1012 - Der programmierte Mann
sein."
Sie deutete auf einen Mann, der mit einem pelzigen Wesen auf der Schulter durch die Menge zwischen den Häusern ging. Bruke Tosen streichelte den Kopf des schwarzweiß gefleckten Wesens, das Gruude Varn an einen terranischen Ameisenbären erinnerte, und er schien sich mit ihm zu unterhalten.
„Was ist das für ein Tier, das er da hat?" fragte er.
„Das ist Primas, ein Halkone", antwortete sie bereitwillig und sichtlich froh, das Thema von sich ablenken zu können. „Die Haikonen leben in Rudeln in vulkanischen Talkesseln auf dem südlichen Kontinent von Jarvith-Jarv. Primas war ein Rudelführer. Tosen hat ihn aus einem Schwemmaschekessel gerettet, in den er gestürzt war. Seitdem sind die beiden dicke Freunde. Soweit ich weiß, ist Bruke der einzige auf Jarvith-Jarv, dem es gelungen ist, sich mit einem Haikonen anzufreunden."
„Und was hat er davon?" fragte Vern geringschätzig. Die Art, wie er diese Frage stellte, brachte Amby sofort gegen ihn auf. Sie glaubte, Bruke Tosen verteidigen zu müssen.
„In den Talkesseln, in denen die Haikonen leben, wachsen unter Schwemmasche winzige Blähpilze, die von den Haikonen mit unglaublichem Instinkt erschnüffelt werden.
Und eben diese Schnüffelnase hat Bruke sich zunutze gemacht. So, wie Primas Blähpilze findet, entdeckt er auf den Raumschiffen, die Bruke kontrollieren muß, alles, was nicht astrein ist. Bruke fragt sich manchmal sogar, ob die Fähigkeiten des Tieres noch organisch erklärbar sind, so phantastisch sind sie."
„Dann ist es also aussichtslos, bei Bruke Tosen schmuggeln zu wollen, wie?"
„Völlig", behauptete sie stolz, so als sei Bruke Tosens Leistung auch ihre eigene.
Sie verschwieg, daß Primas auch Nachteile hatte.
Gruude Vern beobachtete den Importkontrolleur, bis dieser wieder in der Menge verschwand. Er war froh, daß Tosen das Mädchen nicht bemerkt hatte.
Zugleich fragte er sich, ob Bruke Tosen, der Arkonide Goron oder vielleicht gar Amby etwas mit dem Anschlag auf ihn zu tun hatten.
War Bruke Tosen so eifersüchtig, daß er soweit gehen würde, um einen vermeintlichen Nebenbuhler loszuwerden?
Fühlte der Arkonide Goron sich in einem solchen Maß beleidigt, daß er glaubte, sich nur mit einem Mordanschlag rächen zu können?
Oder hatte Amby mit dem Anschlag zu tun? Glaubte sie, den alten Arkoniden verteidigen zu müssen?
Das können wir wohl ausschließen, dachte Gruude Vern. Amby scheidet aus. Bleibt die Frage, ob Xingar, der Springer, etwas damit zu tun hatte.
Doch zu ihm schien es keine Verbindung zu geben.
Auf der Dachterrasse eines Restaurants entdeckte er einige der Touristen, die mit ihm nach Jarvith-Jarv gekommen waren. Waren sie es, die ihn beobachteten?
4.
Das feine Sirren des Haikonen schreckte Bruke Tosen auf. Er öffnete die Augen, und es schien, als werde plötzlich ein schwarzer Vorhang vor ihm zerrissen.
Eben wähnte er sich noch in seiner Wohnung am Rande der Stadt. Jetzt sah er sich mitten in einem Restaurant wieder. Vor ihm stand ein Teller mit einem exotischen Gericht, das aus Fleisch, einer kartoffelähnlichen Bodenfrucht und viel Würzgemüse bestand.
Primas lag auf einem Stuhl neben ihm und musterte ihn mit rätselhaften Blicken. Das Tier hielt sich die Nase mit beiden Pfoten zu. Offenbar waren die Gerüche, die von den Gewürzen ausgingen, unerträglich für ihn.
Doch Bruke Tosen achtete nicht auf ihn.
Verwirrt fragte er sich, wo er war, und wie er hier herkam. Er glaubte, sich klar und deutlich daran zu erinnern, daß er vor Sekundenbruchteilen noch in seiner Wohnung gewesen war und unter der Dusche gestanden hatte. Er meinte sogar, das Wasser noch auf seiner Haut spüren zu können.
Doch er war nicht nackt. Er war korrekt gekleidet. Störend war lediglich, daß sein Hemd unter den Armen durchgeschwitzt war.
Ein dunkelhäutiger Mann trat auf ihn zu, blickte ihn erwartungsvoll an und sagte: „Es gibt nur eine Möglichkeit. Er hatte zwei Hosen an."
Danach lachte er schallend auf.
Bruke Tosen wußte nicht, wovon er sprach. Das Lachen erstarb, und der Dunkelhäutige schüttelte enttäuscht den Kopf.
„Nicht?" fragte er. „Was dann?"
Bruke Tosen war so verwirrt, daß er einige Zeit brauchte, bis er begriff, daß er dem anderen offenbar eine Scherzfrage gestellt hatte, die dieser nun zu beantworten suchte.
Er zwang sich zu einem Lächeln.
„Ich werde es dir später beantworten", versprach er, legte die Hand gegen den Bauch und stöhnte: „Mir geht's nicht gut. Ich fürchte,
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