1018 - Die Spur der irren Luna
gerichtet, und ich habe ihm das gegeben, was er verdient hat - nämlich den Tod!«
Es war ein Schock. Nicht allein wegen diesen letzten beiden Worten. Auch wie Luna sie ausgesprochen hatte, waren sie uns unter die Haut gegangen. So sicher und zugleich locker, als wäre das wirklich das normalste von der Welt.
Ich glaubte, einen Kloß in der Kehle zu haben. »Sie… Sie… haben Ignatius tatsächlich getötet?«
»Ja, das habe ich.«
»Wo? Wann?«
»Kurz vor meiner Abreise. Wie gesagt, wir haben eine Falle aufgebaut. Er tappte hinein, denn er besuchte mich in meinem Atelier, obwohl er nicht mit mir gerechnet hatte. Deshalb konnte ich ihn überraschen. Ich habe ihn erschossen, und ich treffe immer, wenn ich abdrücke.«
In mir wallte die Hitze wie eine Flamme hoch. Auch Suko neben mir wurde von Unruhe erfaßt.
Beide gingen wir nach diesen Worten davon aus, daß dieses Geständnis keine Lüge war. Luna hatte sich schon an die Wahrheit gehalten.
Und doch waren mir Zweifel gekommen. Wäre alles so gewesen, wie sie es gesagt hätte, dann hätten wir auch aus Rom Bescheid bekommen müssen. Dort wußte man, wie stark Ignatius mit uns befreundet war, aber wir hatten keine Nachricht erhalten. Es war jedoch auch möglich, daß man die Leiche noch nicht gefunden hatten, so daß meine Hoffnung wieder etwas sank.
»Warum haben Sie das getan?« fragte Suko.
»Er kam uns auf die Schliche.«
»Wer ist wir?«
»Unsere Gruppe, die sich der Sonne Satans verschrieben hat.«
»Sie gehören dazu?«
»Ja.«
»Welche Ziele verfolgt ihr?«
»Wir werden herrschen. Wir werden die Macht der Kirche stürzen. Wir werden die Gotteshäuser zerstören, und wir werden dann eben unsere Zeichen setzen. Wir wollen, daß ein anderer über die Menschen herrscht. Die Macht der Kirche hat lange genug gedauert. Fast zweitausend Jahre. Jetzt ist die andere Seite dran.«
»Mit der Sonne?«
»Ja, Sinclair.«
»Wo ist sie?«
Luna Limetti warf den Kopf zurück. »Überall. Man muß nur die Augen öffnen.«
»Auch hier unten?«
»Ja, denn die Sonne ist anders. Sie ist stark und mächtig. Das haben auch die Mönche erkannt, die einst über uns gelebt haben. Es waren besondere Männer, und man hat sie bewußt in die Einsamkeit geschickt, damit sie ungestört forschen konnten. Von der Kirche geschickt, unterstützt, aber auch bewußt vergessen, denn niemand wird sich ihrer erinnern, sollten einmal Fragen gestellt werden. Offiziell will die Kirche nichts mit ihnen zu tun haben.«
»Das habe ich leider am eigenen Leibe erfahren müssen«, gab ich zu. »Man negiert sie.«
»So sollte es sein.«
»Und was haben die Mönche in dieser Einsamkeit herausfinden wollen? Wie lange waren sie schon hier…?«
»Sehr lange. Über Jahre hinweg.«
»Ihr Ziel!« forderte Suko die Frau auf.
»Die Suche nach ihm, nach dem Satan. Ja, sie sollten herausfinden, ob der Satan, der Teufel oder wie auch immer man den Widersacher nennt, überhaupt noch existiert. Man wollte Klarheit haben. Deshalb ist man diesen Weg gegangen, und man hat bewußt das alte Kloster ausgesucht, denn es war bekannt, daß es unterhöhlt ist wie so manches in dieser Gegend, wo die Kohle abgebaut wurde.«
»Die Mönche sind also zu einem Resultat gekommen«, stellte ich fest, »denn sie haben sich ja verändert.«
»In der Tat. Sie sind nicht mehr die gleichen geblieben. Sie haben den Weg zum Satan gefunden. Sie entdeckten seine Sonne, und sie gerieten in ihren Bann. So wurden sie stark und immer stärker. Sie sind das neue Leben, das aus den Ruinen der Überlieferung entsprungen ist. Sogar den Weg ins Zentrum der Macht, nach Rom, haben wir gefunden. Der Kreis beginnt sich zu schließen. Wir haben einen ersten und mächtigen Feind ausschalten können. So hat auch die Weiße Macht ihren Einfluß verloren. Wir werden herrschen.«
»Oder nur Sie?« fragte ich.
»Nein, wir.«
»Wo sind die anderen? Warum halten sich die Verbrannten versteckt? Trauen sie sich nicht mehr hervor? Fürchten sie sich vor uns?«
»Nein, sie wissen Bescheid.«
»Wir wollen sie sehen!« erklärte Suko.
»Es ist nicht einfach. Sie sind durch die Strahlen der Sonne mächtig geworden.«
»Davor haben wir keine Angst.«
Luna Limetti lachte. Dann strich sie über ihr Kettenhemd hinweg. »Ich werde euch euren Wunsch gern erfüllen. Es wird sowieso euer letzter sein.«
»Sie wollen uns töten?«
Luna ließ ihre Hände auf der »Kleidung« liegen. »Nein, nicht ich. Oder nicht direkt. Die Sonne Satans wird euch das
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