Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1054 - Die Leibwächterin

1054 - Die Leibwächterin

Titel: 1054 - Die Leibwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Leben getan, und es war auch nicht damit zu vergleichen, daß sie einen Toten anfaßte.
    Diese Gestalt war zwar tot, jedoch anders als eine normale Leiche. Da die Pritsche ziemlich niedrig war, mußte sie sich schon vorbeugen, um das Gesicht zu erreichen, denn darauf hatte sie sich konzentriert. Der rötliche Schein fiel von der Decke herab. Er erreichte auch die Gesichter der drei Wesen, ohne allerdings ihre erschreckende Blässe übertünchen zu können.
    Der warme Atem strömte aus ihrem Mund und wehte auch in das Gesicht des Blutsaugers, der plötzlich seine halbgeschlossenen Augen öffnete. Für Karina war es der Moment der Bewährung.
    Wenn sie jetzt zurückzuckte, schrie oder durchdrehte, war sie verloren. Und sie wunderte sich über sich selbst, daß sie es schaffte, so ruhig zu bleiben. Nicht einmal die Hand zuckte zurück. Sie brachte es fertig, sie weiter gegen das Gesicht des Blutsaugers zu drücken, und sie sah jetzt auch den völlig leeren Ausdruck in den Augen.
    Wie er konnte nur ein Toter »schauen«. Kein Gefühl. Keine Freude, auch kein Haß.
    Und die Haut bewegte sich.
    Es lag nicht daran, daß der Vampir seine Augen geöffnet hatte, nein, er verzog auch den Mund in die Breite, um seine spitzen Zähne voll zu präsentieren.
    Aus seinem Maul drang ein unbeschreiblicher Gestank, der Karina beinahe den Atem raubte. Sie ekelte sich davor, aber sie hielt durch und starrte in den finsteren Rachen hinein, in dem sich noch wie ein länglicher Klumpen die Zunge abmalte, die sich allerdings nicht bewegte.
    Vampire brauchen Blut, dachte sie. In meinen Adern fließt Blut.
    Der Unhold muß es doch spüren. Er wird es sich holen wollen. Er wird zubeißen und dann…
    Er biß nicht zu.
    Er glotzte sie nur an.
    Karina wußte nicht, ob Vampire dachten wie Menschen. Ob sie ihren eigenen Gedanken und Vorstellungen nachgingen, das war ihr alles zu fremd. Wenn ja, dann war dieser Blutsauger zunächst atypisch, denn er traf keinerlei Anstalten, seinen Kopf zu heben, um die Zähne in ihren Hals zu schlagen.
    Sie sagte nichts. Wirkte wie erstarrt. Die Finger lagen noch immer auf der Wangenhaut. Hinter ihr flüsterten Costello und auch Franco. Es war nicht zu verstehen, was sie sagten, aber die Worte klangen nicht aggressiv.
    Lief alles nach ihren Vorstellungen?
    Karina konnte es nur hoffen. Die erste Probe hatte sie über- und bestanden, auch wenn ihr verdammt unwohl war und sich der Schweiß auf ihrem Gesicht noch nicht zurückgezogen hatte.
    »Sehr gut!« hörte sie Costellos Lob. »Ich denke, daß ich mich richtig entschieden habe.«
    Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Sie hatte Costello täuschen können.
    Jetzt mußte sie nur noch nach einem Weg suchen, um an John Sinclair heranzukommen, damit er endlich eingreifen konnte und die Welt von dieser Pest befreite.
    »Sie haben dich akzeptiert, glaube ich. Gratuliere, Karina, sehr gut, wirklich.«
    »Danke!« rutschte es ihr hervor. Beinahe hätte sie noch erleichtert aufgelacht.
    Das böse Ende kam nach.
    Es war die Frau. Es war Tyra, deren rechter Arm in die Höhe schnellte und sich auf Karina zubewegte.
    So schnell konnte sie nicht reagieren. Sie hätte sich schon zur Seite werfen müssen. In einer normalen Situation wäre es ihr sicherlich gelungen, aber nicht jetzt.
    Die kalte Vampirklaue war schneller.
    Sie drückte ihr brutal die Kehle zu!
    ***
    Karina reagierte im ersten Moment nicht. Sie hatte nur Augen für die Blutsaugerin, die ihre Kehle als Stütze genommen hatte und sich daran hochzog.
    So sah sie direkt in das Gesicht der Untoten hinein. In diesem schrecklich langen Augenblick kam es ihr überdeutlich vor. Karina war in der Lage, jede Einzelheit wahrzunehmen.
    Das Alter der Blutsaugerin war schwer zu schätzen. Die Haut hatte gelitten. Sie roch nach kalter Asche, die mit Moder zusammengerührt worden war. Augen sahen aus wie Knöpfe. Einige bräunliche Flecken umgaben ihren Mund. Sie mußten aus dem eingetrockneten Blut der Opfer bestehen, etwas anderes konnte sich Karina nicht vorstellen.
    Das Haar war noch gewachsen. Es erinnerte ebenfalls an graue Aschesträhnen und war sehr strohig.
    Die Untote hatte den Mund weit geöffnet. Die Zähne schimmerten wie kleine Zinken. Sie war bereit, das Blut eines Menschen zu trinken und so die nötige Kraft zu erhalten.
    Wie lange die Finger ihre Kehle schon umklammert hielten, wußte die Russin nicht. Sie spürte nur die Nägel. Bestimmt hatten ihr die Spitzen bereits die Haut aufgerissen. So wie jetzt hatte sie noch

Weitere Kostenlose Bücher