichen gefunden hatte, verschwand auch noch der letzte Rest von Bitterkeit oder schlechter Laune in mir. Ich war
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