1023 - Monster-Queen
zu tun? Bin ich etwa das Monster?«
»Das wohl nicht.«
Sie schlug die Beine übereinander und wippte mit dem rechten Fuß. »Also, wenn ich nicht das Monster bin, dann frage ich euch, warum ihr hier noch in meiner Wohnung steht.«
»Weil Sie es kennen dürften«, sagte ich.
»Noch schöner. Da wissen Sie mehr als ich.«
»Man hat Sie gesehen«, erklärte Suko.
»Wo denn?«
»Auf der Straße.«
Plötzlich fing sie an zu kichern. »Und ich führte dabei das Monster an der Halskette hinter mir her – wie?«
»So war es sicherlich nicht, Cynthia. Aber es hielt sich schon in Ihrer Nähe auf, das haben Zeugen bestätigt.«
»Wer denn?«
»Nachbarn.«
»Die können Sie vergessen. Die reden nur geistigen Durchfall. Alle. Die sind neidisch auf mich. Besonders die Weiber, weil ich eben ganz gut aussehe.«
»Das stellen wir nicht in Frage«, bestätigte ich. »Aber es bringt uns dem Problem nicht näher.«
Cynthia legte den Kopf schief und schaute mich säuerlich grinsend an. »Mal im Ernst, Mr. Sinclair, glauben Sie eigentlich an das, was Sie da immer behaupten?«
Diese Frage hatte sie nicht zu Unrecht gestellt; mir waren ebenfalls schon Zweifel gekommen. Es konnte durchaus sein, daß man uns mit all den Aussagen gelinkt hatte und wir einem Phantom hinterherliefen, was letztendlich in einer großen Blamage endete, und das wiederum machte mich leicht wütend.
Die Frau schien es zu bemerken, denn sie sprach mich darauf an.
»He, ich habe Sie was gefragt, Sinclair.«
»Stimmt. Sie bekommen auch Ihre Antwort. Ich habe das Monstrum selbst nicht gesehen und muß mich auf die Aussagen der Zeugen verlassen.«
»Tolle Zeugen. Wie sah es denn aus?«
»Es war schlecht zu beschreiben. Einige sprachen von einem gorillaähnlichen Wesen. Andere wiederum gaben eine andere Beschreibung ab, die phantasiereicher war.«
»Ja, phantasiereicher. Kann ich mir gut vorstellen. Alles ist Phantasie. Ihr nur seid real, aber ihr habt euch in eurem Schädel was zurechtgerückt, das einfach nicht stimmen kann. Oder seht ihr hier ein Monstrum? Ich habe genügend Platz in der Wohnung für mich, aber nicht für ein Monster.« Sie tippte gegen die Stirn. »Von der Polizei habe ich nie viel gehalten, aber so etwas ist mir noch nicht vorgekommen.«
»Irgendwann erlebt man immer etwas zum erstenmal«, sagte ich.
»Aber nicht so einen Scheiß.«
Wir nahmen es schweigend hin. Cynthia stand auf. »Ist noch was?« erwiderte sie.
»Nein«, erwiderte ich und schaute auf das leere Bett. »Es ist alles in Ordnung.«
»Freut mich. Dann kann ich ja jetzt mein Bad nehmen.«
»Wie Sie wollen.«
Wir machten uns auf den Rückweg. Cynthia Carinelli ließ es sich nicht nehmen, uns bis zur Tür zu bringen und rief uns noch nach:
»Grüßen Sie das Monster von mir, wenn Sie es sehen.«
»Ja, werden wir machen«, rief Suko zurück. Genau in ihr Lachen hinein und auch in den harten Knall, der entstand, als Cynthia ihre Wohnungstür zuschlug.
Ich kochte zwar nicht innerlich, aber ich war doch verdammt sauer. So blamiert hatten wir uns selten, und mir stieg allmählich die Galle hoch. Ich verließ das Haus noch vor Suko, dessen Stimme ich hinter mir hörte. »So blamiert haben wir uns selten.«
»Wem sagst du das?«
»Und wie geht es jetzt weiter?«
Zunächst einmal ging ich einen Schritt vor. Dann hob ich die Schultern. »Tut mir leid, aber ich habe noch keine Idee.«
»Denkst du eigentlich daran, daß wir eventuell einem Phantom hinterher laufen?«
»Und ob ich daran denke. Dann könnte es sein, daß wir und auch Sir James einigen der angeblichen Zeugen auf den Leim gegangen sind. Wie auch noch andere Kollegen. Das aber ist die eine Seite. Es gibt noch eine zweite.«
»Weiß ich.«
»Dann sag du es.«
»Wer könnte Interesse daran haben, derartige Märchen in die Welt zu setzen?«
»Genau das ist es. Warum sollte jemand von einem Monstrum sprechen, das sich breitgemacht hat und durch die Straßen huscht oder auf Dächern herumsteigt? Es ergibt doch keinen Sinn. Das ist einfach nicht real. Unmöglich.«
»Ja, sieht ganz so aus.«
»Also muß es etwas geben.«
»Oder sind wir Opfer einer Massenpsychose geworden? Daß Menschen sich das Monstrum nur eingebildet haben?«
»Kann ich mir nicht denken.«
»Aber möglich ist es.«
Ich schaute zu Boden. »Ich weiß es nicht. Ich stelle mir sowieso schon die Frage, ob wir uns noch länger in diesem Viertel aufhalten und nicht lieber zurück zum Büro fahren sollen. Wie sagen wir Sir James, daß er
Weitere Kostenlose Bücher