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101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

Titel: 101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Vielgestaltigkeit jedoch so nicht im Deutschen nachgebildet werden können. Gerade eine der schönsten und elegantesten Eigenheiten der arabischen Syntax verweigert sich hartnäckig der Übersetzung ins Deutsche: die relativische Verschränkung, also der Rückbezug auf das Beziehungswort im Hauptsatz mittels eines anderen Gliedes des Relativsatzes als des Relativpronomens selbst, z. B. über ein suffigiertes Personalpronomen oder ein Objektsuffix. Um dieses Phänomen im Deutschen zu veranschaulichen, eignet sich eine Zeile aus Christian Morgensterns berühmtem Gedicht Die Mittagszeitung :
    Korf erfindet eine Mittagszeitung, welche, wenn man sie gelesen hat, ist man satt. 9
    Das Relativpronomen «welche» verbindet hier zwei scheinbar voneinander unabhängige Sätze, da das Subjekt des Relativsatzes ein anderes ist als das durch das Relativpronomen angezeigte Beziehungswort. Solche Konstruktionen ergeben im Deutschen einen Anakoluth. Im Arabischen sind sie die Regel. So heißt es beispielsweise in der Geschichte vom Königssohn und den sieben Wesiren wörtlich:
    … dass es einmal einen Wäschewalker gab, welcher, immer wenn er zum Fluss ging, ging sein Sohn mit ihm.
    An der zitierten Stelle könnte man sich mit dem Passiv behelfen:
    … dass es einmal einen Wäschewalker gab, der immer, wenn er zum Fluss ging, von seinem Sohn begleitet wurde.
    Die in dieser Übersetzung gewählte Lösung ist eine andere, nämlich die Aufspaltung in zwei voneinander unabhängige Hauptsätze, wobei allerdings das Relativpronomen verloren geht:
    … dass es einmal einen Wäschewalker gab. Immer wenn er zum Fluss ging, kam sein Sohn mit ihm.
    Die häufigen und kunstvollen relativischen Verschränkungen des Arabischen ohne größere Sinneinbußen zu übertragen ist eine heikle Aufgabe. Doch das Arabische hält noch viele andere syntaktische und semantische Fallstricke parat: die doppelte Verneinung zur Bestärkung einer Aussage, den Dual bei paarweise auftretenden Körperteilen, von denen ohnehin klar ist, dass es zwei sind – schreibt man dann «Beine» oder «zwei Beine» oder «die beiden Beine»? –, Wörter, die gleichzeitig ihr eigenes Gegenteil bedeuten, den bestimmten Artikel al- , der manchmal geradezu Unbestimmtheit bedeutet, Singularformen, die als Plural zu übersetzen sind, und viele andere typisch arabische Problemfälle, deren Aufzählung hier zu lange dauern würde. Nur wenige besonders große und für die Übersetzung besonders relevante Bereiche werden im Folgenden ausführlicher besprochen.
    Satzzeichen und Fragesätze
    Das Arabische kennt keine Satzzeichen. Erst in der modernen arabischen Literatur sind einige, aber durchaus nicht alle Satzzeichen aus den westlichen Literaturen entlehnt worden. Die klassische arabische Literatur kommt ohne Punkt und Komma, ohne Frage- und Ausrufezeichen, ohne Gedankenstrich und Doppelpunkt und ohne Anführungszeichen aus. Stattdessen strukturieren Signalwörter und Konjunktionen die Texte. So wird zum Beispiel der Sprecherwechsel im Dialog mit dem Wort qāla , der Wechsel des Protagonisten in der Handlung durch die Konjunktion fa- eingeleitet. Als neutrale Satzeinleitung wird in der Regel die Konjunktion wa - gesetzt. Die Konjunktionen wa- oder fa- jedes Mal als «und» oder «darauf» zu übersetzen, wie es im Wörterbuch steht, wäre jedoch zu viel des Guten. Denn wir bedienen uns ja, um dasselbe auszudrücken, der Satzzeichen: Wir setzen einen Punkt oder ein Komma ans Ende des vorhergehenden Satzes, und schon ist klar, dass nun ein neuer Gedanke, eine neue Sinneinheit beginnt.
    InErmangelungvonFragezeichensetztdasArabischeofteineeinleitendeFragepartikel( hal oder a- )andenAnfangeinerEntscheidungsfrage,alsoeinesFragesatzes,dermit«Ja»oder«Nein»beantwortetwerdenmuss.DieseFragepartikelwirdimDeutschenschlichtundeinfachdurchdasFragezeichenwiedergegeben.
    a-t a ʿ lamūna fī d-dunyā man huwa a ǧ malu minnī
    Kennt ihr irgendjemanden auf der Welt, der schöner ist als ich?
    Schwieriger wird es allerdings bei Sätzen, die diese Fragepartikel nicht enthalten. Dies ist in Hundertundeine Nacht relativ oft der Fall. Da die Wortstellung ansonsten dieselbe ist wie im Aussagesatz, kann nicht eindeutig entschieden werden, ob es sich um einen Fragesatz handelt. Hier muss der Kontext entscheiden.
    anta min ri ǧ ālihī
    Du gehörst zu seinen Leuten oder Gehörst du zu seinen Leuten?
    Auch bei Ergänzungsfragen, also Fragesätzen mit Fragewort (wer, wie, was, wo usw.), gibt es Probleme. Denn

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