1038 - Der Seelen-Kerker
sprach tonlos. »Alexandre muß gewußt haben, daß er in Gefahr schwebte. Ich habe es dem Klang seiner Stimme entnommen, als ich mit ihm telefonierte. Er hatte etwas geahnt. Verdammt noch mal, warum ist er nicht zu mir gekommen und einfach in seine Wohnung gefahren?«
»Das werden wir wohl nie herausfinden«, sagte Suko. »Jedenfalls hat man ihn unter Kontrolle gehabt.«
»Diese Ausgeburt der Hölle.«
»Sehr richtig.«
Bloch schaute sich vorsichtig um. »Dann… dann … muß sie hier im Raum gewesen sein. Ihr war alles bekannt. Sie hat ihn verfolgt, um ihn zu töten. Sie hat die Entdeckung durch ihn nicht auf sich sitzen lassen. Es durfte nicht sein.« Bloch schüttelte den Kopf. »Aber ich verstehe nicht, wie das passieren konnte. Ihr denn?«
Ich wußte schon, worauf die Frage des Templers zielte. Wir alle hatten den Film gesehen, und wir wußten, wie diese Ausgeburt der Hölle aussah. Für dieses Wesen war es sicherlich schwer, bei einer Verfolgung nicht aufzufallen. Daß es trotzdem das Haus ungesehen erreicht hatte, sprach nur für seine Raffinesse. Dabei mußte es die Dunkelheit ausgenutzt haben, um ans Ziel zu gelangen.
Nur die Dunkelheit?
Ich war mir da nicht sicher. Deshalb trat ich an das Bett heran und berührte den Toten. Ich wollte die Körpertemperatur feststellen und wußte schon nach der ersten Berührung Bescheid.
Die Haut war noch ziemlich warm. Lange konnte Alexandre Capus noch nicht tot sein. Demnach mußte das Untier bei Tageslicht hier erschienen sein. Dennoch war es von keinem Zeugen gesehen worden. Wäre dies der Fall gewesen, hätten sich die Menschen, die uns begegnet waren, bestimmt anders verhalten.
»Was ist?« fragte Suko.
»Ich weiß nicht, wann man ihn umgebracht hat. Lange kann es noch nicht her sein. Seine Haut ist noch warm. Eine halbe Stunde, mehr nicht.«
»Vergiß nicht, daß er uns noch angerufen hat.«
Ich schlug mir gegen die Stirn. »Klar, das hatte ich vergessen. Sorry.« Auch ich war kein Supermann, und ein Anblick wie dieser war auch von mir nicht so leicht zu verkraften. Jedenfalls hatte sich in mir starker Frust aufgebaut. Ich wußte, daß wir mit diesem Gegner unsere Schwierigkeiten bekommen würden.
Der Abbé hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und den Kopf gesenkt.
Er starrte zu Boden und war tief in seine Gedanken versunken, die sicherlich aus Vorwürfen bestanden.
»Er ist weg, John«, sagte Suko. »Und er ist nicht in der Dunkelheit verschwunden. Kann man hier herauskommen, ohne gesehen zu werden? Ich denke nicht. Das Haus ist nicht leer. Auch der Bürgersteig nicht. Von der Straße ganz zu schweigen.«
»Jedenfalls ist er nicht durch ein Fenster verschwunden. Die sind geschlossen.«
»Klar.«
»Durch ein anderes? In einer anderen Wohnung?«
»Kaum.« Suko hob die Schultern und drehte sich zugleich. »Ist dir schon die schmale Tür dort aufgefallen?«
»Schon.«
Mein Freund zog seine Beretta. Er stand zum Ziel günstiger als ich. Mit drei Schritten hatte er die schmale Tür erreicht. Dann riß er sie schwungvoll auf, und war auch bereit, sofort zu schießen, aber er fand kein Ziel. Es sei denn, er hätte auf eine Duschkabine oder ein Handwaschbecken gezielt. Das kleine Bad war leer.
Er drehte sich wieder um. »Pech gehabt, John.«
»Dann müssen wir ihn woanders suchen«, gab ich gepreßt zurück und ballte meine Hände vor Wut zu Fäusten. »Fragt sich nur, wo er sein könnte, verflucht.« Ich war bei meinen Worten nicht stehengeblieben, da ich ebenfalls einen Blick in das Bad werfen wollte.
Soweit kam ich nicht.
Etwas stoppte mich.
Es war das Brennen auf der Brust. Kurz nur, aber deutlich spürbar.
Das Kreuz hatte sich gemeldet!
***
Ich blieb so abrupt stehen, daß Suko mich überrascht anstarrte. Bevor er eine Frage stellen konnte, kam ich ihm mit einer Bewegung zuvor, denn ich deutete auf meine Brust.
Suko sprach mit trotzdem darauf an. »Dein Kreuz?«
»Ja, es hat sich erwärmt.«
»Stark?«
»Ziemlich sogar.«
Suko atmete tief ein. »Und was jetzt?«
»Soll ich sagen, daß er sich noch hier in der Nähe aufhält?«
»Dann hätten wir ihn sehen müssen.«
»Richtig.«
»Warum hat sich dann dein Kreuz gemeldet?«
»Das ist die Frage«, flüsterte ich und drehte mich auf der Stelle wie jemand, der nach irgend etwas suchte, es aber nicht fand, obwohl er genau wußte, daß es noch vorhanden war.
»Können Reste vorhanden sein?« sprach Suko weiter. »Irgendeine magische Aura, die nicht vergangen ist? Kann er uns überwachen
Weitere Kostenlose Bücher