1025 - Planet der Spiele
ihrer Dicke wegen auch nur bis zu einem gewissen Grade zusammenrollen. Mit ihnen konnte man weder jemanden ersticken noch erdrosseln. Die Leuchtplatte unter der Decke war von einem feinmaschigen Metallnetz umgeben - selbst wenn es einem Gefangenen gelang, das Glas zu zerschlagen, würde er keinen brauchbaren Splitter erhalten, der sich als Waffe gegen andere oder sich selbst benutzen ließ. Wasserleitung und Toilette schieden ebenfalls aus, falls ein Gefangener zum allerletzten, verzweifelten Schritt ansetzen sollte. Man hätte höchstens noch mit dem Kopf gegen die Wand rennen können.
Mallagan traute den Leuten von der Bruderschaft zu, daß sie auch diese Möglichkeit einkalkuliert hatten. Er berührte die Wand, und sie fühlte sich hart an. Aufs Geratewohl schlug er die Faust dagegen. Das Material gab federnd nach.
„Na schön", sagte der Betschide laut. „Ihr habt an alles gedacht. Aber ich habe nicht die leiseste Absicht, mich umzubringen. Ich will lediglich wissen, was ihr von uns wollt."
Er wartete eine Weile, aber niemand antwortete ihm. Nur hinter der Klappe scharrte es leise. Als Mallagan die Platte anhob, sah er eine halbkugelige, mit durchsichtiger Folie verschlossene Schale. Er holte sie hervor und öffnete sie.
Die Schale war mit einem grauen, schwach aromatisch riechenden Brei gefüllt. Ein Löffel steckte darin. Er probierte von dem Brei und fand ihn ziemlich fade, aber genießbar.
Gelassen setzte er sich auf das Bett und verzehrte den Brei. Je länger er aß, desto unangenehmer wurde ihm der Geschmack. Aber er wollte bei Kräften bleiben, und noch wußte er nicht, wie viele Mahlzeiten dieser Art man ihm pro Tag zubilligen würde. Darum wischte er die letzten Reste mit dem Finger aus der Schale, bis das Gefäß ganz blank war.
Danach legte er sich hin. Als Jäger hatte er gelernt, dann zu schlafen, wenn sich ihm eine Gelegenheit dazu bot - nicht unbedingt zu den Zeiten, die ihm von der Natur und der Tradition diktiert wurden. Binnen kaum einer halben Minute spürte er die wohlige Schwere in seinem Körper.
Im Traum sah er Cylam vor sich.
„Ich habe dich gewarnt", sagte der Krane vorwurfsvoll. „Warum hast du nicht auf mich gehört?"
„Gegen die Meute der Vermummten hättest du auch nichts ausrichten können", erwiderte Mallagan in seinem Traum.
Cylam lächelte, und der Betschide begriff in einem geradezu unwirklichen Moment, warum ihm das Lächeln dieses Kranen stets seltsam erschienen war: Cylam zeigte dabei nicht die Fangzähne, wie alle anderen Kranen es taten, sondern er ließ die Lefzen unten.
Mallagan begriff, daß Cylam sich zu diesem Lächeln zwang, weil er wußte, welche Wirkung ein normales Lächeln auf die Betschiden ausgeübt hätte. Natürlich waren sie bereits daran gewöhnt, aber Cylams „gebremstes" Lächeln flößte ihnen Vertrauen ein.
Das lächelnde Gesicht verschwand, und Mallagan sah plötzlich einen Platz vor sich, der von hohen, sehr seltsamen Bäumen gesäumt war. Die Bäume waren ungeheuer hoch.
Ihre Stämme waren von dicken, gerippten und gewundenen, krustigen Rinden umhüllt.
Die Wipfel waren winzig und bestanden aus rötlichschillernden Kugeln, die an den Enden der wenigen Äste hingen. Unter den Bäumen wuchs orangerotes Gras, und das gleiche Gras überzog auch die Lichtung.
Cylam stand auf der Lichtung, er hatte den Oberkörper entblößt, und sein graues Brustfell schimmerte seltsam im Licht einer tief stehenden bläulichen Sonne. Er hielt einen Stock in der Hand, an dem mit Hilfe einer dünnen, kurzen Kette ein zweiter Stock befestigt war.
Unter den Bäumen standen Wesen, wie Mallagan sie nie zuvor gesehen hatte. Ihre Köpfe waren klein, aber ihre Schultern wirkten sehr breit, und sie hatten lange Arme und Beine, insgesamt sechs an der Zahl.
Langsam näherten sie sich dem Kranen.
Als die ersten fast bis auf Reichweite herangekommen waren, bewegte Cylam den Stock blitzschnell. Mit jener Selbstverständlichkeit, die für einen Traum charakteristisch ist, sah Mallagan die Bewegung in Zeitlupe. Er beobachtete, wie der Stab in einer Viertelkreis-Bewegung nach hinten gezogen wurde. Der zweite Stab schnellte aus der Ruhelage nach vorne und traf den ersten Gegner mitten auf die Stirn. Dann wurde alles immer schneller, bis Mallagan schließlich nur noch ein Flimmern bemerkte, das um Cylams Hand lag, ausgenommen die kurzen Augenblicke, in denen der zweite Stab kein Ziel erreichte, durch den Aufprall gestoppt und für Sekundenbruchteile sichtbar gemacht
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