1045 - In den Höhlen von Lokvorth
lebte und funktionierte. Freilich war er noch viel zu klein, um etwas von dem zu zeigen, was er sich letztlich erhoffte. Aber mit der Zeit würde er es schaffen, seinen Beitrag zur Konstruktion des Viren-Imperiums zu vervollständigen.
Das Licht des späten Abends von Lokvorth schimmerte durch den dichten Wasservorhang. Quiupu schaltete die Scheinwerfer ab, denn jetzt benötigte er sie nicht mehr. Den Weg hinab zum See, der sich auch innerhalb des Erdreichs fortsetzte, war er in den vergangenen Wochen sehr oft gegangen. Er kannte fast jeden Stein auswendig.
Seine Augen suchten die Wasseroberfläche ab. Mehrere Rückenflossen waren sichtbar. Sie kreuzten unregelmäßig hin und her. Er hatte diese klugen Tiere Wasserkängurus genannt. Sie besaßen einen ausgeprägten Instinkt, der sich sehr leicht dirigieren und kontrollieren ließ. Es hatte ihm wenig Mühe bereitet, einige Dutzend von ihnen so abzurichten, daß sie ihm gehorchten. Nach einem einzigen Besuch in der Nähe der Forschungsstation hatte er die Wasserkängurus mit der Abholung der Ausrüstung allein beauftragen können.
„Hallo, Freunde", rief er mit seiner schrillen Stimme, als er sich dem Ufer näherte. Der Wasserfall übertönte die Laute, aber die Fische nahmen sie dennoch wahr.
Sofort kamen mehrere von ihnen an die Oberfläche und schossen auf ihn zu. Den Führer der Wassertiere hatte er Dicker genannt. Er schwamm allen anderen voran, und er war das größte Exemplar.
Quiupu nahm die Eimer mit der Gallertmasse von der Plattform und kippte sie ins Wasser. Normalerweise mußte sich jetzt zuerst Dicker daran laben, bevor seine Artgenossen etwas von dem leckeren Mahl bekamen.
Quiupu wunderte sich, weil diesmal der Anführer der Wasserkängurus den Leckerbissen verschmähte. Statt dessen schwamm Dicker an das Ufer und begann es mühsam zu erklimmen. Er watschelte auf seinen Flossen zu dem Trampelpfad, der zu der Stelle führte, an der Quiupu normalerweise die herabstürzenden Wassermassen durchquerte, um die Ausrüstung zu holen.
Dort blieb das Tier liegen und starrte Quiupu an. Der bemerkte jetzt, daß auch die im See verbliebenen Fische keine Anstalten machten, die Gallertmasse zu fressen.
„Was soll das Dicker?" fragte er versöhnlich das große Wasserkänguru. Er trat auf es zu und klatschte ihm eine Hand in den Nacken. Dicker liebte diese Geste, was an seinem Räkeln zu erkennen war.
Als sich Quiupu aber anschickte, über seinen Körper in Richtung des Wasserfalls zu klettern, richtete sich das Tier auf und versperrte ihm den Weg.
„Was soll das, Dicker?" schrillte der Virenmann. Dann stutzte er und blickte in Richtung des von dem Wasser verschlossenen Ausgangs der Höhle.
„Du willst mir ein Zeichen geben." Er tätschelte wieder den kurzen Hals des Wassertiers. „In Ordnung. Ich nehme deine Warnung an und verspreche dir, vorsichtig zu sein. Ein Risiko kommt sowieso nicht für mich in Frage."
Dicker ließ sich durch die Worte tatsächlich beruhigen. Er blickte Quiupu noch einmal mit seinen großen Augen an und kletterte dann in das Wasser zurück.
Der Virenmann ließ seine Plattform zurück und ging auf den Wasserfall zu. Einige der Wasserkängurus folgten ihm in den See. Auch Dicker war darunter.
Kurz vor dem Wasserfall gab es eine überhängende Felswand, unter der Quiupu ins Freie zu treten pflegte. Er pirschte sich vorsichtig an den nassen Vorhang und trat in das kühle Naß.
Zuerst blickte er auf die Stelle, an der die abgerichteten Tiere die Ausrüstungsgegenstände ablegen sollten. Tatsächlich war hier alles das vorhanden, was diesmal hergebracht werden sollte.
Schon glaubte er, Dicker falsch verstanden zu haben. Er wagte sich noch einen Schritt weiter, um das Gelände besser in Augenschein nehmen zu können.
Er brauchte drei oder vier Sekunden, um den ausgefahrenen Spargel eines Periskops hinter einem großen Felsen zu entdecken. Die Zeit war seiner Meinung nach kurz genug gewesen, so daß man ihn nicht bemerken konnte.
Blitzschnell zog er sich zurück. Dort draußen war jemand, der ihn auflauern wollte. Er wollte nichts riskieren, denn das laufende Experiment durfte nicht gefährdet werden. Die ersten Erfolge waren da. Jeder Eingriff von draußen könnte unter Umständen ähnliche Folgen haben wie der Versuch in Shonaar.
Dort war ein monströses Geschöpf, ein Riesenmolluskum, aus einer Nebenwirkung entstanden. Quiupu wußte, daß dies damals nur geschehen konnte, weil er die Vishna-Komponente unterschätzt
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