1001 Versuchung
Bedingung.“
Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, eine Bewegung, die seine Erregung erneut aufflammen ließ, obwohl er sich Sorgen um sie machte. Er wünschte, er hätte sie doch noch zu einem weiteren Kuss überredet.
„Und die wäre?“
„Solltest du noch einen Schwächeanfall bekommen, gehst du sofort zu einem Arzt.“
Ihr Lächeln war echt und traf ihn wie ein Schlag in den Magen. „Danke, dass du so besorgt bist, Arik, aber mir geht es wirklich gut.“
Zu verfolgen, wie ihre Lippen seinen Namen formten, war das Erotischste auf der Welt. Vor allem, da diese Lippen noch leicht geschwollen von seinem Kuss waren. Er konnte sie noch immer schmecken, ein Geschmack, der süchtig machte und sein Verlangen anheizte. Fast wünschte er, die alte Tradition des Gesichtsschleiers hätte noch Gültigkeit. Es war zu aufreibend, ihren einladenden Mund sehen zu können, aber nicht nehmen zu dürfen.
Arik stand auf und streckte ihr den Arm hin. „Ich höre den Wagen kommen. Gehen wir ihm entgegen.“
Einen Augenblick zögerte sie, dann ergriff sie die dargebotene Hand. Gut. Sie vertraute ihm also noch. Erleichterung durchflutete ihn, als er sie am Arm nahm und mit ihr vor das Zelt trat.
Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte Arik an einer Säule und betrachtete Rosalie. Die Abendsonne fiel auf ihr Haar und ließ es wie eine rotgoldene Aureole leuchten.
Je weiter der Nachmittag fortgeschritten war und je stärker sich Rosalie für das, was sie sah, begeisterte, desto entspannter war auch ihre Miene geworden. Der Ausdruck der Trauer in ihren Augen hatte sich verflüchtigt, als sie vergaß, was immer sie aufgewühlt haben mochte.
Er hatte viel über sie herausgefunden, zum Beispiel, dass die Farbe ihrer Augen mit ihrer Stimmung wechselte. Gewittergrau bei Schmerz, intensives Grün, wenn sie Freude und Glück verspürte.
Nach dem Kuss hatte sie mit funkelnden grünen Augen zu ihm aufgeschaut. Er hätte in den Tiefen dieser Augen versinken mögen, hatte den Drang, sie in seine Arme zu ziehen, wachsen gespürt. Nur der jähe Tränenschimmer hatte ihn zurückgehalten.
Da war Schmerz zu erkennen gewesen. Es störte ihn, dass er nicht wusste, woher dieser Schmerz kam. Der Kuss war nicht der Auslöser. Ein Erlebnis aus ihrer Vergangenheit? Rosalie Winters war eine Frau mit einem Geheimnis, das fühlte er. Er war entschlossen, all ihre Geheimnisse zu enthüllen und ihre Angst zu besiegen.
Es war eine gute Entscheidung gewesen, sie hierher in die Kunstschule zu bringen. Sie hatte sich auf Anhieb zu Hause gefühlt. Kunst war wohl eine universelle Sprache, denn die Schüler hier sprachen nur gebrochen Englisch oder Französisch, und Rosalies Arabischkenntnisse, auch wenn ihre Aussprache gut war, waren begrenzt. Dennoch verstand sie sich mit jedem. Und zwar so gut, dass er sich nach einer halben Stunde völlig überflüssig vorgekommen war und sich stattdessen mit dem Direktor über einer Tasse Tee zusammengesetzt hatte, um den Ausbau der Schule und dessen Finanzierung zu besprechen.
„Es wird langsam spät“, murmelte er jetzt und trat hinter Rosalie, die fasziniert neben einem jungen Mädchen hockte und deren Arbeit an einem Glasmosaik zusah.
Sie hörte ihn gar nicht. Erst als er seine Hand auf ihre Schulter legte, blickte sie zu ihm auf.
„Oh, tut mir leid. Lasse ich mir zu lange Zeit?“
Er schüttelte den Kopf. „Ganz und gar nicht. Es ist eine Freude, deine Begeisterung mitzuerleben. Aber die Schule schließt bald ihre Pforten, und du willst doch sicher auch deine Tochter anrufen, oder?“
„So spät ist es schon?“ Verdutzt sah sie auf ihre Armbanduhr. „Das ist mir gar nicht aufgefallen.“ In einer Mischung aus Englisch und Arabisch und mit einem freundlichen Lächeln verabschiedete sie sich von dem Mädchen mit den besten Wünschen.
Als sie durch die hohen Pforten des Vorhofs Richtung Wagen gingen, sah Arik zu der untergehenden Sonne hin. Sicher würde Rosalie ablehnen, wenn er sie jetzt zu einem gemeinsamen Dinner einlud. Sie wurde unruhig, wenn sie mit ihm allein war. Er befürchtete sogar, dass sie schon jetzt nach einem Vorwand suchte, um das morgige Treffen abzusagen.
„Arik?“
Ihm wurde eiskalt. Da, er hatte also recht mit seiner Vermutung gehabt! Sie stand vor ihm, reichte ihm gerade bis zum Kinn, und er wollte sie an sich ziehen und nicht gehen lassen, ganz gleich, welche Einwände sie auch vorbrachte.
„Du hast gar nichts davon gesagt, dass du die Kunstschule
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