1023 - Monster-Queen
keinen Bewohner, abgesehen von einem Baby, das auf der Schwelle einer offenen Tür auf seinem Topf hockte und vergnügt krähte.
Einen Absatz höher hatten wir unser Ziel erreicht. Zwei Türen standen zur Verfügung. Wir konnten uns eine davon aussuchen.
Wir nahmen die, an der kein Name stand, denn an der anderen lasen wir nicht den Namen Carinelli.
Suko klopfte. Der Junge hatte uns noch erzählt, daß Cynthia in der Wohnung wartete, und wir hofften, daß sie öffnete. Zunächst tat sich nichts.
Suko startete einen zweiten Versuch, diesmal lauter. Wir bekamen Antwort. »Ja, verdammt, ich bin ja schon da. Kann man nicht einmal seine Ruhe haben?«
Die Tür wurde aufgezogen. Mit einer heftigen Bewegung glitt sie nach innen. Einen Moment später sahen wir zum erstenmal die Mieterin der Wohnung, die ebenso überrascht war wie Suko und ich, denn sie sagte nur: »Ach du Scheiße, gleich zu zweit.«
»Cynthia Carinelli?« erkundigte ich mich.
»Klar. Was wollt ihr?«
»Nur mit Ihnen sprechen.«
Ihr Mund verzog sich. »Aber ich will nicht mit euch reden. Habt ihr gehört?«
»Haben wir«, sagte Suko. »Aber wir sind nicht privat gekommen, sondern dienstlich.«
Sie schaute von einem zum anderen. »Wieso?«
»Bitte.« Suko präsentierte seinen Ausweis, den sich die Frau genau anschaute.
»Auch das noch. Zwei Typen vom Yard. Mir bleibt auch nichts erspart, verdammt.«
»Wieso? Haben Sie ein schlechtes Gewissen?«
»Nie.«
»Dann ist ja alles okay.«
Cynthia war nur locker bekleidet. Sie trug einen roten, recht kurzen Bademantel, der viel von ihren langen Beinen und den Oberschenkeln sehen ließ. Der Knoten war nur lässig geschlungen, und der Ausschnitt klaffte relativ weit auf.
Sie war eine schöne Frau und strahlte einen aggressiven und zugleich lasziven Sex aus. Das Gesicht erinnerte an eine Mischung zwischen Kind und Frau. Die hellen Augen konnten scharf schauen, während sie einen Arm ausgestreckt hielt und mit der Hand den Türpfosten berührte, als wollte sie uns nicht einlassen.
»Was wollt ihr?«
»Mit Ihnen reden«, sagte Suko. »Aber nicht hier draußen.«
»Gut, gut.« Sie verdrehte die Augen. »Ich weiß zwar nicht, was Sache ist, aber kommt rein. Dann muß ich mein Bad eben verschieben, oder seid ihr scharf darauf, zuzuschauen?«
»Das weniger.«
Suko hatte für mich mit gesprochen, allerdings hätte ich sie gern im Bad erlebt, aber Dienst ist Dienst und Vergnügen ist Vergnügen.
Wir gingen hinter ihr her und betraten das Zimmer mit den beiden Fenstern. Hier lebte und schlief sie auch. Das Bett war nicht gemacht. Dahinter ragte eine kahle Wand auf.
Sie setzte sich auf einen Stuhl, hatte uns keine Plätze angeboten, und deshalb blieben wir stehen. »Also, worum geht es? Was habe ich verbrochen?« Nach dieser Frage reckte sie ihr Kinn vor.
»Sie haben nichts verbrochen, denke ich«, gab ich zur Antwort.
»Da bin ich aber froh.«
»Wir brauchen Sie als Zeugin.«
»Nett. Um welchen Verkehrsunfall geht es? Er muß ja schwer gewesen sein, wenn sich Yard-Leute darum kümmern.«
»Auch deswegen sind wir nicht hier«, stellte ich richtig. »Es geht um das, was einige Bewohner dieses Viertels oder dieser Straße gesehen haben.«
»Oh – was Schlimmes?« Sie lächelte spöttisch und spielte weiterhin die Überlegene.
»Man sprach von einem Monster«, sagte Suko.
Er hatte den Satz nur leicht dahingesagt, aber irgendwo ins Schwarze getroffen, denn die Frau vor uns reagierte plötzlich. Zwar zuckte sie nicht zusammen, aber ihre Augen verengten sich für einen Moment, bevor sie sich wieder in der Gewalt hatte.
Noch antwortete sie nicht, was mir wiederum zu lange dauerte.
»Haben Sie meinen Kollegen nicht verstanden?«
Cynthia räusperte sich. »Doch, habe ich!« Dann schaute sie zu mir hoch. »Wie heißen Sie noch?«
»John Sinclair.«
»Ja – Sinclair. Hä, haben Sie nicht das Gefühl, im falschen Film zu sein?«
»Nein. Wieso?«
»Hier gibt es kein Monster.« Sie wies in das Zimmer hinein.
»Schauen Sie sich um, verdammt. Sehen sie unter dem Bett nach, im Schrank, wo auch immer. Hält sich hier ein Monster oder was Sie auch meinen, versteckt?«
»Hier nicht.«
»Dann ist die Sache für mich erledigt.«
Suko schüttelte den Kopf. »Es geht auch nicht um Sie oder Ihre unmittelbare persönliche Umgebung. Wir haben die Aussagen der Zeugen, und sie decken sich. Das Monster wurde von den Zeugen auf der Straße gesichtet. Im Freien also.«
»Oh…«, staunte sie. »Und was habe ich damit
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