1001 Nacht - und die Liebe erwacht
völlig verzweifelt gewirkt, als er sie im Pavillon zurückgelassen hatte. Doch Raâid fühlte sich keiner Schuld bewusst. Mit seinem behutsamen Vorgehen hatte er nichts erreicht â aber das hatte er ohnehin vorausgesehen. Also musste er jetzt zu härteren MaÃnahmen greifen, um sie zu ihrem Glück zu zwingen. Er wollte seine kleine Meerjungfrau beschützen. Sie durfte sich keinerlei Risiko mehr aussetzen. Andererseits musste sie ihren Weg selbst finden. Dabei hatte sie allerdings nur zwei Alternativen: in Sinnebar zu bleiben oder nach Rom zurückzukehren. Natürlich wünschte er sich, sie würde sich für Sinnebar â und für ihn â entscheiden. Das Kind blieb selbstverständlich bei ihm, unter seinem Dach und unter seinem Schutz. Darüber gab es überhaupt keine Diskussion!
Raâid lehnte sich an den Stamm einer Palme und blickte hinaus auf die Wüste, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass Antonia aufs Pferd stieg. Ãberraschte ihn das? Nein. Bei Antonia musste man immer mit allem rechnen. Weit würde sie allerdings nicht kommen, denn der brave Wallach drohte zu lahmen. Offenbar hatte er sich überanstrengt. Tonnerre würde ihn schnell einholen, falls dies nötig sein sollte.
Das fängt ja gut an, dachte Antonia, als ihr Pferd zu lahmen begann und sie absitzen musste. Missgestimmt führte sie den Wallach zurück zum Pavillon. Tonnerre war an einem Pfosten angebunden, von Raâid jedoch war weit und breit nichts zu sehen. Vielleicht hatte er einen superleisen Hubschrauber in die Stadt genommen. Der ist mir ja ein schöner Beschützer, dachte sie sarkastisch, ging in den Pavillon und zog sich die Stiefel aus.
Die Ereignisse des Tages hatten sie so erschöpft, dass sie es nur mit Mühe schaffte, sich auszuziehen, bevor sie auf die Seidenkissen sank und sofort einschlief.
Antonia träumte, ein geheimnisvoller, dunkel gewandeter Fremdling verfolge sie auf seinem schwarzen Hengst durch die Wüste, als ein raschelndes Geräusch sie schlagartig weckte.
Schlaftrunken blinzelte sie und richtete sich auf. Neben dem Kissenlager standen drei Frauen und verbeugten sich ehrerbietig. âBitte nichtâ, bat sie und gab ihnen zu verstehen, dass sie sich vor ihr nicht zu verbeugen brauchten. Dann wurde sie sich ihrer Nacktheit bewusst und wickelte sich in ein Laken.
Jetzt erkannte sie die drei Beduinenfrauen wieder, die sie vor einigen Tagen kennengelernt hatte. Offenbar hatte Raâid sie gebeten, ihr während seiner Abwesenheit Gesellschaft zu leisten. Verlegen stand Antonia auf und begrüÃte die Frauen gebührend. Sie entdeckte einen Krug, der wie durch ein Wunder plötzlich auf einem der gehämmerten Messingtische stand, umgeben von Schalen mit Obst und SüÃigkeiten. Die Frauen mussten die Köstlichkeiten gebracht haben, während sie schlief. âVielen Dank, das ist sehr groÃzügigâ, sagte sie und verbeugte sich höflich, so gut das in dem Laken möglich war.
Die Frauen kicherten amüsiert und forderten Antonia auf, ihnen zu folgen.
Das Wasser im Pool des Badehauses hatte sich durch die Sonnenstrahlen erwärmt. Auf der Wasseroberfläche tanzten Rosenblütenblätter. Wohlig entspannte Antonia sich und lieà sich von den Frauen die Haare waschen und den Kopf mit einer duftenden Lotion massieren. Die Kräuter und Blüten hatten die Frauen selbst gesammelt. Vielleicht könnte man diese wohltuende Lotion vermarkten, dachte Antonia. Falls das Baby, die Bauarbeiten und die Stiftung ihr dazu überhaupt Zeit lieÃen.
Sie wurde mit weichen Handtüchern abgetupft und anschlieÃend massiert, bevor die Frauen sie in eine schlichte Robe hüllten. Der reinste Luxus, dachte Antonia begeistert.
Zurück im Pavillon flochten die Frauen ihr Zöpfe und steckten ihr Blumen ins Haar. Sie parfümierten Antonia ein zweites Mal, schminkten sie und malten mit Henna komplizierte Muster auf ihre Hände und FüÃe.
Das passiert aber nicht jeden Tag, oder? dachte Antonia verwundert. Dann kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn die Frauen zeigten ihr eine edle Robe aus himmelblauem Seidenchiffon. Die Robe war mit winzigen Perlen und glänzenden Silbermünzen bestickt, die bei jeder Bewegung klangen. Bevor sie das edle Kleidungsstück überstreifte, befestigten die Frauen zierliche FuÃketten an Antonias FuÃgelenken, deren Glöckchen mit Edelsteinen
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