1039 - Die Heroin-Zombies
ich einen Imbiss mitbringen sollte.
»So besorgt um mich?«
»Ich habe Hunger.«
»Dann iss doch.«
»Okay.« Ich schickte ihr ein letztes Grinsen und hieb anschließend die Tür zu. Elena Cerez war wütend und sauer geworden. Möglicherweise machte sie sich jetzt Vorwürfe, mit mir einen Kompromiss eingegangen zu sein.
Während der Sprit in den Tank rann, schaute ich in den Wagen hinein. Die auf den Rücken gefesselten Arme behinderten Elena schon. Sie ruckte immer wieder von einer Pobacke auf die andere.
Dabei verzog sie des öfteren ärgerlich ihr Gesicht oder schüttelte den Kopf über irgendwelche Gedanken, die ihr gekommen waren.
Ich tankte voll. Zeit verging. Irgendwann würden wir das Ziel erreicht haben, und ich glaubte fest daran, daß es nicht mehr lange dauerte. Vorn an der Straße fuhren nur wenige Wagen, aber relativ viele, mit Holz beladene Transporter. Der Dunst war auch hier nicht verschwunden. Im Gegenteil, er hatte sich verstärkt und bildete an gewissen Stellen schon dichtere Nebelschlieren.
Nachdem der Tank gefüllt war, hängte ich den Schlauch wieder ein und ging auf die Bude des Tankwarts zu. Ein kleines Haus und ziemlich zugig, weil eine Tür an der Rückseite offen stand. Der Mann selbst schaute von seiner Zeitung hoch, als ich eintrat und die Rechnung begleichen wollte.
Einen Imbiss konnte man hier nicht kaufen. Es gab keine Theke mit Sandwiches, aber Süßigkeiten gab es ebenso wie diese Müsliriegel und angeblichen Kraftspender. Ich kaufte vier davon und steckte sie in meine Taschen.
Der Tankwart nickte mir zum Abschied zu. Gesprochen hatte er nicht. Er war nur seinem Job nachgegangen. Kaum hatte ich ihm den Rücken zugedreht, griff er wieder zu seiner Zeitung. Die Müsli-Schokoriegel packte ich aus, als ich hinter dem Lenkrad saß. »Wollen Sie einen?«
»Nein, auch jetzt nicht.«
»Ihr Problem.« Ich entfernte einen Teil des Papiers und biss in das Zeug hinein. Erst als die Masse in meinem Magen verschwunden war, startete ich wieder.
»Du hast ja nicht telefoniert«, sagte Elena.
»Darauf gebe ich dir erst gar keine Antwort.«
»War auch besser so.«
»Was wäre denn geschehen, wenn ich es getan hätte?«
Sie leckte einmal mit der Zungenspitze über ihre Oberlippe. »Hättest du einen Fehlschlag gelandet. Wir wären nie an das Ziel heran gekommen, kann ich dir versprechen.«
»Und wie muß ich jetzt fahren?«
»Wieder zurück auf die Landstraße.«
»Okay.«
Windstöße schüttelten manche Bäume durch und sorgten dafür, daß sich noch mehr Laub löste. Wie bunt bepinseltes Papier segelte es zu Boden. Es gab auch Blätter, die über die Frontscheibe des Rovers strichen.
Ich bekam mit, daß mich Elena des öfteren anschaute. Manchmal runzelte sie dabei die Stirn, dann wiederum nahmen ihre Augen einen nachdenklichen Ausdruck an.
»Ist was?« fragte ich.
Sie lachte. »Du hast meine Blicke gesehen, wie?«
»Das kann ich nicht leugnen.«
»Ja, es ist schon seltsam, Sinclair. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, damit du es nicht in den verkehrten Hals bekommst, aber so ein echter Bulle bist du wohl nicht.«
»Soll ich mich dafür bedanken?«
»Nein.«
»Kennst du echte Bullen?«
»Leider ja. Ich bin in der Scheiße großgeworden«, sagte sie bitter.
»Hier in London?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Fiel meinen Alten wohl auf, daß sie mich auf eine Schule schicken könnten.«
»Sehr gut.«
»Ach, leck mich doch. Sie hat mir nicht gefallen. Es war eine Tortur, verflucht. Ich bin dann abgehauen und habe mich so durchgeschlagen. Ging ganz gut, muß ich dir sagen.«
»Und jetzt arbeitest du für die Mafia, wie?«
Sie hob nur die Schultern.
»Nicht?«
»Ich werde dir nichts sagen.«
»Auch gut. Das heißt, wie lange mußt du noch in dieser unbequemen Haltung hocken?«
»Das kommt auf dich an. Du kannst mir die Dinger ja abnehmen, Sinclair.«
»Leider nein.«
Sie preßte die Lippen zusammen. »Es ist nicht mehr weit. Hinter der nächsten Erhebung mußt du aufpassen. Die Kurve ist ziemlich gefährlich. An ihrem Ende führt ein schmaler Weg rechts ab und direkt zu unserem Ziel.«
»Dem Haus, wo…«
»Es ist kein Haus, Partner.«
»Sehr schön. Was dann? Ein Bunker?«
Plötzlich kicherte sie wie ein kleines Mädchen. Wäre es ihr möglich gewesen, hätte sie sogar die Hände vor den Mund gepreßt. »Es ist eine Mühle.«
Damit hatte sie mich überrascht. Mit allem hätte ich gerechnet, nur damit nicht.
Sie sah mir meine Verwunderung an und fragte:
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