102 - Die Gottesanbeterin
Edelholz gekauft. Frische Blüten standen bei dem Schrein.
Der Hofbeamte näselte, daß der Daimyo in seiner Güte seinem Untertan Bascho Yosuke die O-toku- San zu treuen Händen geliehen habe. Bascho wußte, daß bisher immer spätestens nach einem Vierteljahr das gewünschte Ergebnis - die Schwangerschaft - eingetreten war.
Von nun an beteten er und seine Frau jeden Abend bei der O-toku-San und zur Kishibojin, ihnen Nachkommenschaft zu schenken. Ein paar Wochen vergingen. Yodogimis Periode war bereits ausgeblieben, aber noch sagte sie ihrem Mann nichts davon; noch bestand die schwache Möglichkeit, daß es eine zeitliche Verschiebung oder eine Unregelmäßigkeit war.
Die Zeit des großen Sumoturniers rückte heran. Bei diesem Turnier, dem letzten von fünf Ausscheidungskämpfen, sollte der neue Yokozuna ermittelt werden, der oberste Rang im Sumo.
Es mußte immer zwei Yokozuna geben, zeitweise waren es auch schon drei gewesen. Mehr nie. Der eine Yokozuna war nun zu alt geworden. Er fing an, nachzulassen. Absteigen konnte ein Yokozuna nicht. Wenn er seine Leistung nicht mehr brachte, mußte er abtreten und durfte nie mehr als Sumotori kämpfen.
Der Yokozuna Hamatori nun hatte Harakiri begangen, als er ein Nachlassen seiner Kräfte feststellte. Nun galt es, seinen Nachfolger zu finden.
Das große Sumoturnier von Matsue begann unter der Schirmherrschaft des Daimyo Sengoku. Es gab auch Gerüchte, daß Tomotada, der Schwarze Samurai, mit seinem Schreckensheer im Bereich der Präfektur gesehen worden sein sollte. Aber das waren zu Beginn des Sumoturniers nur Gerüchte. Jedes Kind in Japan kannte mittlerweile Tomotada, den Schwarzen Samurai, der einen Rokuro- Kubi-Kopf am Ärmel trug; den entarteten Ziehsohn des Hatakeyama Yoshimune, von dem man sogar munkelte, er sei der Sohn einer Mujina.
Tomotada raubte, mordete und schändete. Die schönsten Mädchen entführte er, und man hörte nie wieder etwas von ihnen.
Bascho Yosuke wohnte dem Sumoturnier bei, sooft es ihm seine Zeit erlaubte. Die Sumotori führten ernsthafte und auch Schaukämpfe durch. Sie kämpften mit wilden Stieren und Bären, deren man die Klauen abgeschnitten und das Maul zugebunden hatte. Sie traten auch gegen Kendofechter und gegen Männer der Shao-Lin-Kampfkunst an, die mit bloßen Händen und Füßen Steine zerschlagen konnten. Meist siegten die Sumotori, zumindest die höheren Ränge. Es war unglaublich, was für Kräfte diese Fleischkolosse hatten und was sie an Schlägen und Tritten einstecken konnten. Besonders ein Sumotori machte immer mehr von sich reden, Ashikaga Daigo, ein Ozeki. Er wog zweihundertzwanzig Kilo und war selbst unter den Sumotori ein Riese. Ashikaga war der größte, schwerste und stärkste Sumotori, den man je gesehen hatte.
Ashikaga Daigo tötete einen Bären mit seiner Umarmung. Und er konnte einen Stier quer durch den Sumoring werfen. Selbst mit Sekiwage und Komusubi, hohen Rangträgern und gefürchteten Kämpfern in der Sumohierarchie, ging er um, als wären sie halbwüchsige Knaben. Er warf seine Ozekiko- liegen aus dem Ring und besiegte sogar den Yokozuna.
Obwohl die Entscheidung des Schiedsgerichtes noch ausstand, war jeder davon überzeugt, daß Ashikaga Daigo der neue Yokozuna werden würde. Am vierzehnten Tag des Turniers sollte er seinen letzten Kampf liefern und gegen einen Ozeki namens Ota Tsuburi antreten, der auch noch keinen Kampf verloren hatte.
Gegen Ota Tsuburi hatte Ashikaga Daigo noch nicht gekämpft. Ota Tsuburi war noch nicht gegen den Yokozuna angetreten. Falls er wider Erwarten gegen Ashikaga Daigo siegte, mußte er noch gegen den Yokozuna kämpfen. Wenn er gegen diesen verlor, mußte er einen weiteren Kampf mit Ashikaga austragen.
An diesem vierzehnten Tag gab es fast keine Zuschauer beim Sumoringen, obwohl dieser Kampf nach dem zwischen Ashikaga Daigo und dem Yokozuna der Hauptkampf war. In der Nacht und am frühen Morgen waren Reisbauern in die Stadt Matsue geflüchtet und hatten bestätigt, was schon lange gemunkelt wurde. Tomotada, der Schwarze Samurai, befand sich in der Präfektur. Mehr noch, er war mit seinem Heer von Räubern, Totschlägern und Schauergestalten im Anmarsch auf Matsue. Bei Tag sah man die Rauchwolke eines brennenden Dorfes, das nur einen halben Tagesmarsch von Matsue entfernt war. Weitere, kleinere Rauchwolken zeichneten Tomotadas Weg, der direkt auf Matsue zusteuerte.
Bis auf wenige Sumotori befanden sich alle Menschen aus Matsue und der Umgebung in der Stadt in
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