1001 Nacht mit dem Wüstenprinzen
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Auf der Treppe blieb er so unvermittelt stehen, dass Samia mit einem kleinen Schrei zurücktaumelte. Geistesgegenwärtig fing Sadiq sie auf und zog sie an sich. Klopfenden Herzens sah sie ihn an. „Entschuldige. Ich habe nicht auf die Stufen geachtet.“
Gespielt ernst bemerkte er: „Erst preschst du auf dem Teufelshengst vor mir davon, und jetzt versuchst du es mit einem Treppensturz. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich denken, du willst in letzter Minute kneifen.“
Samia schüttelte nur den Kopf und blickte ihm in die unglaublich blauen Augen. Er hielt sie so fest umfangen, dass sie seinen muskulösen Körper spüren konnte.
Vorsichtig versuchte Samia, sich ihm zu entziehen.
Besorgt fragte Sadiq: „Habe ich dir wehgetan?“
„Nein“, wehrte Samia ab. „Es liegt an meiner Frisur … sie Nadeln stören mich schon den ganzen Abend.“
„Komm mit.“ Sadiq führte sie den Gang entlang bis zu einer Nische, wo er ihr die Haarnadeln eine nach der anderen herauszog, bis die roten Locken ihr seidig über die Schultern flossen.
Erleichtert schloss Samia die Augen. „Ach … jetzt fühle ich mich besser.“
„Das wollte ich schon den ganzen Abend tun“, gestand Sadiq ihr.
Befreit ließ sie ihn gewähren, als er ihr sinnlich den Nacken zu massieren begann. Eine herrliche Trägheit breitete sich in ihr aus. Leise seufzte sie auf.
Das war zu viel für Sadiq. Er riss sie an sich, wollte sie endlich für sich haben. Es war ihm schwer genug gefallen, sie den anderen nicht eher zu entführen, denen sie sich den ganzen Abend über so charmant gewidmet hatte. Zum ersten Mal hatte es für ihn nur eine Frau im Raum gegeben. Seine Frau.
Als sie mit seiner Mutter gesprochen hatte, war er schmerzlich berührt gewesen, wie stets, wenn sie so traurig wirkte.
Ihm wurde bewusst, dass er versuchte, den Reißverschluss von Samias Kleid zu öffnen. Meine Güte, sie standen in einem Hauptkorridor des Palastes! Er musste sein Verlangen zügeln.
Samia spürte Sadiqs Stimmungswandel. „Ich bringe dich zu deiner Suite“, sagte er so ruhig, als wäre nichts geschehen.
Schon ging er voran, und sie wollte ihm folgen, dann fiel ihr ein, dass ihre Haarnadeln auf dem Boden verstreut lagen, wo sie sich geküsst hatten. Sadiq drehte sich um und sah, dass sie die Nadeln aufheben wollte. Schroff wies er sie an: „Lass sie liegen.“
Befremdet blickte sie ihn an. „Aber …“
„Ich sagte, lass sie liegen. Jemand wird sie aufsammeln.“
Das sagte er so scharf, dass Samia betroffen war. Stumm richtete sie sich auf und folgte ihm. Ein Diener ging vorbei, und Sadiq erteilte ihm einen Befehl. Peinlich berührt fiel Samia ein, wie zerzaust sie aussah und was der Mann jetzt denken würde.
Vor ihrer Tür blieb Sadiq stehen, stieß sie auf und ließ Samia eintreten. Während sie an ihm vorbeiging, wagte sie kaum zu atmen. Was kam jetzt?
„Gute Nacht, Samia.“ Seine Miene zeigte keine Regung. „Du hast dich heute Abend tapfer geschlagen.“
Das war nicht der Mann, der sie eben so leidenschaftlich geküsst hatte!
Zaghaft lächelte sie. „Es war nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte.“
„Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, dass du dir keine Sorgen machen musst.“
Keine Sorgen machen? Samia setzte sich aufrecht hin, damit die Frauen ihre Hände und Füße besser mit Henna verzieren konnten. Es war der Tag vor der Hochzeit, man hatte sie gebadet und diversen Kosmetikbehandlungen unterzogen. Eine Stunde hatte sie damit verbracht, sich mit den Hochzeitsbräuchen von Al-Omar vertraut zu machen. Sadiqs engster Berater hatte sich mit ihr zusammengesetzt, um den genauen Ablauf der nächsten drei Tage durchzugehen. Inzwischen schwirrte Samia der Kopf, weil alles ihr so kompliziert erschien.
Morgen würde ein Staatsbeamter sie mit Sadiq trauen, ganz nach orientalischer Sitte. Anschließend würde ein großes Galabankett stattfinden.
Tags darauf waren verschiedene Auftritte und Essen angesetzt. Am dritten Tag sollte der westliche Teil der Hochzeit stattfinden. In Anwesenheit internationaler Medienvertreter würde Samia in einem kostbaren Brautkleid öffentlich mit Sadiq getraut werden, danach sollten ein weiteres Festbankett und ein Ball folgen.
Keine Sorgen machen. Samia musste sich eingestehen, dass sie der Zukunft nicht mehr ganz so furchtsam entgegensah.
Stunden später saß Sadiq immer noch am Schreibtisch, vor sich einen Berg Unterlagen, die er vor der Hochzeit und den Flitterwochen erledigen wollte.
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