1037 - Zurück aus dem Jenseits
Aussehen und der blassen Haut lag. Auch ihre Bewegungen waren nicht hektisch, eher sanft und verführerisch wie das Lächeln, das sie Dagmar Hansen schickte.
»Du bist unsicher…«
»Ein wenig schon.«
»Das vergeht. Die meisten sind unsicher, wenn sie zum erstenmal hier eintreten. Aber das vergeht wieder, darauf kannst du dich verlassen. Später wird es um so wunderbarer werden, wenn wir damit beginnen, uns miteinander zu beschäftigen.«
»Ich hoffe es«, erklärte Dagmar leise.
Harry Stahl hatte sich bisher zurückgehalten. Nicht, weil er nicht reden wollte. Ihm paßte nur das Verhalten seiner Partnerin nicht, denn er hatte den Eindruck, als hätte sich Dagmar von der Fremden einlullen lassen.
Für ihren Begleiter hatte sie keinen Blick mehr. Es zählten nur die beiden Frauen, die sich anschauten. Jede konzentrierte sich auf die andere. Sie starrten sich an, als wollten sie sich jeweils in die Blicke der anderen versenken.
Sie wirkten wie zwei Menschen, die sich vor langer Zeit verloren hatten und nun froh waren, wieder zusammen zu sein. Auch als Jamina ihre Hände ausstreckte, ging Dagmar nicht zurück. Sie ließ es zu, daß ihre Hände umfaßt wurden. Jamina zog sie zu sich heran.
»Du bist wie eine Schwester für mich, und es ist wahr, wenn ich dir sage, daß ich auf dich gewartet habe.«
»Ja?«
»Du kannst dich darauf verlassen.«
Harry mußte einfach etwas sagen. Zuerst räusperte er sich. Danach klang seine laute Stimme auf. »Dabei kennen Sie nicht einmal unsere Namen, Jamina.«
Für einen Moment schrak die Angesprochene zusammen, bevor sie ihren Kopf drehte und Harry anschaute. Er sah den Unwillen in ihrem Blick, sie hatte sich durch seine Aussage gestört gefühlt und gab dies auch indirekt zu.
»Was sind schon Namen, wenn man spürt, daß man sich lange gesucht und endlich gefunden hat.«
»So lange haben wir Sie nicht gesucht.«
»Aber sie ist hier.«
»Ich heiße Dagmar.«
Jamina wandte sich ihr zu. Sie lächelte. »Ein schöner Name, wirklich. Du wirst mir von dir erzählen, Dagmar, denn unsere Schicksale sind miteinander verknüpft.« Wieder trat sie nahe an Dagmar heran und legte eine Arm um ihre Schultern. »Komm, laß uns zunächst einmal reden und das Band des Vertrauens noch stärker aufbauen.«
»Ja, das ist gut.«
Harry Stahl verstand die Welt nicht mehr. Er war zu einem Hampelmann degradiert worden, zu einer Puppe, um die sich niemand kümmerte. Selbst Dagmar nicht, denn sie ließ sich von ihrer neuen Freundin einfach wegführen, ohne Harry einen Blick zu schenken.
Beide Frauen bewegten sich auf die Tür nahe der Treppe zu.
Jamina öffnete. Harry erhaschte einen Blick in das Zimmer. Viel sah er nicht, es war zu dunkel, aber er glaubte, einen runden Tisch erkannt zu haben, bevor die Tür wieder geschlossen wurde.
Man hatte ihn wie einen Lakaien oder dummen Jungen stehen lassen, und Harry verstand die Welt nicht mehr. Er war drauf und dran zu fluchen oder loszuschreien. Er wollte auch auf die Tür zurennen, um sie aufzureißen, aber er sagte sich, daß es keinen Sinn hatte, so emotional zu handeln. Erst einmal abwarten, was sich ergeben würde.
Sie waren tatsächlich wie zwei Gäste empfangen worden, auf die jemand gewartet hatte. War das möglich? Hatte es zwischen Dagmar Hansen und dieser Wahrsagerin zumindest während der letzten Nacht eine Verbindung gegeben, von der Dagmar ihm nichts erzählt hatte? Er wollte nicht daran glauben, denn Harry hatte alles als eine ehrliche und nicht verlogene Aussage angesehen.
Und nun dies.
Er kam nicht damit zurecht. Für beide Frauen war er letztendlich Luft gewesen. Es ärgerte ihn besonders, daß ausgerechnet Dagmar in diesen Zustand hineingeraten war. Sie hatte sich sonst in der Gewalt, und sie wußte auch mit ihrem Dasein als Psychonautin umzugehen. So leicht warf sie nichts aus der Bahn.
Im Haus war es still.
Nein, nicht ganz. Leise Geräusche hörte er schon. Irgendwo knackte Holz, das arbeitete. Er vernahm auch ein leichtes Klappern. Es drang von draußen her, wo der Wind mit einem lose hängenden Gegenstand spielte.
Über den Teppich hinweg ging er vor bis zur Holztreppe und blieb dort stehen. Man hatte ihnen gesagt, daß Jamina auch Fremdenzimmer vermietete. Sie lagen wahrscheinlich oben. Hier unten verteilten sich ihre persönlichen Räume, auf die Harry gespannt war. Er hatte sein Vorhaben aufgegeben, den beiden Frauen sofort zu folgen, denn dieses andere Zimmer wollte er sich als letztes vornehmen.
So öffnete er
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