Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1007 - Totenwache

1007 - Totenwache

Titel: 1007 - Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
davon? Und warum?«
    »Er suchte eine Aufgabe. Er hat gemerkt, wie sein Sohn in die mystischen Bereiche eindrang, und er wußte auch, daß der Namen Sinclair so etwas wie eine Verpflichtung bedeutet. Aus diesem Grunde suchte und forschte er nach einer Aufgabe. Er war an den Geheimnissen und Rätseln der Welt interessiert. Er wollte viele Dinge aus dem Dunkel hervor an das Licht des Tages holen, und das ist ihm auch gelungen. Er hat einen Weg gefunden, der ihn zu Lalibela führte. Er hat viel gelesen, gehört, und so ist er eben zu uns gelangt.«
    »Aus seiner Familie wußte niemand etwas davon?«
    »Nein.«
    »Auch nicht seine Frau?«
    »Er hat sie nicht eingeweiht.«
    Suko war enttäuscht. Für ihn brachen zwar keine Welten zusammen, aber mit einer derartigen Entwicklung hätte er nie im Leben gerechnet. Das war alles anders geworden. Es kam ihm so absurd vor, aber welchen Grund hätte Crady zur Lüge gehabt?
    »Dann habt ihr euch gefunden?«
    »Ja, das haben wir. Ich weiß, daß es von uns noch viele auf der Welt gibt, die allesamt an demselben Geheimnis interessiert sind. Das alles kannst du ruhig wissen, denn Lalibela hat uns durch Horace F. Sinclair den richtigen Weg gewiesen. Wir werden ihn gehen, wir werden alles so machen, wie es vorgeschrieben ist.«
    »Wohin gehen?«
    »Weg nach Äthiopien. Es ist alles vorbereitet. Wir hätten Horace F. nur noch abzuholen brauchen, und das werden wir auch tun.«
    »In dieser Verkleidung, wie?«
    »Ja, das gehört dazu. Die Kutten und Kapuzen sind nach den alten Mustern genäht worden, die wir ebenfalls fanden. Nur so sind wir würdig genug, den steinigen Weg zugehen.«
    Ob sie eventuell Erfolg gehabt hätten oder nicht, das konnte Suko beim besten Willen nicht sagen. Diese Männer waren ihm auch egal, für ihn zählten einzig und allein Horace F. Sinclair und sein Sohn John. Was in der nicht weit entfernten Leichenhalle geschah, wußte Suko nicht. Er sah und hörte nichts.
    Auch die übrigen Vermummten trafen keinerlei Anstalten, ihm Widerstand entgegenzusetzen. Sie konzentrierten sich voll und ganz auf ihre eigenen Ziele.
    Warten…
    Die Spannung stieg.
    Die Düsternis hing über dem Friedhof wie ein böses Omen. Wolken hatten sich am Himmel zusammengeballt und bildeten beinahe erschreckende Gebilde. Manchmal frischte auch der Wind auf. Dann streifte er wie ein gewaltiger, unsichtbarer Geist über den Friedhof hinweg, als wollte er die Toten locken.
    In der Leichenhalle war noch nichts passiert. Aber Suko wußte sehr gut, daß es nicht mehr lange dauern konnte. Er hatte es im Gefühl, und darauf konnte er sich immer verlassen.
    Noch tat sich nichts.
    Die Stille blieb.
    Bis plötzlich ein Schrei erklang. Er gellte auf. Er war furchtbar. Er war menschlich und unmenschlich zugleich, und es gab keinen der Männer, der nicht zusammengezuckt wäre.
    Dann wurde es wieder still.
    Sehr still.
    Suko spürte das Zittern seiner Hand. Er hätte die Waffe am liebsten zur Seite geschleudert, aber er hielt sie fest, denn er traute Don Crady nicht.
    Crady konnte sich nicht mehr beherrschen. »Es hat einen Sieger gegeben«, flüsterte er. »Ja, es hat einen Sieger gegeben, das kann ich beschwören. Es muß ihn gegeben haben…«
    »Und wen?«
    »Ich hoffe und wüsche es mir, daß es Lalibela gewesen ist. Nur er kann gewinnen…«
    Der Überzeugung war Suko nicht. Auch ihn drängte es, zurück in die Leichenhalle zu gehen, aber er riß sich zusammen. Er mußte abwarten, ob die andere Seite nicht schneller war.
    Sie war es!
    Plötzlich hörten sie alle das Schaben.
    Und dann öffnete sich langsam die Tür.
    Jemand kam.
    Aber wer…?
    ***
    Es war nicht mehr mein Vater. Er war jetzt Lalibela, und er wollte die Macht zurückhaben.
    Jedes einzelne Wort hatte ich verstanden, und ich wußte, daß keines davon einer Lüge entsprach. Mein Vater war tot, er war aber keine normale Leiche. Ich sah ihn nicht mehr als Mensch an, nicht mehr als Toten, nicht als einen, der von seinem Sohn unter die Erde gebracht werden mußte. Er war ein Monstrum.
    Ich hielt den Atem an. In meiner Kehle steckte alles zu. Ich spürte wieder die Hitze und die verdammte Kälte überdeutlich. Meine Knie zitterten, und es war mir nicht mal bewußt, daß ich mein Kreuz noch in der Hand hielt.
    »Du bist nicht mehr mein Vater«, wiederholte ich mit einer Stimme, die dicht vor dem Weinen stand. »Nein, du bist nicht mehr mein Vater. Du hast es mir selbst gesagt. Du bist Lalibela. Aber ich werde es nicht hinnehmen, verstehst du?

Weitere Kostenlose Bücher