1012 - Schick sie in die Hölle, Marek!
Antwort erhielt er nicht. Er wollte sie auch nicht. Sein nächstes Ziel war das Kloster. Er wußte, daß er sich nicht von seinen Gefühlen leiten lassen durfte. Wenn er herausfinden wollte, mußte er behutsam zu Werke gehen und mit ausgesuchten Worten auf das Thema zu sprechen kommen.
Marek dachte auch darüber nach, ob er sich auf John Sinclair berufen sollte.
Das wäre nicht schlecht, denn sein Name hatte in St. Patrick einen guten Klang. Auch hatte er vor, sich hilfloser zu geben, als er es tatsächlich war. Er konnte sich als Tourist ausgeben, der von seinem Freund John den Tip bekommen hatte, St. Patrick einen Besuch abzustatten.
Abwarten und Tee trinken, dachte Frantisek. Ihm wurde wohler ums Herz, als er das Schaben des Schilfs an den Seiten des Boots hörte. Das sichere Ufer war nah.
Ungefähr dort, wo das Boot gelegen hatte, stieg er auch wieder aus. Die feuchten Füße störten ihn nicht, und es gab auch keinen anderen Menschen, der hätte auf ihn aufmerksam werden können. Das Gebiet um das Moor herum lag in einer tiefen Ruhe, als hätte sich die Natur schlafen gelegt.
Der Wagen wartete auf ihn. Marek stieg ein und blieb zunächst noch hinter dem Lenkrad sitzen. Er schüttelte den Kopf, denn erst jetzt kam ihm zu Bewußtsein, was er in der letzten Stunde hinter sich gebracht hatte.
Noch einmal huschten die Bilder vor seinem geistigen Auge entlang, und er kam sich so vor, als hätte er einen Traum erlebt. Ein anderer Mensch wäre möglicherweise durchgedreht, nicht aber Marek.
Er war nach dieser Aktion richtig warm gelaufen.
Nach einem letzten Blick über das Moor, klemmte er den Zündschlüssel zwischen die Finger, drehte ihn und startete. Da er am unbefestigten Straßenrand stand, drehten die Reifen erst kurz durch, ehe sie packten.
Der Weg zum Kloster war frei. Marek war gespannt darauf, was ihn dort erwartete…
***
Bruder Basil lächelte verschwörerisch, als er die Tür öffnete und Marek in die Küche ließ. »Ich denke, daß du Hunger haben wirst, mein Freund. Hier ist das Paradies für Hungrige.«
»Stimmt«, sagte Marek.
»Dann werden wir essen.«
Die Küche des Klosters war groß. Rote Fliesen bedeckten den Boden. Zwei Herde hatten ebenfalls ihre Plätze gefunden, und ein großes Spülbecken war auch vorhanden. An den Wänden hingen die Geräte wie Töpfe, Pfannen, Terrinen und Schalen. Auf zwei dicken Holztischen konnte das Essen zubereitet werden. Unter der Decke hingen halbrunde Lampen, und die Küche selbst erinnerte den Pfähler an ein Gewölbe. Er und Bruder Basil waren nicht allein.
Zwei andere Mönche kümmerten sich um die Zubereitung des Essens. Mit scharfen Messern zerhackten sie die Möhren in Würfel.
»Sie bereiten schon das Abendessen vor«, sagte Bruder Basil und kicherte leise. »Da kannst du dich schon auf ein köstliches Mahl freuen. Es wird einen exzellenten Eintopf geben, das kann ich dir versprechen.«
Bruder Basil blieb vor Marek stehen. Er hatte ein rundes Gesicht und einen weißgrauen Vollbart. Hinter den Gläsern der Nickelbrille funkelten seine Augen. »Leider können wir deinen Wagen nicht reparieren. Da muß jemand kommen und ihn sich anschauen.«
»Ja, ich weiß.«
»Aber man schläft hier gut. Der Motor deines Autos schien gewußt zu haben, daß er erst hier vor dem Kloster versagte.«
»Das denke ich auch.«
Marek lächelte und nahm auf dem Stuhl Platz, der ihm von Bruder Basil zugewiesen worden war. »Ich hole noch etwas«, sagte der Mönch. Er zwinkerte Frantisek zu, bevor er im Hintergrund verschwand und dort eine Tür öffnete.
Der Pfähler blieb am Tisch sitzen und atmete zunächst tief durch.
Er war froh darüber, so gut aufgenommen worden zu sein, und man hatte ihm die Geschichte auch abgekauft. Außerdem hatte der Name John Sinclair hier oben in St. Patrick wie ein Sesam, öffne dich! gewirkt. Man kannte den Geisterjäger. Seine Freunde waren hier immer willkommen.
Nur von seiner Begegnung mit dem Blutsauger hatte Marek nichts erwähnt. Das behielt er lieber für sich. Wenn er darauf zu sprechen kam, dann auf seine Art und Weise. Den Leihwagen jedenfalls hatte er im Klosterhof abgestellt und hoffte, daß sich keiner der Mönche mit einer Reparatur versuchte.
Bruder Basil war ihm gewissermaßen als Tutor zugeteilt worden.
Er sollte sich um das leibliche Wohl des Gastes kümmern, er würde ihm auch die Zelle zeigen, in der Marek übernachten konnte, aber zunächst kehrte Basil mit einer Flasche Schnaps zurück. Auf seinem Gesicht
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