1012 - Der programmierte Mann
hatte er völlig vergessen, was ihm vorher widerfahren war. Als er jedoch allein war, und sich daran erinnerte, daß er nach Hause gehen wollte, fiel ihm wieder ein, daß er offenbar für einige Stunden das Gedächtnis verloren hatte. Er beschloß, sich in seiner Wohnung an den Medoteil seines Hauscomputers anzuschließen, um einen Allgemeintest durchführen zu lassen.
*
„Was ist mit dir?" fragte Amby, als Bruke Tosen am nächsten Tag das Raumhafengebäude betrat. Sie hatte an einem Zeitschriftenkiosk auf ihn gewartet, weil sie vergeblich versucht hatte, ihn über Video in seiner Wohnung zu erreichen.
„Was soll mit mir sein?" entgegnete „er mürrisch. Sie war ihm lästig, und ihre ängstlich forschenden Blicke gingen ihm auf die Nerven.
„Bist du krank?" Sie griff nach seinem Arm, um ihm den Puls zu fühlen. „Du solltest zu einem Arzt gehen."
„Ich habe mich durchtesten lassen. Es ist alles in Ordnung. Und jetzt laß mich in Ruhe.
Ich habe zu tun. In fünf Minuten beginnt mein Dienst."
Ein Schatten fiel auf ihr Gesicht.
„Ich habe heute Geburtstag", eröffnete sie ihm, „und ich wollte dich eigentlich fragen, ob du ...?"
„Tut mit leid. Ich habe keine Zeit." Ihm wurde bewußt, wie schroff er auf ihre freundlich gemeinte Einladung geantwortet hatte, und es tat ihm leid, daß er so abweisend gewesen war. Er wollte etwas wiedergutmachen, aber es war schon zu spät. Amby senkte den Kopf, um vor ihm zu verbergen, was sie empfand, nickte flüchtig und eilte davon.
„Verdammt", murmelte er und blickte ihr nach. Am liebsten hätte er sie zurückgerufen oder wäre ihr nachgelaufen, doch ein Blick auf sein Chronometer erinnerte ihn daran, daß er nur noch wenige Minuten bis zu seinem Dienstantritt hatte, und er war noch nie zu spät gekommen. Er konnte sich gar nicht vorstellen, daß er bei Dienstbeginn nicht anwesend sein würde.
Als er sein Büro betrat, kam ihm Primas entgegen. Der Halkone richtete sich freudig fiepend auf, und er nahm ihn auf die Arme, um ein paar freundliche Worte mit ihm zu wechseln.
„Du bist netter zu Primas als zu Amby", sagte jemand mit tiefer Stimme hinter ihm.
Überrascht drehte er sich um.
Goron, der Arkonide, stand neben einem Schrank, wo er ihn nicht sofort hatte sehen können. Vorwurfsvoll blickte er ihn an.
„Was geht das dich an?"
„Nicht viel", gab der Arkonide zu. „Es tut mir jedoch weh, wenn ich mitansehen muß, wie einer meiner Freunde sich wie ein Narr benimmt."
„Tue ich das?" Tosen war so kühl und abweisend wie noch nie zuvor zu Goron.
„Allerdings, Bruke. Bist du denn blind? Amby liebt dich. Sie würde alles für dich tun, aber du siehst sie noch nicht einmal. Statt dessen scharwenzelst du mit Sintha-Lee herum und merkst dabei noch nicht einmal, daß sie sich über dich lustig macht. Dieses Weib ist eiskalt, und sie wickelt dich um den kleinen Finger."
„Was weißt du von Sintha-Lee?" fragte er ärgerlich. Er fühlte sich in die Defensive gedrängt.
„Ich weiß, daß sie Xingar hörig ist."
„Das ist nicht wahr. Du lügst."
Goron lächelte traurig.
„Ich will dich nur warnen, mein Sohn. Glaube nicht, was sie sagt, oder du läufst in eine Falle, in der du umkommst. Ich muß immer wieder daran denken, was du vor einigen Tagen zu mir gesagt hast. Springer lassen sich ihr Handelsmonopol nicht so ohne weiteres streitig machen. Springer sind Kämpfer, und sie sind geduldig. Sie können warten. Jahrzehntelang. Aber irgendwann eines Tages schlagen sie zu und holen sich wieder, was sie verloren haben. Und dazu ist ihnen jedes Mittel recht."
„Ich verbiete dir, solche Andeutungen zu machen", sagte Tosen mit schneidend scharfer Stimme. „Sintha-Lee ist kein Kampfmittel des Patriarchen, falls du so etwas andeuten wolltest. Sie ist meine zukünftige Frau, und ich verbiete dir jedes weitere Wort über sie.
Und jetzt raus."
Goron zuckte mit den Schultern, drehte sich mit unbewegtem Gesicht um und verließ das Büro. Bruke Tosen ging zum Fenster und blickte hinaus. Die XIN-I war noch da. Sie wurde entladen.
Der Importkontrolleur setzte sich an das Videogerät und rief die im Hauptcomputer gespeicherten Einfuhrdaten der XIN-I ab.
Er nahm den Dialog mit dem Computer auf und arbeitete etwa zwanzig Minuten lang mit ihm. Dann stand für ihn fest, daß die Daten manipuliert worden waren. Die Ladung der XIN-I war freigegeben worden, obwohl mit großer Wahrscheinlichkeit einige Dinge darunter waren, die auf der Verbotsliste standen.
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