104 - Leichenparasit des Geflügelten Todes
Arzt, der sich mit
ähnlichen Gedanken wie von Frankenstein trug, nutzte die Gelegenheit, den
weltberühmten Arzt und Wissenschaftler anläßlich einer Vortragsreise durch
London kennenzulernen.
Er sprach ihn an, und sie fachsimpelten
miteinander.
Der Mann hieß Donovan Gray, hatte promoviert
und war Lieblingsschüler seines Professors gewesen.
Dr. Gray wollte wie Frankenstein dem Tod ein
Schnippchen schlagen, einen neuen Menschen schaffen.
Tierversuche hatte er bereits erfolgreich
abgeschlossen.
Dr. Frankenstein hatte zu diesem Zeitpunkt
bereits seine erste große Enttäuschung erlebt. In einem Gespräch unter vier
Augen gestand Frankenstein seine Niederlage ein. Es hatte sich alles ganz
anders entwickelt, als er gehofft hatte.
Das Hirn, das er für den Kopf seines neuen
Menschen vorgesehen hatte, war krankhaft und zerstört.
Es gab bei Frankenstein inzwischen einige
ernstzunehmende Bedenken, Versuche solcher Art fortzuführen. Man mußte - so
meinte er - einen anderen Weg finden. Nicht mit Leichenteilen arbeiten, sondern
die Unsterblichkeit von innen heraus bewirken. Den Zellen, die nur eine
begrenzte Anzahl von Teilungen durchführen konnten, die Möglichkeit geben, dies
eben öfter zu tun. Vielleicht konnte dann ein Mensch zweihundert, dreihundert
Jahre oder gar noch älter werden, ohne im gleichen Maße dabei zu altern.
Dieser Aspekt beschäftigte Gray, und er griff
die Anregung auf.
Er experimentierte von dieser Stunde an
zweigleisig.
Er hatte sich eine alte Holzfällerhütte
gekauft, die er sich als geheimes Labor einrichtete. Niemand wußte etwas davon.
Donovan Gray begann eine Art Doppelleben zu
führen.
Tagsüber behandelte er Geisteskranke in einem
Nervensanatorium nahe Aylesbury, nachts zog er sich in sein Geheim-Labor
zurück, betrieb dort seine Studien und experimentierte mit freien Zellen,
Karzinomen, Konservierungsmitteln und menschlichem Gewebe.
Er konnte einzelne Glieder in Nährlösungen
mehrere Monate am Leben erhalten. Es gelang ihm, selbst Gewebe von Toten, die
längere Zeit im Grab gelegen hatten, wieder zu aktivieren und die Zellteilung
in Gang zu bringen. Es genügte, wenn eine einzige Zelle noch einen Funken Leben
in sich hatte, um den Prozeß der Teilung wieder zu beginnen.
Gray war besessen von dem Gedanken,
Frankenstein zu widerlegen und zu übertrumpfen.
Er selbst war bereits krank, aber das ahnte
er nicht. Er war geistesgestört. Die Beschäftigung mit seiner außergewöhnlichen
Arbeit und der ständige Umgang mit Schwer-Geisteskranken hatten ihn selbst
anfällig werden lassen.
Er trieb sich nachts auf den Friedhöfen in
High Wycombe und Aylesbury herum und auf dem eigenen Totenacker des
Nervensanatoriums.
Dort beschaffte er sich Material und brachte
es mit einem Pferdefuhrwerk in seine Hütte im Wald.
Passende Leichenteile hatte er schon
zusammengeflickt und seinen Wesen auch einen Kopf gegeben. Aber dem Kopf -
fehlte das Hirn. Denn es war der Schädel eines Irren, den er aus dem Grab vom
Friedhof des Sanatoriums gebuddelt hatte.
Ein Kopf, der zu Grays Lebzeiten schon
dreißig Jahre alt war und den er mit Hilfe seiner neuen Zellen-Methode wieder
»aufbaute«, wurde zum Behältnis für ein Gehirn, das er sich auf legale Weise
beschaffte.
Das Gehirn war frisch und gehört einem
Wissenschaftler, einem ehemaligen Studienkollegen, der sich freiwillig für
dieses Experiment zur Verfügung stellte. Der Mann war krebskrank an Lungen,
Nieren und Leber, und es gab keine Möglichkeit mehr, ihn zu retten.
Bevor die heimtückische Krankheit weiter um
sich griff und Rückenmark und Gehirn erreichte, wollte er Gray die Möglichkeit
geben, das noch gesunde Organ in einen aus Leichenteilen zusammengeflickten
anderen Organismus zu verpflanzen.
Aber beider Rechnung ging nicht auf.
Nach der Operation griff die Krankheit, an
der der Hirnspender im Endstadium litt, um so rascher um sich. Rückenmark und
Hirn wurden in kurzer Zeit befallen - und aus dem Mann, der glaubte, einen
neuen Körper besitzen zu können, wurde ein lallender Idiot, ein Monster ä la
Frankenstein! Er tötete Gray und machte die Gegend unsicher, überfiel einsame
Spaziergänger, riß Hunde und Katzen, und das Wild in den Wäldern rings um die
Chiltern Hills und wurde von den Anwohnern schließlich selbst wie ein wildes
Tier gejagt.
Er wurde erlegt und in ungeweihter Erde
beigesetzt. Niemand sollte jemals sein Grab finden.
Ironie des Schicksals!
Die dämonische Wesenheit, die von dem Kadaver
Besitz ergriffen
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