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1016 - Der Narr aus Venedig

1016 - Der Narr aus Venedig

Titel: 1016 - Der Narr aus Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht so richtig. Ich habe mal hineingeschaut, mich aber sehr schnell wieder zurückgezogen.«
    »Warum?«
    Sie hob die Schultern. »Wissen Sie, John, ich bin eigentlich kein Mensch, der sich stark fürchtet. Aber diese leere Wohnung hat mir Furcht eingejagt.«
    »Ohne Grund?«
    »Ja. Nur vom Gefühl her, glaube ich.«
    »Gut«, sagte ich, »schauen wir uns zuerst mal Ihre Wohnung an, Angela.«
    Sie zögerte noch. »Soll das heißen, daß Sie sich auch in der zweiten Etage umsehen wollen?«
    »Das hatte ich vor.«
    »Aber sie ist…«
    »Warten wir bitte ab, ob sie wirklich leer ist. Vielleicht kann man etwas Interessantes dort finden, und abgeschlossen scheint sie ja auch nicht zu sein.«
    »Das stimmt.«
    Sekunden später betraten wir Angela Morinellis Wohnung, und mir fiel sofort der Blutgeruch auf.
    Auch Bill rümpfte die Nase, gab aber keinen Kommentar ab.
    Wir standen in einem Flur, der einige persönliche Dinge enthielt. An der Garderobe neben dem Spiegel sah ich einen langen Mantel und zwei Strickjacken. Ein Bild hing an der Wand. Es zeigte ein Motiv der Stadt Venedig.
    Da Angela meinen interessierten Blick auf das Bild bemerkt hatte, sagte sie: »Ich liebe Venedig. Sie ist wirklich die Stadt meiner Träume, John.«
    »Waren Sie schon dort?«
    »Einige Male.«
    »Ich auch. Sie ist wirklich schön. Beinahe wie eine Opernkulisse, meine ich.« Ich wollte noch etwas hinzufügen, weil mir ein Gedanke gekommen war, aber er war ebenso rasch wieder weg, wie er sich in mir festgesetzt hatte.
    Angela war auf die Tür ihres Arbeitszimmers zugegangen und stieß sie jetzt auf. Das Licht brauchten wir nicht einzuschalten, es fiel genügend Helligkeit durch die Fenster.
    Ja, das Blut war noch da, ebenso wie der Geruch. Angela Morinelli hatte sich bemüht, es wegzuwischen, aber in ihrer Panik hatte sie nicht viel geschafft und es mehr verteilt, so daß sich überall hellrote Schlieren abzeichneten. Auf dem Boden ebenso wie auf dem Schreibtisch und dem Computer.
    Angela hatte Mühe, ein Weinen zu unterdrücken. »Auf dem Monitor haben die beiden Katzenköpfe gelegen«, flüsterte sie. »Wie eine schaurige Warnung. Wie hindrapiert. Furchtbar.« Sie schüttelte sich und schloß für einen Moment die Augen.
    Sie und Bill waren an der Tür stehengeblieben, während ich durch das Zimmer ging. Ich bemühte mich dabei, die roten Flecken zu übersteigen und suchte nach irgendwelchen Hinweisen auf den verdammten Killer.
    Es war nichts zu sehen.
    Kein fremder Fußabdruck. Vielleicht gab es Fingerabdrücke, aber sie zu finden, war mir nicht möglich. So etwas mußte ich schon unseren Spezialisten überlassen.
    »Sie können sich nicht vorstellen, wie es in der letzten Nacht hier aussah, John. Es war ein Alptraum, und ich weiß auch, daß er noch nicht vorbei ist.«
    »Sie rechnen also damit, daß er sich wieder meldet?«
    »Ja!«
    »Über Internet?«
    »Sowohl als auch. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten. Aber ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben, verstehen Sie? Ich will es einfach nicht.«
    »Sicher, das kann ich verstehen, Angela. Nur wird er nicht nachgeben. Er wird so lange weitermachen, bis er sie hat. Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß es grundlos geschehen ist. Irgendein Motiv muß er schon gehabt haben. Ich frage mich nur, wo wir danach suche müssen, Angela.«
    Sie hob die Schultern.
    »Wissen Sie wirklich nichts?« fragte Bill.
    »Nein. Es fällt mir nicht ein, Bill. Es kann einfach keiner meiner Freunde gewesen sein. Wir sind nie im Streit und im Haß auseinandergegangen. Das ist unmöglich.«
    Ich drehte noch einmal meine Runde durch den Raum und mußte zugeben, daß ich ebenfalls ratlos war. Wo sollte ich ansetzen? Angela Morinelli hatte sich die Bedrohung nicht eingebildet. Was ich hier erlebt hatte, inszenierte man nicht selbst. Das eine Zimmer reichte mir nicht. Ich wünschte mir, auch die anderen Räume sehen zu können.
    Die kleine Küche, das spartanisch eingerichtete Wohnzimmer, das Bad - alles war normal. Die Einrichtung zeigte eine gewisse Funktionalität; viel Persönliches entdeckten wir nicht dabei. Das allerdings änderte sich, als uns die Frau ihr Schlafzimmer zeigte. Dort blieben Bill und ich überrascht auf der Schwelle stehen, denn mit einer derartigen Schlafstätte hätten wir nicht gerechnet.
    Die Mitte des Raumes wurde von einem Himmelbett eingenommen. Gedrechselte Pfosten schoben sich an vier Seiten in die Höhe und gaben einem blauen Baldachin aus schwerem Stoff den nötigen Halt.

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