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1050 - Die Nymphe und das Monster

1050 - Die Nymphe und das Monster

Titel: 1050 - Die Nymphe und das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schlimm. Es war für ihn ein völlig normales Element, und er fürchtete sich auch nicht davor, zu ertrinken. Die singenden Nymphen hatten die Kontrolle über ihn bekommen. Er wollte zu ihnen und ihren Gesang dicht an seinen Ohren hören. Das Wasser umschäumte seine Füße, es kroch an ihm hoch, es umspülte die Hüften, und er wunderte sich nicht einmal darüber, daß der Teich so tief geworden war. Normalerweise konnte ein Mann nicht darin ertrinken. An der tiefsten Stelle reichte er einem Erwachsenen nur bis zur Brust.
    Um ihn herum hörte er den Gesang. Er machte ihn nicht verrückt, sondern ließ ihn jubeln. Der Gesang füllte seinen Kopf. Er hörte nur die angenehmen Melodien und merkte auch nicht, daß seine Füße den noch vorhandenen Halt mit dem Boden verloren.
    Es zog ihn hinein.
    Die Tiefe wartete.
    Sie war sein neues Zuhause.
    Um ihn herum wirbelten die Wasserwände. Er sah die Gesichter, die nackten Körper. Er hörte das Singen. Er sah das Lächeln auf den Gesichtern und fühlte sich so wohl.
    Nur einen Schritt.
    Nein, er schwebte schon. Er drehte sich. Der Strudel hatte ihn voll erwischt. Das Singen und Rauschen brandete durch seine Ohren. Es war alles so wunderbar geworden. Die normale Welt gab es nicht mehr. Eine andere hatte ihn geholt.
    Die letzten, rasenden Drehungen. Dann stürzte das Wasser über ihm zusammen. Die Wände fielen auf ihn zu und mit ihnen die nackten Gestalten der Nymphen.
    Don Carmacho wußte nicht, wer oder was ihn umarmte. Das Wasser, die Nymphen oder beides.
    Es war auch nicht mehr wichtig. Die andere Welt verschlang ihn mit Haut und Haaren…
    ***
    Grace Felder und ich hatten den kleinen Ort Llangain erreicht, und ich mußte der jungen Frau recht geben. Hier schien wirklich die Welt zu Ende zu sein.
    Das mochte im Sommer anders aussehen, nicht aber im Winter.
    Auf den Hügeln lag Schnee. Er hatte in den letzten Nächten Nachschub bekommen, sah aber jetzt aus wie ein schmutziger Spiegel, der hin und wieder durch ein dichtes Waldstück unterbrochen wurde. Wald und Natur zogen sich bis in die Täler hinein. Es gab nur eine vernünftige Straße, über die wir gekommen waren. Kleine Bäche, die oft zahlreiche Tümpel und Miniseen durchflossen, hatten uns schon seit geraumer Zeit begleitet. Wir waren auch über manche Brücke gefahren, die nicht eben vertrauenerweckend ausgesehen hatte.
    Jetzt lag Llangain vor uns. Keine Tankstelle, kein Industriegelände, eine Ansammlung von Häusern, über die sich ein grauer Schneehimmel spannte.
    Es schneite allerdings nicht. Dafür hielt der Dauerfrost das Land in seinen Fesseln. Der Boden war knochenhart gefroren. Auch hier war der Winter wieder mit Macht zurückgekehrt.
    Es war später Nachmittag und noch nicht ganz dunkel. Düster.
    Auch die wenigen Lichter in Llangain konnten diese Düsternis nicht vertreiben.
    Auf Grace Felders Wunsch hin hatte ich angehalten. Sie saß bewegungslos neben mir und schaute auf den Ortseingang. Hin und wieder rann ein Schauer über ihr Gesicht. Da drängten sich die Erinnerungen einfach zu stark hoch.
    Uns kam niemand entgegen, und es war auch keiner da, der uns überholte. Wir standen da wie bestellt und nicht abgeholt. Das Abblendlicht der Scheinwerfer wirkte trübe.
    »Ja, hier bin ich gewesen«, flüsterte Grace.
    »Und…?«
    »Was soll ich sagen, John.« Ihr Gesicht blieb steinern. »Da kommen Erinnerungen hoch.«
    »Kann ich mir denken.«
    Ich hörte sie atmen. »Ich glaube, John, daß es besser ist, wenn wir zunächst einmal zur Kirche fahren und du dir selbst diesen Blutaltar anschaust.«
    »Ich habe nichts dagegen.« Wir hatten uns noch nicht festgelegt, ob wir zuerst die alte Madge besuchen und danach in die Kirche fahren sollten oder umgekehrt.
    Grace Felder hatte recht. Der Blutaltar war wichtiger für uns. Ich startete wieder. Der Rover rollte langsam an. Auf dem gefrorenen Boden war jede Unebenheit zu spüren. So schaukelten wir fahrend in den Ort hinein.
    Dunkle Vögel wischten durch die Luft. Sie flogen von Baum zu Baum und überquerten dabei die Straße.
    Ich mußte auch daran denken, wie oft ich schon mit Kirchen und Kapellen konfrontiert worden war. Es lag noch nicht lange zurück, als wir einen Wahnsinnigen gejagt hatten, der es sich auf seinem Rachefeldzug in den Kopf gesetzt hatte, Kirchen abzufackeln. Jetzt würde ich wieder eine Kirche betreten, diesmal allerdings aus anderen Gründen.
    Llangain nahm uns auf!
    Diesmal blieb Grace nicht mehr so still sitzen. Sie bewegte ihren Kopf, um

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