103 - Das Geheimnis der Maske
der Taschenlampe verlor sich in der Dunkelheit. Die Wände des Schachtes waren feucht. Ständig rann Wasser herunter. Es blieb ihnen tatsächlich nur eine Fluchtmöglichkeit: durch das Gitter.
Der Draht war fingerdick und aus Stahl. Abi mühte sich vergeblich ab. Mit dem Taschenmesser würde es ihnen niemals gelingen, das Gitter zu durchschneiden.
Als die Puppe die drei Männer niedergeschlagen hatte, war sie panikartig geflohen. Sie hatte den Männern nichts tun wollen, doch sie hatten ihr keine andere Wahl, gelassen. Sie wollte sich nicht gefangennehmen lassen.
Die O-tuko-San war durch die schmalen Gassen gelaufen und hatte sich dann in einem Garten versteckt. Sie wußte, daß ihr neuer Herr sie suchen würde, doch sie wollte nicht zur Ruine gehen. Die Puppe wollte sich eine Familie suchen, bei der sie für immer bleiben konnte. Doch in dieser Stadt kannte sie keinen Menschen.
Da erinnerte sie sich an die Begegnung mit der Familie in der Ruine. Ja, bei so einer Familie wollte sie wohnen. Dann dachte sie daran, daß sie den Mann niedergeschlagen hatte. Er würde sie wohl kaum in seinem Haus aufnehmen; doch die beiden Jungen, die mochten sicherlich eine echte O- tuko-San.
In der Puppe wurden unerklärliche Kräfte frei. Sie hob den Kopf und glitt aus ihrem Versteck. Langsam trat sie auf die Straße und ließ sich von ihrem seltsamen Instinkt leiten. Die Puppe wanderte durch die menschenleeren Straßen. Vor einem alten Haus blieb sie stehen. Geräuschlos schlich sie in den Garten und umrundete einmal das Haus. Vor einem offenen Fenster blieb sie abermals stehen. Einen Augenblick zögerte sie, dann stieg sie durch das Fenster und blickte sich im Raum um. Ein kleiner Junge schlief friedlich. Sie weckte ihn. Anfangs fürchtete er sich, doch sie beruhigte ihn. Der Junge holte seinen Bruder, und gemeinsam berieten sie, was sie tun könnten. Schließlich brachten die beiden Jungen die Puppe in den Keller.
Die Puppe war glücklich. Sie hatte ein Versteck gefunden und war unter Menschen, die sie mochten.
Die Kinder kamen zu ihr, und sie unterhielt sich mit ihnen. Sie zeigte ihnen auch die rechte Hand, die einen Sprung hatte. Einer der Jungen hatte daraufhin den Keller verlassen.
Lange Zeit später kehrte er mit einem Mann zurück, der ihre Hand reparieren sollte. Da hatte die O- tuko-San wieder durchgedreht. Der Mann war ihr unheimlich gewesen. Nur ein Gedanke hatte sie beherrscht: Flucht.
Und die Flucht war ihr gelungen. Sie hatte das Haus verlassen und war durch den Garten gerannt.
Es war dunkel geworden, und sie war aus der Stadt gegangen und hatte sich in einem Wald versteckt.
Nun wollte sie zu den Jungen zurück. Es war unklug von ihr gewesen, zu flüchten; doch ihr Instinkt hielt sie zurück.
Erst einige Stunden später wagte sie es, zum Garten zurückzukehren. Sie blickte über den Zaun und sah, wie der Puppenmacher mit einigen Monstern kämpfte. Rasch zog sie sich wieder zurück.
Später hörte sie das Winseln der Hundemenschen, und ihre Angst wurde immer größer. Lautes Rascheln im Unterholz ließ sie aufstehen. Sie lief auf eine kleine Lichtung.
Das Monster ging augenblicklich auf sie los. Es sprang sie an, und sie fiel zu Boden.
Der Hundemensch zerfetzte ihre Kleider. verbiß sich in ihrem rechten Arm und riß ihn aus.
Die Puppe stieß mit den Beinen nach dem Monster, dann schlug sie mit der linken Hand zu und zerschmetterte den Kopf der Bestie.
Die O-tuko-San stand schwankend auf. Den abgerissenen Arm nahm sie mit.
Es wurde hell, und die Puppe wußte nicht, wohin sie gehen sollte.
Zum Haus der Kinder wagte sie noch immer nicht zu gehen. Sie fand eine halb verfallene Hütte und versteckte sich darin.
Der Wunsch, zu den Kindern zu gehen, wurde immer stärker.
Kurz nach acht Uhr verließen Coco und ich das Haus Hasegawas. Wir hatten im Hotel angerufen, doch Abi und Yoshi waren noch immer nicht zurückgekommen.
Den Wagen mit den Puppen ließ ich bei Hasegawa. Wir gingen zum Hotel, wo ich den Leihwagen stehen hatte. Ich gab Coco die Papiere und Autoschlüssel. Sie setzte sich hinters Lenkrad, und ich nahm neben ihr Platz. Auf die verwunderten Blicke, die ans trafen, achtete ich nicht. Für die Stadtbewohner war ich ja noch immer der leicht schwachsinnige Puppenmacher Aki-Baka.
„Wir fahren zur Ruine", sagte ich.
Coco nickte, startete den Wagen und fuhr los.
Wir fanden den Toyota, den Yoshi gemietet hatte, doch von unseren Freunden keine Spur. Gemeinsam durchsuchten wir die Ruine, dann die
Weitere Kostenlose Bücher