1053 - Die Rache der Geköpften
darauf?«
»Ganz einfach, Mr. White. Wir beschäftigen uns mit dem Privatleben des Toten, um nach einem Motiv zu suchen.«
»Ach«, sagte der Professor voller Spott. »Hat der Mann tatsächlich so etwas gehabt?«
»Jeder Mensch hat es.«
»Ich wüßte nicht, daß…«
»Sie haben nie mit Manski gesprochen?« fragte ich. »Das glauben wir Ihnen nicht. Wie wir erfuhren, war Manski hier im Institut sehr isoliert. Bis auf eine Ausnahme, und das sollen Sie gewesen sein, Professor White. Ob es stimmt, wissen wir nicht, aber jeder Mensch braucht eine Anlaufstation, auch auf der Arbeitsstelle.«
»Da stimme ich Ihnen zu, meine Herren. Nur werde ich einen Teufel tun und mit Ihnen über irgendwelche dienstlichen Belange reden, die ich mit Igor Manski besprochen habe.«
»Das verlangen wir auch nicht. Uns geht es nur um die Hintergründe. Wir haben erfahren, daß sich Igor Manski sehr für alte Burgen interessiert hat. Sogar für Ruinen.«
»Das stimmt.«
»Sehr gut, dann wären wir schon einen Schritt weiter, Professor.«
Er schüttelte den Kopf. »Das mag Ihre persönliche Meinung sein, aber ich komme da nicht mit.«
»Es ist doch sehr einfach. Wenn Sie schon Bescheid wissen, könnte Ihnen Manski doch erzählt haben, ob er in der Lage gewesen ist, sich seinen Wunschtraum zu erfüllen. Sprich: eine alte Ruine zu kaufen.«
White schwieg. Er kniff die Augen zusammen. »Was soll das? Worauf wollen Sie hinaus?«
»Wir suchen die Ruine«, erklärte Suko. »Nicht mehr und nicht weniger. Das hat mit Ihrer Arbeit im Institut nichts zu tun. Glauben Sie uns endlich.«
»Natürlich weiß ich das.«
»Wo liegt dann das Problem?«
Der Professor streckte seine Beine aus. »Sie gehen demnach davon aus, daß ich über das Privatleben informiert gewesen bin.«
»Ja.«
»Kaum«, gab er zu.
»Aber Sie wissen über sein Hobby Bescheid?«
Er nickte uns zu. »Sie haben Glück gehabt. Mr. Manski und ich haben uns tatsächlich über gewisse Dinge unterhalten. Auch was die private Ebene angeht. Er hatte diesen Wunsch, sich eine alte Burg zu kaufen, auch wenn es nur eine Ruine ist.«
Ich war allmählich ungeduldig geworden. »Und? Hat er es geschafft?«
Der Professor räusperte sich. »Manski war eine Kapazität. Er verdiente bei uns sehr gut, und er hat es tatsächlich geschafft, sich die Ruine zu kaufen. Hat er mir zumindest mal erzählt.«
»Was wissen Sie noch?« fragte Suko.
»Das war es fast.«
»Uns interessiert das ›fast‹. Vor allem der Ort, wo diese Ruine zu finden ist.«
Professor White rieb seine Nase. »Genau weiß ich das nicht, muß ich Ihnen sagen.«
»Ist es in der Nähe von London?«
»Das schon.«
»Gibt es einen Anhaltspunkt?«
»Ja, nicht weit vom Fluß. Etwas südwestlich. Richmond upon Thames. Dort muß es sein.«
Ich stutzte. »Eine Ruine?«
»Kann sein. Warum fragen Sie?«
»Weil die Schlösser oder Burgen, die man dort findet, noch alle gut erhalten sind.«
»Vielleicht hat er eine Ausnahme gefunden. Oder er hat mich angelogen. Fragen können wir ihn ja nicht mehr.«
»Das nicht.«
Anscheinend wußte der Professor noch keinen Bescheid. Ihm war auch nicht bekannt, daß Ed Quinn nicht mehr lebte. Wir sahen keinen Grund, ihn aufzuklären und wollten statt dessen wissen, ob ihm noch ein Detail aufgefallen war, das uns weiterhelfen konnte.
»Nein, kaum. Es ist eine alte Ruine, die allerdings noch so ausgebaut werden kann, daß man sich dort wohlfühlt. Zumindest sagte das Igor Manski. Aber jeder hat seine eigenen Vorstellungen.«
»Hat diese Ruine einen Namen?« wollte ich wissen.
»Bestimmt. Nur kenne ich ihn nicht.«
»Ist Ihnen sonst noch etwas eingefallen, was uns weiterhelfen könnte?«
»Leider nicht.«
Ich ließ nicht locker. »Jede Kleinigkeit ist wichtig.«
Der Professor überlegte. Er dachte wirklich nach, das war ihm anzusehen. »Ja, da war noch etwas. Das ist mir soeben eingefallen. So ganz begeistert war Manski über seinen Kauf nicht. Es ging ihm dabei weniger um die Ruine, als um die Umgebung.«
»Was störte ihn?«
»Ein nicht weit entfernt liegender Zeltplatz, der wohl in der warmen Jahreszeit ziemlich überlaufen ist. Manski war ein Mensch, der nur seine Ruhe wollte. Ein Einzelgänger, ein Forscher. So hat er sich auch im Betrieb hier verhalten. Jemand muß ihn so gehaßt haben, daß er ihn gefesselt unter eine Kreissäge legte. Klar, daß ihn ein Zeltplatz stört, wenn er seine Ruhe haben will. Ob er nun im Winter ebenfalls frequentiert wird, kann ich Ihnen nicht
Weitere Kostenlose Bücher