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1015 - Henkeraugen

1015 - Henkeraugen

Titel: 1015 - Henkeraugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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flüsternd geführten Gespräche der beiden Frauen, daß mir der Löffel etwas abrutschte und ein Tropfen Suppe von der Lippe herab bis zum Kinn lief.
    Mit der Serviette wollte ich ihn abtupfen.
    Plötzlich war es da!
    Es oder er – so genau konnte ich es nicht definieren, aber etwas Kaltes, ähnlich wie der Hauch aus einer Tiefkühltruhe hatte mich am Nacken gestreift.
    Die Serviette fiel auf meinen Schoß. Ich blieb steif sitzen. Durchzug gab es hier nicht. Die Klima-Anlage arbeitete super. Dennoch war mir kalt geworden.
    Meine steife Haltung fiel auf. Sarah und Glenda drehten mir ihre Gesichter zu. Sie wollten auch Fragen stellen, da sahen sie, wie ich zusammenschrak.
    Das bestimmt nicht grundlos, denn mein Kreuz hatte sich mit einem kurzen, beinahe schon schmerzhaften Brennen gemeldet und sorgte bei mir für einen schnellen Kommentar. »Er ist hier…«
    ***
    In den folgenden Sekunden schlief das Gespräch an unserem Tisch ein. Dieser eine Satz hatte ausgereicht, um Sarah und Glenda starr werden zu lassen. Sie schauten mich an, sie nickten mir zu, blieben aber weiterhin wie erstarrt auf ihren Stühlen sitzen.
    Lady Sarah faßte sich als erste. »Meinst du ihn?«
    »Wen sonst?«
    Verstohlen schaute sich die Horror-Oma um, ebenso wie Glenda und ich, aber innerhalb des Restaurants hatte sich nichts verändert.
    Es war kein neuer Gast gekommen. Erst recht keiner, der aussah wie ein Henker.
    »Was ist denn passiert, John?«
    Ich wich Glendas Blick nicht aus. »Zuerst war es der eisige Hauch, der mich streifte, dann spürte ich das Brennen auf der Brust. Und zwar dort, wo sich mein Kreuz befindet. Die Warnung hat mich letztendlich überzeugt.«
    Er war da. Er hatte sich hineingeschlichen, aber wir waren nicht in der Lage, ihn zu sehen. Der Henker mußte eine Gestalt sein, die sich in der unsichtbaren Ebene aufhalten konnte, ein Geist zwischen den Welten.
    Mit Henkern hatte ich meine Erfahrungen sammeln können. Aber sie waren nie gleich gewesen. Es hatte immer wieder Variationen gegeben, und damit rechnete ich auch jetzt. Vor allen Dingen wartete ich wieder auf den zweiten kühlen Hauch, der vielleicht über meinen Hals und auch am Gesicht entlangkroch, aber ich wartete vergebens.
    Glenda und Sarah hatten sich um die anderen Gäste gekümmert.
    Sie wollten herausfinden, ob es bei ihnen ähnliche Reaktionen gab, aber es ging weiter.
    Man saß zusammen. Man aß, man trank, man unterhielt sich in verschiedenen Lautstärken, und eigentlich war nur mir die noch unsichtbare Gefahr aufgefallen.
    Sarah Goldwyn hob die Schultern. »Nichts, John, wenn ich ehrlich sein soll. Gar nichts…«
    »Leider.«
    »Willst du ihn denn hier im Raum haben? Ich weiß nicht, ob das gut ist.«
    »Ich möchte ihn auch nicht unbedingt hinter mir wissen«, erklärte ich ihr. »Stell dir vor, plötzlich erscheint ein Schwert oder ein Beil und hackt mir den Kopf ab.«
    »Er hat ein Beil genommen«, erklärte Sarah.
    »Egal, was, aber…«
    »Tssstt!« Glenda hatte den Laut durch die Zähne gezischt, ansonsten aber nichts mehr gesagt. Statt dessen deutete sie in die Höhe.
    Der Zeigefinger zeigte schräg gegen die Decke, und es war genau der Ort über dem Tisch der Chestertons.
    »Seht ihr den Schatten?«
    Ich sah ihn. Sarah Goldwyn hatte etwas Probleme mit ihren Augen. »Nein, aber…«
    »Er ist grau, er ist auch nur zu erkennen, weil die Stuckdecke weiß ist«, flüsterte Glenda. »Ich schätze, daß John recht gehabt hat. Er ist hier.«
    »Dann müssen wir die Chestertons warnen!« wisperte Sarah.
    »Vor wem denn? Vor einem Schatten?«
    »Sie werden schon Bescheid wissen.«
    »Jetzt ist er weg!« meldete Glenda, die die Decke nicht aus den Augen gelassen hatte.
    »Wo hat er sich versteckt?«
    »Das kann ich nicht sagen. Er ist verschwunden. Abgetaucht oder so ähnlich.«
    Uns dreien war der Appetit vergangen. Keiner dachte mehr daran, die Suppentasse zu leeren, denn etwas anderes, Unheimliches hatte von uns Besitz ergriffen.
    Es war einfach das Gefühl, daß etwas passieren würde oder müßte. Es ging kein Weg daran vorbei. Zumindest ich konzentrierte mich auf den einige Schritte entfernt an der Wand stehenden Tisch mit den vier Personen daran.
    Die Chestertons waren ebenso ahnungslos wie ihre Geschäftsfreunde. Weder Julia noch Casper warfen einen Blick zur Decke. Beinahe schon zu ruhig aßen sie weiter.
    Wir suchten den Schatten. Daß wir dabei nicht bewegungslos blieben, lag auf der Hand. So wunderte sich der Ober über unsere Unruhe, als er

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