1056 - Blutsauger Costello
nicht möglich. So mußte er auf dem Rollstuhl hocken und die eigenen, schrecklichen Gedanken bis zum bitteren Ende denken.
Wenn diese Person und ihre Freunde Blut getrunken hatten, dann bedeutete dies, daß es in seinem Haus nur noch Vampire gab. Abgesehen von ihm. Doch auch dieser Zustand konnte sich bald ändern. Es wollte nicht in seinen Kopf. All die vielen Jahre hatte er gekämpft und sich ein Imperium aufgebaut. Er hatte sich dabei auf seine Leute verlassen können, die ihm den Rücken deckten.
Und jetzt?
Jetzt war alles anders. Seine Leute waren zu Untoten geworden. Seine Macht wurde nicht mehr von normalen Menschen gestützt, sondern von Vampiren. Man hatte ihn zurück in die zweite Reihe gedrängt, und ein anderer hatte die Führung übernommen, auch wenn sich dieser andere noch nicht zeigte.
Costello kannte seinen Namen. Will Mallmann, alias Dracula II. Auf dessen Versprechungen hatte er sich verlassen. Was war daraus geworden? Nichts, eine Niederlage. Diesmal wollten die Mächte der Finsternis nicht mit ihm paktieren, sondern selbst herrschen, und das über seinen Kopf hinweg.
Innerhalb weniger Sekunden waren all die Gedanken durch seinen Kopf geschossen. Costello fühlte sich schwindlig, als er daran dachte, daß sein Schicksal in den Händen der vor ihm stehenden und hart grinsenden Vampirin lag.
»Warum?« hauchte er. »Was hat euch dazu getrieben? Warum habt ihr gegen den Plan verstoßen?«
»Es gibt keinen Plan, Costello.«
»Doch, es gibt ihn!« Seine Stimme hörte sich lauter an. Die Emotionen mußten einfach raus. »Ich habe ihn mit Will Mallmann abgesprochen. Das wißt ihr genau.«
»Wir wissen nur, daß du derjenige bist, der geschont werden sollte, Costello.«
»Und meine Leute!«
»Wirklich?«
Dieses eine Wort war hinterrücks gemein gestellt worden. Eine zynische Frage, die bei Costello für einen inneren Zusammenbruch sorgte. Er senkte den Kopf und schüttelte ihn. Er war fertig, er war auf irgendeine Art und Weise platt. Er konnte nicht mehr denken. Sein Körper wurde geschüttelt wie im Fieber.
Tyra stieß ihn mit harter Hand an, so daß er wieder gegen die Lehne des Sessels prallte. »Ich weiß, daß es dir nicht paßt, aber es war für Dracula II die beste Möglichkeit, ins Geschäft zu kommen. Das solltest du doch wissen.«
»Er hat mich gelinkt!«
»Das sagst du. Seine Pläne sehen anders aus. Es ist ihm dabei egal, wie er zum Ziel gelangt.«
»Was will er denn?«
Sie grinste ihn an. »Ich weiß es nicht genau. Er wird es dir selbst sagen.«
Costello schrak zusammen. Die Antwort hatte ihm nicht gefallen. »Selbst sagen?« wiederholte er leise. »Dann… dann… müßte er ja in der Nähe sein, denke ich.«
»Du hast recht.«
»Wo?« Costello wurde unruhig. »Hält er sich hier im Haus auf? Ist er schon da?«
»Nein, nicht im Haus. Er hat andere Pläne. Aber er ist gut informiert. Wir stehen auf seiner Seite. Er hat uns geschickt. Mallmann will die Verbindung durch uns halten, verstehst du?«
Ja, Costello verstand. Aber das war nicht in seinem Sinne. Alles lief verkehrt. Alles war schlecht für ihn und seine Männer. Wenn er an sie dachte, dann konnte er leicht wahnsinnig werden. Es gab sie nicht mehr als normale Menschen, nur als Vampire. Sie würden nicht mehr ihm gehorchen, sondern Will Mallmann. Dann hatte Dracula II das erreicht, was er wollte. Ausgerechnet mit Costellos Hilfe, der auf diesen Blutsauger und dessen Pläne so reingefallen war.
Die Welt hatte sich für ihn in den letzten dreißig Minuten verändert. Nichts war mehr so wie es sein müßte. Die Ereignisse hatten ihn auf ein Abstellgleis geschoben, von dem er nicht mehr wegkam.
Seine Zeit war vorbei. Dabei hatte er gedacht, die Fäden bis über die Jahrtausendwende in der Hand halten zu können, doch dies würde ihm nicht mehr gelingen. Costello fühlte sich alt, verbraucht und leer. Er stand wie ein Relikt vor einer Zeitenwende.
Tyra war einen Schritt zurückgetreten. Costello hatte ihre Bewegungen genau beobachtet. Er schaute zu, wie geschmeidig sie ging, mit welcher Lockerheit sie ihr Haar zurückschleuderte. Da war nichts mehr von der Tyra zu beobachten, die er kannte. Sie hatte sich verändert. Sie war zu einem normalen Menschen geworden, wenn jemand nicht genau hinschaute. Eine Frau, die wußte, was sie wollte, deren Haut nicht mehr so lappig und eingefallen war. Sie schimmerte sogar in der Dunkelheit, wie mit einem glänzenden Öl bestrichen.
Wenn sie jetzt noch eine andere Kleidung trug,
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