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1050 - Die Nymphe und das Monster

1050 - Die Nymphe und das Monster

Titel: 1050 - Die Nymphe und das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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stand, und sie hatte sich als dünner Schleier über den kleinen Teich gelegt.
    Wir hätten damit rechnen müssen, daß seine Oberfläche grauweiß schimmerte, wäre sie von einer Eisschicht bedeckt. Bei diesen Temperaturen wäre das natürlich gewesen, doch das war es nicht.
    Uns beiden fiel zugleich die dunkle und ins grünliche hineingehende runde Fläche auf. Da wies nichts auf eine Eisschicht hin. Der Winter schien um den Teich herum einen Bogen gemacht zu haben.
    Wir hatten es zugleich bemerkt, und Grace blieb stehen. Sie faßte mich an und flüsterte nur: »Verstehst du das, John?«
    »Du meinst den Teich, der nicht zugefroren ist.«
    »Klar, natürlich.«
    »Im Moment ist es mir ein Rätsel. Oder hast du hier von heißen Quellen gehört?«
    »Unsinn.«
    »Dann laß uns mal nachschauen.«
    Grace blieb etwas hinter mir, als wir auf das Ufer zugingen. Ich suchte nach einer passenden Lücke zwischen den Bäumen, wo uns die tief nach unten hängenden Zweige nicht allzusehr störten. Sie waren starr geworden. Wären sie gegeneinander gestoßen, hätte es sicherlich leise, klingende Geräusche gegeben, aber sie hingen ruhig herab, als wollten sie es der Oberfläche des Teichs nachtun, denn auch auf ihr bewegte sich nichts. Da war keine Welle zu sehen. Sie kam uns vor wie die Oberfläche eines dunkel gefärbten Spiegels.
    Der Untergrund veränderte sich, obgleich er ziemlich hart war.
    Das Gras hatte seine Weichheit verloren. Starr wie Rohr wuchs es in die Höhe. Die helle Eisschicht hatte die normale Farbe längst übertüncht.
    Ich schaute mich um. Grace war jetzt zwei Schritte hinter mir. Sie war auch stehengeblieben und schüttelte den Kopf, als sie sah, wie ich sie anschaute.
    »Was ist los?«
    Sie räusperte sich. »Ich… ahm … du kannst mich jetzt auslachen, John. Aber ich habe Angst.«
    »Wovor?«
    Sie wies auf den See. Inzwischen hatte sie bunte Wollhandschuhe übergestreift.
    »Aber er tut dir nichts, Grace.«
    »Ja, ja, das weiß ich. Nur fürchte ich mich wirklich vor diesem Phänomen. Alles müßte doch zugefroren sein. Hier kann sich kein Wasser in seinem normalen Zustand halten. Trotzdem sehe ich kein Stück Eis auf der Oberfläche. Ich bezweifle, daß man es logisch erklären kann. Da ist etwas, verstehst du?«
    »Natürlich weiß ich, was du meinst. Wenn es dir bessergeht, dann bleib zurück.«
    »Bitte«, flüsterte sie. »Gib du nur acht, John.«
    »Klar. Denk daran, mit Teichen habe ich schon meine Erfahrungen sammeln können.« Ich hatte dabei auf den Fall in Paxton angespielt. Grace wußte Bescheid und nickte.
    Ich ging weiter auf den kleinen Teich zu. Unter meinen Füßen schien das Gras zu brechen und zu knirschen. Entsprechende Geräusche waren zu hören, aber eigentlich nie mehr als ein leises Knistern.
    Auch direkt am Wasser war der Boden knochenhart gefroren.
    Nur eben das Wasser nicht. Es lag normal vor mir, und ich ließ meinen Blick über den Teich gleiten.
    Kein Eis.
    Keine schimmernden Inseln, die auf der Oberfläche schwammen.
    Keine Wellen, die sich kräuselten und sich auf das Ufer zu bewegten. Dafür sah ich etwas anderes, jetzt, als ich dicht am Wasser stand. Über der Oberfläche und an allen Stellen gleich dicht, schwebte ein sehr dünner Nebel. Ein gespenstartiger Dunst, der aus dem Nichts erschienen war und auch nicht verschwand.
    Ich blieb stehen. Die Kälte zog durch die Sohlen der Schuhe und erwischte auch die Füße. Irgendwo knackte etwas.
    Es hatte sich angehört, als wäre Eis gebrochen. Wahrscheinlich war es nur ein schwacher Ast oder Zweig gewesen, der das Gewicht nicht ausgehalten hatte.
    Grünes Wasser. Durchdrungen von dunklen Streifen oder Inseln.
    Gefährlich, aber ohne Tiefe. Teiche sind meist nicht tief. Das Eis hätte bis auf den schlammigen Grund reichen müssen bei einer derartigen Kälte.
    Es war nichts davon zu sehen. Ich runzelte die Stirn und fragte mich, was innerhalb dieses Gewässers steckte.
    Welche Rätsel verbarg der Teich? War er wirklich ein Zuhause für irgendwelche Nymphen?
    Wenn ja, sorgten sie dann durch ihre Wärme oder wie auch immer, daß das Wasser nicht zufror? Es war einiges möglich. Nur erhielt ich keine Antwort, denn das Wasser schwieg. Es war stumm.
    Kein Laut drang an meine Ohren. Ich hörte weder ein Glucksen, noch das Anschlagen irgendeiner Welle gegen das Ufer. Die Stille war ebenso dicht wie an der Vorderseite der Kirche.
    Hinter mir atmete Grace Felder heftig. »Ich will dich ja nicht stören, John, aber sag mir bitte, ob

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