1001 Versuchung
verschwand. Hätte sie mehr Kraft gehabt, wäre sie geblieben und hätte ihm ihre Entscheidung von Angesicht zu Angesicht mitgeteilt. Zweifelsohne hätte er ihren Entschluss mit einem gleichgültigen Schulterzucken akzeptiert. Schließlich hatte er von Anfang an gesagt, dass er nur an einer kurzfristigen Affäre interessiert war. Ihr unangekündigtes Verschwinden musste ihn ja beleidigt haben.
„Hallo, Arik.“ Sie musste sich räuspern, so rau klang ihre Stimme. Um sich abzulenken, sah sie ihre Tochter an und hob sie hoch. „Amy, das ist Arik.“
Die Kleine betrachtete lange das dunkle Gesicht vor sich, dann hellte sich ihre Miene auf, und sie lachte strahlend. „Hallo.“
„Hallo, Amy. Es freut mich, dich kennenzulernen. Ich habe schon viel von dir gehört.“
Rosalie sah in sein lächelndes Gesicht. Verschwunden waren Anspannung und Ärger. Er sah fast … sanftmütig aus. Etwas in ihr rührte sich, als er ihre Tochter so gewinnend anlächelte. Und für einen Moment wünschte sie sich, die Dinge könnten anders sein. Für einen Moment wünschte sie sich das Unmögliche …
„Ihr kennt euch?“ Belle trat vor, ihre Neugier war nicht zu übersehen. Belles Miene sagte Rosalie auch, dass sie sich nicht vor einem detaillierten Bericht würde drücken können, sobald sie mit der Schwester allein war. Also sollte sie sich besser schon einmal eine Geschichte zurechtlegen.
„Ja. Wir trafen uns am Strand, an dem Morgen, als Mum und Amy hierher zu euch geflogen sind.“
„Ihr habt euch nur ein Mal getroffen?“ War das Enttäuschung oder Zweifel in Belles Stimme?
Rosalie warf einen raschen Blick auf Arik, doch von ihm war wohl keine Hilfe zu erwarten. Er hatte die Lippen fest zusammengepresst. „Nein. Ich habe mehrere Vormittage am Strand verbracht, weil ich die Landschaft dort malen wollte. Arik half mir dabei. Ich meine …“
„Rosalie sah mich, wie ich die Pferde zum Schwimmen brachte. Sie wollte eines davon zeichnen. Es war mir ein Vergnügen, ihrer Bitte entsprechen zu können.“
„Also hat Ahmed die Pferde an den Strand gebracht, damit Rosalie sie zeichnen kann?“ Rafiq erhob jetzt zum ersten Mal das Wort, seine Stimme klang reserviert.
Arik musterte stumm Rosalies Gesicht, ohne eine Regung zu zeigen. Sie fragte sich ernsthaft, warum sie nicht auf der Stelle in Flammen aufging. Sah denn niemand sonst dieses Funkeln in seinen Augen?
„Nein.“ Langsam schüttelte Arik den Kopf. „Da ich noch nicht an meine Arbeit zurückkehren konnte, hatte ich Zeit und führte die Pferde selbst an den Strand.“
Abrupt drehte Arik sich zu Rafiq. In seinen Zügen lag eine eindeutige Herausforderung. Plötzlich sah er größer aus, die Haltung der breiten Schultern fast angriffslustig.
Zwischen den beiden Männern fand eine wortlose Verständigung statt, der niemand anders folgen konnte. Dann entspannten sich Ariks Züge, und Rafiq lächelte.
„Du bist so stolz auf deine Pferde.“ Rafiq legte Arik eine Hand auf die Schulter. „Man könnte meinen, sie seien so edel wie die in meinem Stall.“
„Nur gut, Cousin, dass ich genügend Benimm habe, um meinem Gastgeber nicht zu widersprechen. Allerdings möchte ich anmerken, dass es schon viel zu lange her ist, seit du eines meiner Tiere geritten hast.“
„Cousin?“, hauchte Rosalie schwach.
„Rafiq und Arik sind miteinander verwandt.“ Belle ließ Rosalie nicht aus den Augen. „So genau kann ich es dir auch nicht erklären, aber sie gehören zu einer Familie. Das sieht man ja auch, nicht wahr?“
Rafiq schlug bereits ein Pferderennen vor, um eindeutig zu klären, wessen Pferde denn nun schneller seien. Doch sein Lächeln war breit und sein Ton entspannt, während er mit Arik debattierte.
„Ja“, flüsterte Rosalie, „jetzt sehe ich es auch.“
Diese Situation war unmöglich. Schlimm genug, dass sie sich nach einem Mann sehnte, den sie nicht haben konnte. Sie musste mit der Erkenntnis leben, dass sie den größten Fehler ihres Lebens begangen hatte – dem Charme des einen Mannes zu erliegen, der all ihre heimlichen Fantasien verkörperte. Aber ihm dann auch noch im Kreise ihrer Familie wieder begegnen zu müssen, die geradezu besessen um ihr Wohl besorgt war … das war einfach unerträglich.
Plötzlich hatte sie das Gefühl, von einer Mauer eingeschlossen zu sein. Sie versuchte, die Panik durch tiefes Luftholen zu bannen. Sie hatte geglaubt, dieses Gefühl sei längst vorbei und vergessen …
„Rosalie, ist alles in Ordnung mit dir?“
Ariks
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