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1011 - Laurins Totenwelt

1011 - Laurins Totenwelt

Titel: 1011 - Laurins Totenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Die andere Hand ebenfalls?«
    »Ja, auch sie.«
    »Dann bist du jetzt…?«
    Sie schrie mich an, so daß ich das letzte Wort nicht mehr aussprechen konnte. Ich ließ sie los, und sie trampelte mit beiden Füßen. Es war eben ihre Art, auf die Niederlage und auf die Wut und auf die Trauer hinzuweisen.
    Ich mußte warten, bis dieser Anfall vorbei war. Erst dann würde ich wieder mit ihr reden können. Deshalb kümmerte ich mich um die Umgebung, und da war vor allen Dingen die Wand von einem großen Interesse für mich.
    Ich brauchte nur ein paar Schritte zu gehen, um sie zu erreichen.
    Dicht davor blieb ich stehen. Dann berührte ich sie und spürte unter meiner Handfläche ihren zähen Widerstand. Das war kein normaler Fels, sondern ein anderes Material. Es schien Ähnlichkeit mit dem zu haben, das ich bereits von diesem toten Zwerg her kannte.
    Begann hinter der Wand tatsächlich Laurins Totenwelt? Lauerten dort seine Diener, um irgendwann einmal wieder in den berühmten Steingarten des Zwergenkönigs zu gelangen?
    Ich ging einfach davon aus, denn das Gegenteil hatte ich nicht beweisen können.
    Natürlich reizte es mich, die Totenwelt zu betreten. Dazu würde ich sicher einen gewissen Schlüssel benötigen, und den besaß ich leider nicht.
    Vielleicht schaffte es mein Kreuz. Auf der anderen Seite hatte ich auch nicht vor, diese Welt zu zerstören, und mein Talisman war nun mal eine mächtige Waffe.
    Ein leises Schluchzen riß mich aus meinen Überlegungen. Ich drehte mich wieder um und stellte fest, daß Jessica mit sich selbst zu kämpfen hatte. Wie ein Häufchen Elend hockte sie auf dem Boden.
    Sie hatte voll und ganz auf ihre Vergangenheit und auf ihre Herkunft gesetzt, was letztendlich nicht falsch gewesen war, auch wenn sie der Weg bis an den Mund der Wahrheit geführt hatte. Sie hatte sich auf ihren Mentor verlassen können. Nun mußte sie sich eine Niederlage eingestehen, und das würde ihr schwer genug fallen. Möglicherweise zerbrach sie auch daran.
    Ich wußte nicht, was mit ihr geschehen würde. Es war alles kompliziert geworden. Wenn sie weiterlebte, dann ohne Hände. Oder sie fand einen Chirurgen, der ihr künstliche Hände annähte.
    Vielleicht hatte sie sich schon Gedanken über alles gemacht und würde es mir sagen.
    Neben ihr stellte ich mich hin. Ich wartete noch darauf, daß sie mich ansprach. Es geschah leider nicht. So richtete ich das Wort an sie. »Jessica?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sie müssen jetzt stark sein und akzeptieren, daß die Zeit der Rache vorbei ist. Drei Menschen sind durch dich oder deine Hände gestorben. Drei zuviel.«
    »Sie haben es verdient gehabt! Sie sollten nicht durch diesen verdammten Fluch noch gewinnen.«
    »Ja, ich weiß, aber ich kann es nicht akzeptieren. Ich würde vorschlagen, daß wir beide jetzt diese Höhle verlassen. Es wird besser für dich sein, Jessica.«
    »Nein!«
    Die Antwort war sofort erfolgt, und ihre Stimme hatte dermaßen hart geklungen, daß ich mich erschreckte.
    »Moment mal. Du hast nein gesagt. Heißt das, daß du tatsächlich hier bleiben willst?«
    »Hier ist meine Heimat. Hier ist Laurins Welt, und ich liebe sie mehr als die andere. Hier gibt es nicht diese schrecklichen Menschen, die mich jagen und…«
    »Aber das ist nicht möglich, Jessica. Du wirst hier verhungern. Niemand wird dir Nahrung geben und…«
    Wieder konnte ich mich nur wundern, als ich sah, wie rasch sie plötzlich aufstand, obwohl sie keine Hände hatte.
    Auf einmal stand sie vor mich. Sehr dicht sogar, und sie schaute mir fest in die Augen. »Ich habe mich entschieden. Das hier ist auch meine Welt geworden. Ich habe lange nach König Laurin gesucht, und ich habe ihn gefunden.«
    »Nein, das ist nicht wahr. Du hast nur seine Totenwelt entdeckt. Willst du dort bleiben?«
    »Geh jetzt!«
    »Warum?«
    »Geh!« schrie sie mich an, ging vor, drehte sich dabei und rammte mich mit ihrer Schulter, damit sie freie Bahn hatte, denn ich hatte ihr den Weg zur Grenze hin versperrt.
    Jetzt war er frei.
    Aber Jessica ging noch nicht. Sie starrte nur gegen die blaue Wand. Sie konzentrierte sich auf ihre Welt, und sie tat es auf eine besondere Art und Weise. Ihre Lippen bewegten sich, so ging ich davon aus, daß sie einen direkten Kontakt mit Laurins Totenwelt aufnahm und möglicherweise ihr Kommen ankündigte.
    Eine innere Stimme riet mir, die Frau in Ruhe zu lassen, und so wartete ich ab, was passierte.
    Mit Jessica Malfi nichts, aber in der Wand entstanden Bewegungen. Noch

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