1026 - Der Favorit
gehalten."
„Mir auch", erklärte Scoutie nüchtern. „Zum Glück ist es bei dem Gerede geblieben.
Warum sollten sie mit Surfo eine Ausnahme gemacht haben?"
„Wegen des Doppel-Spoodies natürlich."
Eine kurze Pause entstand, dann stieß Brether plötzlich scharf die Luft zwischen den Zähnen hindurch.
„Vielleicht hat er ihn gar nicht mehr!" flüsterte er.
„Wen?" fragte Scoutie verständnislos.
„Den Doppel-Spoodie! Überleg doch mal: Wenn er sich geweigert hat, für die Bruderschaft zu arbeiten - wozu sollten sie ihm das Ding noch länger lassen? Und es würde erklären, warum er sich vorhin so aufgeregt hat."
„Ehe du weiterredest - sieh dir seinen Kopf an", forderte Scoutie ungeduldig. „Ich bin überzeugt davon, daß sich überhaupt nichts verändert hat."
Leise Schritte kamen näher, und Mallagan spürte mit beinahe schmerzhafter Intensität die Nähe Brether Faddons. Seine Sinne waren schärfer geworden. Er hörte die leisen Veränderungen in der Art, in der Brether atmete, und konnte daraus auf dessen Bewegungen schließen. Er sah den Betschiden förmlich mit Hilfe dieser Geräusche und anderer, ihm bis dahin fast unbekannter Sinne, als hätte seine ganze Körperoberfläche sich in ein riesiges Auge verwandelt.
Brether beugte sich über Mallagan und musterte dessen Schädeldecke. Das war in diesem Fall sehr einfach, weil Surfo genau an der fraglichen Stelle eine Buhrlo-Narbe besaß, die völlig unbehaart war. Mallagan spürte die Blicke des anderen, die tief in die glasig verdickte Haut zu dringen schienen. Wie kleine, scharfe Messer waren diese Blicke, die so feine Wunden schnitten, daß man keinen Schmerz spürte, wohl aber ein ständig wachsendes Unbehagen. Mallagan mußte all seine Beherrschung zu Hilfe nehmen, um nicht aufzuspringen und sich auf diese Weise diesen forschenden Blicken zu entziehen.
Endlich richtete Brether Faddon sich wieder auf, und Mallagan spürte voller Erleichterung, daß der Betschide sich von ihm entfernte.
„Es sieht aus wie immer", sagte Brether zu Scoutie. „Du hattest recht. Es war dumm von mir. Ich hätte früher darauf achten müssen, daß auch kein frischer Schnitt zu sehen ist."
Mallagan pries die Heilkunst der Prodheimer-Fenken, die die kleine Wunde dazu gebracht hatten, sich in dieser kurzen Zeitspanne völlig zu schließen.
Nach einiger Zeit, als er sicher war, daß die beiden ihm keine Beachtung schenkten, drehte er sich zur Wand und zog sich die Decke über die Ohren.
Die erste Hürde hatte er genommen. Jetzt kam es darauf an, daß er sich so schnell wie möglich wieder auf das Leben mit seinen Freunden einstellte, damit sie auch in Zukunft keinen Verdacht schöpften. Darum blieb er liegen und verfolgte aufmerksam alles, was sie sagten und taten. Allmählich stellte sich wieder etwas von jenem Gefühl der Vertrautheit ein, an das er sich von früher her erinnerte. Es war nicht so stark wie damals, als sie noch gemeinsam im Dschungel von Chircool gejagt hatten, aber es hatte ohnehin in der letzten Zeit gelitten. Der Doppel-Spoodie hatte eine Barriere zwischen ihnen errichtet. Mit den beiden zusätzlichen Symbionten war diese Barriere zu einer wahren Mauer geworden.
Aber noch gab es Verbindungen, und Surfo Mallagan wußte, daß es wichtig und vernünftig war, diese Verbindungen zu pflegen und zu verstärken.
Er würde seine Freunde noch brauchen - später, wenn sie die von dem Erleuchteten geplante Flucht durchführten und erst recht dann, wenn er sich bei der Lugosiade zu behaupten hatte.
Nach einiger Zeit wurde es fast dunkel in der Zelle. Brether und Scoutie begaben sich zur Ruhe, und auch Mallagan gönnte sich endlich den wohlverdienten Schlaf. Aber bevor er einschlief, genau auf der Grenze zwischen Wachen und Träumen, tauchte ein Gesicht vor ihm auf, das ihm einen eisigen Schrecken einjagte: Cylam, der Krane, der so leicht, scheinbar spielerisch, herausgebracht hatte, daß Mallagan Träger eines Doppel-Spoodies war.
Mallagan war sofort wieder hellwach. Er starrte in die Dunkelheit und dachte darüber nach, ob es ihm gelingen würde, auch Cylam zu täuschen. Plötzlich war er sich nicht mehr so sicher, ob dieser Bursche nicht doch ein Jäger war und darum so gut über Doppel-Spoodies Bescheid wußte.
Er erinnerte sich in allen Einzelheiten an die Begegnungen mit diesem Kranen, und als er alles berücksichtigt und bedacht hatte, war ihm klar, daß Cylam ihn durchschauen würde - und diesmal hatte der Krane beim besten Willen keinen Grund
Weitere Kostenlose Bücher