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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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interessieren, „es ist so, dass die erste Rückführung meistens nur das eigentliche Problem umschreibt. Eine allein zu machen bringt gar nichts.“ Es folgte eine Art Vortrag. Ich hatte damals einiges über das Thema gelesen, aber was Bruni da so beim lockeren Wandern von sich gab, war Fachwissen.
    „Sag mal. Du hast dich aber auch nicht das erste Mal mit so was beschäftigt, oder?“ Wir waren an einem Brunnen stehen geblieben und füllten unsere Wasserflaschen auf. Sie schaute mich lange an.
    „Du bist der Einzige, dem ich das hier erzähle“, sagte sie ernst.
    „Oh Gott“, dachte ich, „was kommt jetzt?“
    „Ich arbeite gar nicht in einer Kneipe.“
    „Warum wundert mich das jetzt nicht wirklich?“ stellte ich fest.
    „Ich habe in Karlsruhe eine eigene Praxis. Ich bin Psychotherapeutin. Ich berate Ehepaare und bin spezialisiert auf alternative Psychotherapie und setzte Rückführungen in fast allen Therapien ein.“
    Auch wenn ich nach ihrem Vortrag so etwas geahnt hatte, war ich doch kurzfristig geplättet. Klar, dass sie auf dem Jakobsweg nicht jedem erzählen konnte, was sie wirklich beruflich macht. Sie käme aus dem therapieren nicht mehr heraus.
    „Damit ich das richtig verstehe“, antwortete ich nach einer Weile, „Du bist unter anderem Paartherapeutin und hast nach ein paar Tagen auf dem Jakobsweg deinen Ehemann nach einem Streit verloren?“
    „Hey...!“ lachte sie und gab mir einen Schupser.
    Bruni erzählte mir auf den folgenden Kilometern ihren beeindruckenden Lebenslauf. Als gelernte Krankenschwester arbeitete sie in der Intensivstation einer Karlsruher Klinik und kam somit immer wieder mit dem Sterben und dem Tod in Verbindung. Als sie nach einer Routineuntersuchung erfuhr, dass sie an einer schweren Krebsform erkrankt war und selbst nur noch ein halbes Jahr vor sich hatte, änderte sie abrupt ihr Leben.
    „Ich habe in der Klinik immer wieder sehr nah und direkt erlebt, wie ein solches Urteil der Ärzte auf die Patienten gewirkt hatte“, sagte sie.
    „Die meisten haben sich einfach aufgegeben, nach dem Motto, wenn das der Arzt sagt, muss das ja stimmen. Über achtzig Prozent der Patienten sind dann auch wirklich innerhalb dieser Zeit gestorben. Ich wollte mich aber nicht einem solchen Schicksal ergeben und bin sofort aus dem Krankenhausbetrieb ausgestiegen.“
    Bruni hatte in der folgenden Zeit nach alternativen Heilungsmöglichkeiten gesucht, die sie auf Umwegen in der Person einer Heilpraktikerin auch gefunden hatte. Diese Frau setzte unter den anderen alternativen Heilmethoden auch eine spezielle Form von Rückführungen ein. So gehörte es zu dieser Behandlungsmethode, dass kurz hintereinander mehrere Rückführungen gemacht wurden, die in dieser kurzen Folge immer intensiver wurden.
    „Das Ergebnis war, dass sich mir in einer dieser Rückführungen der Grund für meine Erkrankung offenbarte. Es war ein eigentlich banaler, emotionaler Grund, den ich ständig verdrängt hatte — über mehrere Leben.“
    Bruni hatte sich danach entschlossen, ihre beruflichen Tätigkeiten voll auf diese Art der Therapie zu konzentrieren. Sie studierte und besuchte Seminare, bis sie die entsprechenden psychologischen und klinischen Diplome erhalten hatte, um ihre eigene Praxis zu eröffnen.
    „Wow“, dachte ich bei mir, „wie kann man eine Arbeit besser und intensiver ausüben, die einem das Leben gerettet hat. Welche tiefe Liebe und hohe Energie musste in ihrer Arbeit auf ihre Klienten übergehen.“
    Ich war so beeindruckt von ihrer Geschichte, dass ich einige Zeit wortlos neben ihr her ging. Gleichzeitig kamen Gedanken in mir hoch, die mir sagten, dass das eine der wichtigsten Begegnungen auf meinem Weg sein sollte.
    „Eigentlich heile nicht ich die Menschen, die zu mir kommen“, fuhr sie fort, „sondern helfe ihnen nur, herauszufinden, warum sie erkrankt sind. Wenn sie das erst einmal erkannt haben, verschwinden die Symptome bei den meisten vollständig.“
    Dann erzählte sie mir von einem Klienten, den sie vor einiger Zeit in Behandlung hatte. Auch er hatte Krebs bekommen und laut seinen Ärzte würde eine Heilung nicht möglich sein. Bruni machte mehrere Therapien und Rückführungen mit ihm, aber immer an einem bestimmten Punkt hatte er die Behandlung abgebrochen.
    Da sie aber auch recht hartnäckig war, und nicht aufgeben wollte, beichtete ihr der Klient eines Tages unter Tränen, dass er sich vor einigen Jahren an einem kleinen Jungen vergriffen hatte. Er hatte keine

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