1009 - Kometen-Geister
Besser wurde es bestimmt nicht.
Es war nur zu hoffen, daß sich der Sternträger kooperativ zeigte und mich nicht auslachte oder einfach durchdrehte, wenn er seine Ordnung gestört sah.
Zum Abschied hatte er mir seine Karte gegeben. Auf ihr stand seine Telefonnummer.
Das Telefon stand im Wohnraum neben der Glotze auf einem schmalen Tisch. Erst als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, wurde mir dieser Brandgeruch wieder bewußt. Nicht nur, weil er hier vorhanden war und im Freien nicht, nein, ich hatte vielmehr den Eindruck, daß er stärker geworden war. In meinem Haus hatte er sich verdichtet, wirkte schärfer, fast ätzend. Ein kaltes Gefühl kroch dabei über meinen Rücken, und mit der rechten Hand tastete ich nach der Beretta.
Ich hörte nichts.
Im Haus war es still. Nur die Geräusche von draußen erreichten meine Ohren.
Die Karte legte ich neben das Telefon, bevor ich Petans Nummer wählte. Es war die Durchwahl, und ich nahm seinen verwunderten Ausruf wahr, als er meine Stimme hörte. »Sinclair, das ist aber eine Überraschung. Ich hatte damit nicht gerechnet, daß Sie sich so schnell melden würden.«
»Manchmal wird man eben zu gewissen Dingen gezwungen.«
Ich hörte sein Kichern. »Dann rufen Sie mich also nicht aus freien Stücken an?«
»Es lagen Sachzwänge vor.«
»Und die hatten nicht bis zum Abend Zeit. Dann wollte ich ja kommen.«
»So ist es.«
»Um was geht es?«
»Wenn Sie dabei an den von mir Erschossenen denken, Mr. Petan, so haben Sie sich geirrt. Ich habe eine andere Frage, über die Sie sich vielleicht wundern werden.«
»Reden Sie schon, Mann!«
»Gehören Sie zu den Einheimischen, Sheriff?«
»Hä?« drang es durch den Hörer. »Habe ich Sie richtig verstanden? Sie wollen wissen, ob ich ein Einheimischer bin? So mit allem drum und dran - hier geboren und so weiter?«
»Ja, das hätte ich gern gewußt.«
Er lachte wieder. Seine Antwort beruhigte mich, denn er erklärte mir, daß er ein Einheimischer war und ihm praktisch nichts unbekannt war, was in Tulsa Falls und Umgebung geschah. »Einschließlich der Feriengebiete, Sheriff.«
»Das ist gut, denn darum geht es nämlich.«
»Jetzt haben Sie mich richtig neugierig gemacht.«
»Das kann ich mir vorstellen, Mr. Petan, und Sie werden auch bald staunen, aber ich möchte von vorn beginnen.«
»Gut, ich höre.« Seine Stimme hatte sachlich geklungen. Er war praktisch von mir dazu gezwungen worden.
»Sie kennen das Gelände, auf dem das Haus steht, in dem ich zur Zeit wohne.«
»Natürlich. Das habe ich alles miterlebt. Die Rodung, den Verkauf, die Erschließung und so weiter.«
»Das ist gut, Sheriff. Ich möchte Sie fragen, ob jemand etwas dagegen gehabt hatte, daß am See etwas verändert wurde?«
»Nein, zum Glück nicht. Selbst die Umwelttypen haben sich ruhig verhalten. Man war ja letztendlich froh, daß etwas passierte. Die neue Siedlung zu bauen, das war etwas. Das gab wieder neue Arbeitsplätze. Die Infrastruktur hat sich verändert. Da gab es kaum jemanden der sich dagegen ausgesprochen hätte. Außerdem haben wir nur einen Teil des Ufers roden lassen. Der größte Teil der Umgebung ist so geblieben, wie er schon immer gewesen ist. Da gab es keinen Ärger, das möchte ich noch einmal betonen.«
»Ja, das ist gut, wenn Sie das so sagen, Sheriff.«
»Verdammt, Sinclair«, sagte er nach einem lauten Atemzug. »Warum haben Sie das denn gefragt?«
»Es gibt Gründe, auf die ich noch näher, eingehen werde, Mr. Petan. Ich will wieder auf den Wald hier am See zurückkommen. Hat dieser Ort möglicherweise eine besondere Bedeutung gehabt? Früher, denke ich. Zu alten Zeiten.«
»Worauf wollen Sie denn jetzt hinaus?«
»Lassen Sie mich vorsichtig beginnen. Dieses Land hat ja eine Vergangenheit. Hier habe nicht immer nur Weiße gewohnt, sondern auch Ureinwohner. Sie waren mit ihrem eigenen Kulturkreis verwachsen. Sie haben nach ihren Regeln und Riten gelebt. Sie haben ihre Götter und Dämonen gehabt, und sie kannten bestimmte Opfer- oder Ritualplätze, wo sie in Kontakt mit diesen höheren Wesen traten. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob es hier am See einen derartigen Ritualplatz gegeben hat.«
»Ja, ich glaube…«
Daß die Antwort so spontan kam, wunderte mich. Hatte sich der Sheriff vielleicht mit der Vergangenheit beschäftigt? Bei einem Menschen wie ihm konnte ich mir das kaum vorstellen, aber er schien mehr zu wissen, und ich hakte nach. »Was glauben Sie denn?«
»Nichts, Sinclair, ich glaube nichts.
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