1038 - Der Verräter von Kran
mir dieser hohen Ehre nicht bewußt bin."
Pneumatische Anlagen öffneten das Schott. Der Raum war im Gegensatz zu Zapelrows kühler Arbeitsatmosphäre strahlend hell beleuchtet. Der Tart ging zum niedrigen Tisch, warf einen langen Blick auf Flaschen und Becher und sagte: „Für kurze Zeit sind alle amtlichen Leitungen gestört. Mich schickt Herzog Zapelrow. Er vertritt hier im Nest die Bruderschaft."
Carnuum stieß ein sarkastisches Gelächter aus und deutete auf den Schirm, der den arbeitenden Zapelrow zeigte.
„Ihr seid also ‚Brüder’, wie?"
„Ich bin in der Lage, Verbindungen herzustellen", wich der Tart aus und polierte verlegen die Schuppen seines Unterarms. „Zapelrow meint, du und er würdet als Mitglieder deswegen ungeeignet, weil ihr in Kürze beide als Verräter enttarnt sein würdet. Ich bin hier, um wahren Freunden der Bruderschaft jede denkbare Hilfe anzubieten."
„Du bist verrückt", stellte Carnuum fest und hob seinen Becher. „Und Zapelrow auch, wenn er dich schickt was ich nicht glaube. Verräter? Kann er nicht gesagt haben. Er vertraut nämlich mir, Gu und sich selbst."
„Oft ist Vertrauen blinder als Glaube", entgegnete der Tart. „Ich weiß, daß alles aufgeboten wird, um den Verräter zu fassen. Solltest du dieser Gefahr ausweichen wollen, wende dich an mich."
„Geh zurück, zu wem auch immer", entgegnete Carnuum ungerührt, „und ich falle ebenso wenig wie Zapelrow auf deinen Trick herein. Ich leide nicht unter Angst, weil ich nichts zu verbergen habe. Warst du mit deinem obszönen Ansinnen schon bei Kollege Gu, meinem lieben Freund?"
„Nein. Zapelrow sagte, Gu ist unter allen Umständen unverdächtig. Ein Narr wie Gu, gesegnet mit Vergeßlichkeit und mäßigem Verstand, sagte er, wäre buchstäblich zu dumm, um auf zwei Schultern zu tragen."
Carnuum schien alles für einen schlechten Spaß zu halten, über den er nur lächeln konnte. Seine Selbstsicherheit war nicht zu erschüttern. Er hob den Becher und erwiderte gutgelaunt: „Du hattest deinen Auftritt. Zapelrow wurde seinen Groll los, und meine Meinung über die Bruderschaft ist heute so unverändert wie vor Jahren. Licht des Universums!
Ausgerechnet ich - ein Verräter!"
Und er fügte angewidert hinzu: „Verlasse meine Kabine. Ich weiß, daß du der erste Bote des Schreckens bist."
„Wenn der Schrecken zunimmt", meinte der Tart geistesgegenwärtig, „werde ich wieder kommen und dir gegen die beiden anderen Herzöge helfen. Sie sind einer Meinung: du bist der Verräter. Entschuldige die Störung, Herzog Carnuum."
„Schon gut. Auch du bist nur ein Werkzeug."
Der Tart zog sich schweigend zurück. Ohne daß er es selbst gemerkt hatte, ließ er einen zutiefst nachdenklich gewordenen Herzog zurück. Carnuum mußte sich sagen, daß das Mißtrauen seiner beiden ehemaligen Freunde einen Grund haben mußte. Hatte er sich irgendwo, irgendwann so verhalten, daß sie glauben mußten, er verriete die Maximen des Orakels?
Es war ausgeschlossen!
*
Zwei Stunden, nachdem Shere Tak seinen ersten Versuch unternommen hatte, gab Ciryak das Signal.
Der Nestcomputer fuhr sein Programm ab.
Der Bereich der drei Gästekabinen und aller damit zusammenhängenden Räume wurde abgeriegelt. Stählerne Schotte schlossen sich mit dumpfem Dröhnen. Hunderte verschiedenfarbiger Warnlichter zuckten und flackerten ununterbrochen und tauchten sämtliche Räume in eine chaotische Lichtflut. Die Schaltfrequenzen waren genau ausgerechnet; sie erwirkten einen starken Druck auf die Psyche eines jeden Kranen - also auch auf die Herzöge.
Roboter verließen ihre Plätze und schwebten summend hin und her, bis sie hinter irisierenden Schutzfeldern an den Eingängen und Ausgängen zum Stehen kamen.
Sämtliche Bildschirme schalteten sich im selben Sekundenbruchteil ein.
Der Sauerstoffgehalt der umgewälzten und gereinigten Atemluft dieses Sektors veränderte sich. Er sank geringfügig ab, und ein halluzinogenes Gas wurde in das System eingeblasen. Der Anteil des Gases war vom Nestcomputer auf das Genaueste errechnet worden. Der Computer gehorchte mit seinem Programm der höherwertigen Maxime: keiner der Herzöge sollte verletzt, geschädigt oder gar getötet werden, aber das ablaufende Spezialprogramm war dafür angelegt, den Verräter wider das Orakel zu finden oder bei der Aufdeckung zu helfen.
Jeder einzelne Lautsprecher des abgeschotteten Gebiets schaltete sich ein. Eine schauerliche Musik ertönte. Sie stellte eine digitale
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