1018 - Die Spur der irren Luna
Kraft mitzubekommen.
Ich wußte, daß es gefährlich werden konnte, und ich wollte einen entsprechenden Schutz haben.
Deshalb holte ich mein Kreuz hervor. Dabei achtete ich darauf, daß man mich nicht beobachtete, und so lag mein Talisman für einen Moment auf der offenen Handfläche, damit ich ihn betrachten konnte.
Es war silbern, und es leuchtete immer irgendwie.
Nur nicht jetzt!
Mein Herzschlag raste. Der Schweiß trat mir aus den Poren, als ich sah, daß sie die Farbe verändert hatte. Die Sonne Satans hatte auch vor ihm nicht haltgemacht, denn die vier Balken sahen aus, als wären sie mit einer leichten Blutschicht bestrichen worden. Und sie hatte sich auch in die Insignien der vier Erzengel festgesetzt, als wollte mir die Sonne so beweisen, wie mächtig sie war.
Es kam wirklich nur sehr selten vor, aber in diesem Fall bekam ich Angst um mein Kreuz.
War die Sonne stärker?
Auch Sukos Gesicht verzog sich, als er einen raschen Blick auf das Kreuz geworfen hatte. Mit einem Kommentar hielt er sich zurück. Wir wollten uns nicht gegenseitig verunsichern.
Mittlerweile hatte die blutrote Satanssonne ihre höchste Intensität erreicht. Von ihrer Lichtfülle gab sie einiges ab, aber es fielen keine mehreren Strahlen nach unten, sondern nur ein einziger breiter Strahl, der wie ein Fächer wirkte, so daß er alle erfaßte, die schon Verbrannten und uns eingeschlossen.
Wir spürten ihn auf der Haut. Und in Würmer hatte sich der Verbrannte aufgelöst, nachdem wir ihn vernichtet hatten.
Ich schaffte es nicht mehr länger, mich auf mich selbst zu konzentrieren, denn es kam Bewegung in die bisher ruhig auf dem Boden liegenden Gestalten.
Wenn sie bisher »geschlafen« hatten, so waren sie jetzt durch die Kraft der Satanssonne »geweckt« worden. Für diese ehemaligen Mönche war sie der Motor, und sie bewegten sich zugleich. Keiner unterschied sich vom anderen. Sie drehten sich allesamt zur rechten Seite hin, wo sie sich für einen Moment abstützen und genügend Kraft sammelten, um auf die Beine zu kommen.
In der zu weiten und großen Kleidung erinnerten sie wirklich an Schatten, die in rotes Licht getaucht waren, aber sie ließen sich nicht beirren oder stoppen. Auch als sie standen, lösten sie den Kreis nicht auf. Sie verdichteten ihn sogar, denn sie strecken sich gegenseitig die Arme entgegen, um sich an den Händen anzufassen. So bildeten sie dann den zweiten Kreis, der größer war als der an der Decke, wo die rote Satanssonne stand.
In der Kreismitte hielt sich Luna Limetti auf. Auch sie hatte den Kopf zurückgelegt, und es gab nur die Sonne über ihr, in die sie hineinstarrte.
Es war ihr Kraftspender. Sie gab ihr die Macht. Sie machte sie stark, und sie drückte das Böse in sie hinein, das ihr aus der Hölle mitgegeben worden war.
Die normale Gesichtsfarbe hatte Luna ebenso verloren wie die Verbrannten. Es waren insgesamt sieben, die sich an den Händen hielten. Zwar trugen sie noch ihre Kapuzen, aber die Gesichter waren ebenfalls rot geworden. Selbst die dunklen Flecke hatten die neue Farbe angenommen, so daß sie aussahen wie Blutbeulen.
Hier holten sie sich die Macht, die sie benötigen, um den großen Plan auszuführen.
»Wann greifen wir ein?« flüsterte Suko mir zu.
»Noch nicht.«
»Was willst du noch sehen?«
»Ich will sicher sein, daß wir die verdammte Sonne auch zerstören können.«
Er glaubte mir nicht so recht. »Oder befürchtest du, daß deinem Kreuz etwas zustoßen könnte?«
»Auch das.«
Suko saugte hörbar die Luft durch die Nase. »Es würde bedeuten, daß wir uns auf der Verliererstraße befinden.« Um dem entgegenzuwirken, holte er seine Dämonenpeitsche hervor und schlug damit einmal einen Kreis über den Boden.
Aus der Öffnung rutschten die drei Riemen hervor. Sie waren aus der Haut des Dämons Nyrana gefertigt worden, aber sie waren nicht so lang, als daß sie den Boden berührt hätten. Über ihm blieben sie hängen wie zitternde Schlangenkörper.
Luna Limetti hatte ihre Aufgabe erledigt. Sie tat nichts mehr, stand einfach nur da und schaute in die Höhe. Uns hatte sie vergessen. Auch die Verbrannten kümmerten sich nicht um uns, denn sie gingen in ihrer neuen Aufgabe auf.
Es begann der Sonnentanz.
Wie schon bei Luna Limetti. Nur lief er bei ihnen anders ab, denn keiner bewegte sich individuell, was auch kaum möglich war, da sie sich an den Händen festhielten. So folgten sie den Regeln des uralten Kreistanzes, den es schon vor Tausenden von Jahren gegeben
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