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1035 - Die Totenkammer

1035 - Die Totenkammer

Titel: 1035 - Die Totenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aber nicht anblickten, weil der Blick starr und ohne Leben war. Die blassen, kaum erkennbaren Lippen, auf denen noch ein feines Lächeln lag, wie Levine meinte.
    Ja, sie hatte zum Abschied gelächelt, daran erinnerte er sich noch gut. Lächelnd war sie gestorben. Wie jemand, der genau wußte, daß mit dem Eintritt des Todes noch nicht alles vorbei war.
    Wieder stöhnte Levine. Dann nickte er, als wollte er einen ersten Kontakt mit der Toten aufnehmen. »Keine Sorge«, sprach er leise.
    »Ich habe alles vorbereitet. Du wirst nicht nur deinen Sarg verlassen können, du wirst dich später auch bewegen wie ein normaler Mensch, das schwöre ich dir. Es ist alles gerichtet. Ich habe die fünf Frauen geholt. Und der Segen des Götzen wird über dir schweben…«
    Er ließ seine Worte ausklingen, dann bückte er sich und legte die Hände um den gläsernen Sargdeckel. Er klemmte auf dem Unterteil, da sich zwischen den beiden Teilen ein Gummistreifen befand. Vorsichtig und darauf achtend, die Kerzen nicht zu berühren und umzustoßen, machte sich der Professor an die Arbeit. Er baute sich dabei breitbeinig über dem Sarg auf und mußte beide Hände zu Hilfe nehmen, um den Deckel vom festsitzenden Unterteil zu lösen.
    Es war nicht einfach. Einige Male mußte er zerren, dann spürte er den ersten Erfolg.
    Der Deckel lockerte sich. Noch einmal griff er zu, setzte wiederum Kraft ein und hörte das schwappende Geräusch, als sich der Deckel löste und das Unterteil jetzt frei lag.
    Er stellte den Deckel weg und lehnte ihn dabei hochkant gegen die Wand. Auf leisen Sohlen ging er zurück zum Sarg. Dicht daneben blieb er stehen.
    Die vier Flammen ließen die starre Gestalt nicht in Ruhe. Sie streuten ihren Widerschein über den ganzen Körper hinweg. Die Tote schwamm in den Reflexen aus Schatten und Licht. Sie schien angehoben zu werden, um schließlich den Sarg verlassen zu können. Die Veränderungen gaben ihrem starren Gesicht eine ungewöhnliche Mimik. Sogar in die starren Augen tanzte das Leben hinein.
    Der Professor war zufrieden. Für ihn waren es die ersten Vorboten, die zu einem Vorgang hinführten, der nur mit der Macht der Gestirne erklärt werden konnte.
    Auch ihn erwischte der tanzende Widerschein. Er malte ihn an.
    Sein Gesicht wurde immer wieder zu einer verzerrten Larve, als hätten sich Geister auf seiner Haut versammelt.
    Professor Levine streckte die Arme aus und faßte die Tote an. Es war kein normales Anfassen, wie bei einer Person, die aus dem Sarg gehoben werden sollte. Nein, ihm ging es um etwas anderes. Er wollte seine verstorbene Frau liebkosen. Er wollte ihr klarmachen, daß er immer für sie da war und wie sehr er sie liebte.
    Deshalb beugte er sich noch weiter vor und nahm dabei eine kniende Haltung ein. So konnte er über den Sargrand hinweg auf das Gesicht seiner Frau schauen. Abermals durchströmten ihn die großen Gefühle. Sie waren wie ein gewaltiger Rausch, der ihn von den Füßen bis hin zum Kopf erfaßte und sich unter seiner Schädeldecke drehte. Tristan Levine kam sich vor wie in einem Kreisel. Er kniete auf der Stelle, drehte sich trotzdem, und auch das Gesicht seiner toten Frau schien zu zerfließen. Der Professor befand sich in einem wahnsinnigen Zustand. Er wußte selbst nicht, wie er damit zurechtkommen sollte. Gefühle hatten ihn überfallen. Erinnerungen und zugleich auch Gedanken an die nahe Zukunft.
    Seine Hände gingen auf Wanderschaft. Unter der Haut spürte er den dünnen Stoff des Kleides. Und darunter ihren Körper. Er war so hart, so fest, nicht weich und befand sich auch nicht im Zustand der Verwesung. Dafür hatte er schließlich gesorgt.
    Vom Körper der Toten her wehte ihm ein ungewöhnlicher und auch exotischer Duft in die Nase. Es roch nach Honig, nach Rosenöl und nach anderen Essenzen, die man früher im Orient verwendet hatte, um Leichen nach der Waschung einzureiben.
    Levine war zufrieden. Der Körper hatte die von ihm durchgeführte Ölung angenommen. Nichts anderes hatte er gewollt. Damit war die Zukunft schon vorbereitet worden.
    Er streichelte und tastete nach der Toten. Keine Stelle ließ er aus.
    Er machte den Eindruck eines Testers, der etwas überprüfen wollte, und dabei redete er ununterbrochen, während er gleichzeitig feuchte Augen bekam.
    Marita war so schön. So jung. Überhaupt noch nicht in einem Alter, um zu sterben. Der Tod hatte sie dahingerafft, und genau das wollte er nicht akzeptieren.
    Seine unendliche Liebe zu der viel jüngeren Frau und seine

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