101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)
wohnt: Lass mich eines deiner Lieder hören!»
Und er erhob seine Stimme zu den folgenden Versen:
[ Kâmil ]
«Gott weiß es, und die Sterne sehen als Zeugen zu,
Dass ich schlaflos liege aus Liebe zu dir und ohne Ruh.
Ach du, an deren Schönheit sich der Mond erfreut
Und der Große und der Kleine Bär und der Farkadu:
Sollte je ein Mensch ein Geschöpf verehren, so glaube mir:
Ich wär’ der erste Mensch, und die Angebetete wärst du!»
An dieser Stelle unterbrach das Morgengrauen Schahrasad , und sie verstummte. Der König erhob sich, entzückt von ihrer spannenden Geschichte, verschloss die Tür, versiegelte sie mit seinem Siegel und begab sich in seine Regierungsgemächer.
Die siebenunddreißigste Nacht
Er spricht:
Und in der folgenden Nacht kam der König, brach das Siegel auf und schlief mit dem Mädchen bis zu der bewussten Zeit.
Da rief ihre Schwester Danisad ihr zu: ~ Ach, meine Schwester! Ach, Schahrasad, erzähle doch unserem Herrn, dem König, deine schönen Geschichten!
~ Einverstanden, mein Gebieter, erwiderte sie. ~ Und so geht die Geschichte weiter:
Das Mädchen befahl ihm nun, sich bis zum nächsten Morgen zu entfernen.
Und so begab sich Suleiman zum Zelt von Scheich Bâsit al-Liwâ. «Hör zu, was ich heute mit der Herrin erlebt habe», fing er an zu erzählen. «Es war so-undso, und sie hat mich sehr ehrerbietig behandelt und war gut und großzügig zu mir.»
Dann legte sich der König schlafen. Kaum dass Gott den nächsten, schönsten Morgen dämmern ließ, ging er zu seiner Truppe, legte seine Rüstung an, verschleierte sein Gesicht, stieg auf sein Pferd und ritt hinaus auf den Kampfplatz. Eine kleine Weile verging.
Da öffnete sich das Schlosstor, und das Mädchen kam auf einem edlen Ross herausgeprescht. Sie hatte drei verschiedenfarbige Turbane um ihren Kopf geschlungen, um ihren Leib einen Gürtel aus dem Leder eines Lindwurms, und in der Hand hielt sie eine Lanze aus Buchenholz. So ritt sie in die Mitte des Platzes und rief: «W o ist Suleiman Ibn Abdalmalik Ibn Marwân? Wo ist der, der für sich selber einsteht?»
Noch bevor sie zu Ende gesprochen hatte, sprengte Suleiman zu ihr heraus. Er stieß einen Kampfschrei gegen sie aus, und die beiden kämpften eine ganze Stunde lang miteinander.
Endlich gelang es Suleiman, seinen Steigbügel mit dem des Mädchens zu verschränken, mit seiner Hand ihren Arm zu fassen und sie aus dem Sattel zu ziehen. So ritt er mit ihr durch die Schlachtreihen. Wieder wollten die berittenen Soldaten ihres Vaters eingreifen, doch Suleiman hob das Mädchen schnell zurück in ihren Sattel.
Auf einmal ertönte ein markerschütternder Schrei , sodass alle glaubten, die Welt sei untergegangen oder die Berge hätten sich zu Boden geneigt. Eine Zunge erschien wie die Zunge eines Krokodils, bereit, Menschen zu verschlingen. Und ein Ritter stürzte sich auf das Mädchen, riss sie aus dem Sattel und verschwand mit ihr in der Wüste. Als die Menschen das sahen, begannen sie zu schreien und zu kreischen.
Suleiman heftete sich an die Spur des Ritters und jagte ihm hinterher, bis er ihn eingeholt hatte.
Der Ritter aber wandte sich um, hob seinen Kopf in Suleimans Richtung und nahm den Schleier ab. Und wer war es? Sein Vater, der Kalif Abdalmalik Ibn Marwân! Als Suleiman ihn sah , freute er sich und begrüßte ihn. Dann machte er sich gemeinsam mit seinem Vater auf den Rückweg. Sie ritten bis nahe an die Truppen heran. Dort gab er dem Mädchen ein Pferd und schickte sie zum Schloss ihres Vaters.
Zur selben Zeit trafen die Truppen des Kalifen Abdalmalik Ibn Marwân ein und überzogen das Land in seiner Weite und Breite.
Da schickte das Mädchen nach ihrem Vater. «Mein lieber Vater», fing sie an, nachdem er sich bei ihr eingestellt hatte, «willst du gegen wogende Meere kämpfen?»
«W ie denkst du denn darüber?», fragte er zurück.
«Ich denke», sagte sie, «dass du zu seinem Vater schicken und ihm anbieten solltest, mich seinem Sohn Suleiman zur Frau zu geben. Denn er ist ein mächtiger König und tapferer Ritter!»
«W illst du das wirklich?», wollte er wissen.
«Ja, ich will», war ihre Antwort. «Du weißt doch, dass ich es bisher immer abgelehnt habe, zu heiraten, es sei denn, jemand würde mich im Zweikampf bezwingen. Jetzt hat mich Suleiman bezwungen.»
«T u, was du für richtig hältst», erwiderte ihr Vater, und sie legte sich schlafen.
Als Gott den nächsten , schönsten Morgen dämmern ließ, nahm sie vom König einige Geschenke
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