1053 - Die Rache der Geköpften
sagen. Möglich ist es ja. Das habe ich erfahren.«
»Wunderbar, Professor. Damit haben Sie uns sehr geholfen.« Für mich war das Gespräch beendet, nicht jedoch für den Wissenschaftler, der seinen Arm ausstreckte und ihn auf- und abbewegte.
»Augenblick, meine Herren, jetzt bin ich an der Reihe. Was treibt Sie denn dazu, diese Nachforschungen zu stellen?«
»Wir wollen Manskis Mörder«, sagte Suko.
»Das ist klar. Suchen Sie in seiner Vergangenheit?«
»Nein. Dann müßten wir im Osten nachforschen. Es geht uns um das Privatleben, das er hier geführt hat. Glauben Sie uns, Professor, auch wir haben unsere Erfahrungen sammeln können. Oft genug sind die Motive für eine Tat im privaten Umfeld des Ermordeten zu finden.«
Er hob die Schultern. »Auf diesem Gebiet sind sie die Fachleute. Ich möchte nur, daß der Täter gefunden wird. Manski war eine Kapazität wie es nur wenige in dieser Welt gibt. Der Killer weiß gar nicht, welchen Schaden er der Menschheit durch die Ermordung des Mannes zugefügt hat. Schlimm, sage ich Ihnen. Kaum wieder gutzumachen.«
Was den Schaden anging, da waren wir anderen Meinung, behielten sie allerdings für uns.
Als wir aufstanden, schaute uns der Professor verwundert an.
»Das war alles?«
»Ja«, sagte ich knapp.
Er hatte noch Fragen. Zumindest eine stellte er. Da befanden wir uns bereits dicht an der Tür. »Darf ich wissen, was Sie in dieser Ruine wollen?«
»Uns umschauen.«
Er lachte etwas gekünstelt. »Oder denken Sie, daß Sie dort den Killer meines Mitarbeiters finden werden?«
»Sollte es tatsächlich so sein, werden wir Ihnen sicherlich Bescheid geben. Das sind wir Ihnen nach diesem Gespräch schuldig, Herr Professor.«
Er grinste gequält und verabschiedete uns mit einem kurzen Nicken. Seine Vorzimmerperle schaute erst gar nicht hoch, als wir den Raum durchquerten.
Draußen schüttelte Suko den Kopf. »Wenn du mich fragst, John, da möchte ich nicht arbeiten.«
»Ich auch nicht.«
»Andererseits ist es auch nicht eben das Wahre, Köpfe durch London zu fahren.«
»Man kann es sich eben nicht aussuchen.«
»Fahren wir sofort in Richtung Richmond upon Thames?«
Ich nickte. »Klar, nachdem wir Dr. Larkin angerufen haben. Ich hoffe, daß es ihr gutgeht.«
Die Handy-Nummer hatte sie uns gegeben. Noch vor unserem Rover stehend, tippte ich sie ein.
Der Ruf ging auch durch. Nur kam keine Verbindung zustande.
»Das sieht Übel aus«, murmelte Suko. »Kannst du laut sagen.« Ich versuchte er noch einmal.
Larissa meldete sich nicht.
»Fahren wir zu ihr?«
»Und wie«, sagte ich nur…
***
Leer, kalt, allein – diese Attribute fielen Larissa Larkin ein, als die beiden Polizisten sie verlassen hatten. Sie wünschte sich, daß sie alles nur geträumt hatte, doch dagegen sprach die Blutlache im Flur.
Die Frau traute sich auch nicht, sie wegzuwischen. Sie wollte nicht, daß das Blut ihres Kollegen Quinn an ihre Finger geriet und schüttelte sich, wenn sie nur daran dachte.
Auf die Wohnung war sie immer sehr stolz gewesen, und sie hatte sich auch mehr als gut zwischen ihren vier Wänden gefühlt. Davon war nicht mehr viel geblieben. Obwohl es nur Einbildung war, glaubte sie daran, daß sich in den Räumen eine Kälte ausgebreitet hatte, die sie weder fassen noch begreifen konnte. Es war nicht mit den Außentemperaturen zu vergleichen, denn diese Kälte in ihrer Umgebung war ein völlig andere. Sie kam von innen, sie wurde durch sie produziert, und so ging sie davon aus, daß es die Kälte der Angst war, die allmählich von allem – auch von ihr – Besitz ergriff.
Angst vor der Rückkehr des Köpfers.
Sie überlegte oder versuchte es zumindest, doch die Gedanken wollten ihr nicht so recht gehorchen. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Immer wieder dachte sie an die vergangene Nacht und erinnerte sich, daß die Gestalt nicht so reagierte wie ein normaler Mensch. Für sie gab es keine Hindernisse wie Wände oder Mauern.
Der Kopflose war mit einem Spuk zu vergleichen, der sich durch die feste Materie schob.
Etwas Unwahrscheinliches und auch Ungeheuerliches war wahr geworden. Der Traum vieler, als Mensch durch Mauern und Wände gehen zu können. Manski hatte es geschafft.
Aber wie? Wer hatte ihm dabei geholfen? Er mußte sich selbst so aufgelöst haben, daß seine Materie durch eine andere, feste hindurchging. Auch mit ihrem naturwissenschaftlich geschulten Gehirn wollte Larissa nicht weiter darüber nachgrübeln. Es brachte nichts. Wichtiger war,
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