1018 - Die Spur der irren Luna
mit Leib und Seele gehörte.
»Satan… Satan…«
Immer wieder nur dieses eine Wort. Luna geriet in eine wilde Raserei hinein. Ihr Körper mußte sich einfach von allein bewegen, denn mir kam es nicht so vor, als wären ihre Bewegungen durch Befehle des Gehirns gelenkt. Da ging eines in das andere über. Sie war wie von Sinnen und schaffte es sogar, den Körper derartig stark zu dehnen und dabei nach vorn zu kippen, daß sie sich den Kopf am Boden hätte anschlagen können.
Sie sprang hoch. Sie reckte ihre Arme. Das Gesicht zuckte, sie brüllte wieder den Namen ihres Herrn und Meisters, und im nächsten Moment erwischte sie der Ruck wie ein heftiger Tritt.
Diesmal konnte sich Luna nicht mehr halten. Vielleicht wollte sie es auch nicht. Die Kraft schleuderte sie zu Boden, wo sie bäuchlings und auch mit dem Gesicht aufschlug. Sie schrammte über den Boden hinweg und drehte sich danach schnell auf den Rücken, so daß wir ihr Gesicht wieder sehen konnten.
Beim Aufprall hatte sich Luna Limetti die Lippen aufgerissen. Blut war aus ihnen hervorgeströmt und hatte die Umgebung des Mundes zu einer blutigen Blume gemacht.
Mit einem einzigen Ruck wuchtete sie ihren Körper wieder hoch und kam auf die Füße.
Sie spreizte die Beine.
Es kam zu keinem Spagat.
Breitbeinig blieb sie stehen. Die Arme in die Höhe gestemmt, die Hände zu Fäusten geballt. In dieser Pose erinnerte sie an eine wütende Göttin, die sich nur für einen kurzen Moment ausruhen wollte, um anschließend weiterzumachen.
Da irrten wir uns.
Sie tanzte nicht mehr weiter. Jedenfalls nicht mehr so wild. Sie hielt nur den Kopf gesenkt, legte eine kurze Pause ein, um den Kopf dann zu drehen wie einen schnell laufenden Uhrzeiger.
Die langen Haare flogen. Sie wurden zu einem Vorhang, der mal vor das Gesicht schlug und einen Augenblick später wieder über den Kopf hinwegtanzte. Der Kopf beschrieb einen Kreis, als wollte sie abermals die Sonne symbolisieren.
Der Verbrannten hatten sich noch immer nicht bewegt. Sie waren nur Statisten, denn nach wie vor hatte Luna Limetti das Kommando übernommen.
Aus der Drehbewegung hervor richtete sie sich wieder auf - und blieb auch stehen.
Uns hatte sie vergessen. Der Körper war durchgedrückt worden, so daß der Rücken einen nach innen gekehrten Bogen bildete. Noch immer verklebte das Blut die Lippen und die Umgebung des Mundes. Einige Tropfen hatten sich auch an ihrem Hals festgesetzt, was sie überhaupt nicht störte, denn für sie zählte nur die Sonne und auch der Satan.
Sie schrie seinen Namen der Decke entgegen. Es war kein normaler Schrei mehr, sondern schon ein röhrender Ruf. Einer, der in der Tiefe ihrer Kehle geboren wurde und sich nach dem Verlassen des Körpers in einen monströsen Laut verwandelte.
»SATAN!«
Nicht nur ein Schrei. Ein Urschrei! Eine Bitte, ein Wunsch, eine wilde Hoffnung.
Und Satan war da.
Er zeigte sich nicht selbst. Es passierte noch keine Veränderung in unserer Nähe. Aber ich spürte, daß sich etwas näherte, denn mein Kreuz vibrierte nicht mehr. Es ruckte und zuckte, als wäre es von einer anderen Kraft immer wieder angestoßen worden. Auch die Wärme blieb bestehen. Sie hatte sich sogar intensiviert. Meine Haut fühlte sich an, als wollte sie sich zusammenkräuseln.
Suko und ich schauten nach oben. Dort mußte etwas, geschehen, sonst hätte alles keinen Sinn gehabt.
Und es passierte.
Luna Limetti brauchte kein zweites Mal zu rufen, denn ihre Bitte war erhört worden.
Satan schickte seine Sonne!
***
Es war genau der Augenblick, auf den nicht nur Luna und die Verbrannten gewartet hatten, sondern auch wir. Deswegen waren wir hergekommen, obwohl es so gefährlich werden konnte.
An der Decke passierte etwas. Dort schien sich das alte Gestein in einem bestimmten Umfang zu bewegen. Es blieb nicht mehr dunkel, denn seine Poren füllten sich mit einer roten, blutig aussehenden Farbe. Noch war sie ziemlich weit entfernt und nicht so besonders intensiv, aber sie nahm an Kraft zu, und auch der Kreis war dabei, sich zu vergrößern.
Die Sonne entstand.
Ein blutiger Fleck inmitten der Decke, der von Luna und den Verbrannten nicht aus den Augen gelassen wurde. Suko blickte ebenfalls hin. Die Lampen hatten wir verschwinden lassen. Wir brauchten sie nicht mehr, weil das rote Licht die nötige Kraft besaß, um die Umgebung zu erhellen, denn es erfaßte auch den Boden und vor allen Dingen Luna Limetti, die Kettenfrau. Sie stand genau im Zentrum der Sonne, um auch die volle
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