1057 - Die Gestrandeten
verschwunden war, und durch die Ritzen abfloß. Sie hörte die Schreie von Janice, aber sie konnte nicht helfen.
Sie hatte keine Waffe, mit der sie sich hätte wehren können.
„Janice", rief sie.
Hinter der Tür blieb es still.
Maud wirbelte herum und flüchtete den Gang entlang.
Jetzt schrie sie auch. Grauenhafte Angst erfüllte sie. Ihre Beine waren wie gelähmt, und obwohl sie so schnell lief wie noch nie zuvor in ihrem Leben, hatte sie das Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen. Sie fühlte sich an einen Alptraum erinnert, in dem sie vor einer Gefahr flüchten wollte, aber nicht konnte, weil ihre Füße mit dem Boden verwachsen zu sein schienen.
Einige Male blickte sie zurück.
Die unförmige Gestalt, die sich in der Gangmitte erhoben hatte, war verschwunden.
Dafür hatten sich dicke Klumpen an der Tür gebildet. Maud hatte den Eindruck, das fremde Wesen wolle Janice mit aller Gewalt folgen.
Kurz bevor sie das Ende des Ganges erreichte, glitt ein Türschott vor ihr zur Seite, und eine Plasmakugel rollte ihr in den Weg.
Wie erstarrt blieb sie stehen. „Nein", flüsterte sie. „Bitte nicht."
Aus der Kugel stieg ein armdicker Ausläufer auf, an dessen Ende sich eine menschliche Hand formte. Diese hob sich ihr Halt gebietend entgegen. Eine Reihe von unverständlichen Lauten quoll aus der Kugel.
Maud erkannte, daß sich das Wesen mit ihr verständigen wollte, doch in diesen Sekunden war sie zu verschreckt und verängstigt, um auf den Kommunikationsversuch eingehen zu können.
Sie blickte über die Schulter zurück und entdeckte ein ebenfalls kugelförmiges Gebilde, das von der anderen Seite auf sie zurollte. Die Tür, hinter der Janice verschwunden war, war jetzt frei.
In panischer Angst versuchte Maud, an dem Kugelwesen vorbeizukommen, das ihr eine Hand entgegenstreckte.
Maud warf sich zur Seite. Sie drückte die Taste eines Interkoms und rief um Hilfe.
*
Als Dario Spouru von einem der Ingenieure wegen einer organisatorischen Frage angesprochen wurde, erinnerte er sich voller Unwillen daran, daß sein Stellvertreter Dick Follow sich noch immer nicht gemeldet hatte.
Er ging zu einem Interkom und schaltete ihn ein.
Im gleichen Moment erhellte sich der Bildschirm.
Der Kommandant blickte in das angstverzerrte Gesicht von Maud Bosch, und er hörte ihre Schreie, die aus dem Lautsprecher brachen.
„Maud - was ist los?" rief er.
Ihr Gesicht verschwand vom Bildschirm, und er hörte, wie sie auf den Boden prallte.
„Maud - melde dich!"
„Sie ist ohnmächtig geworden", sagte einer der Ingenieure, der hinter ihm stand. „Hast du nicht gesehen, wie sie die Augen verdreht hat?"
„Was ist das denn?" fragte ein anderer Ingenieur. „Sieht aus wie ein Matten-Willy."
„Dazu ist es viel zu groß", antwortete Dario Spouru, der die Plasmakugel im gleichen Moment bemerkte. Sie rollte kurz durch das Bild und verschwand am unteren Bildrand, tauchte jedoch gleich darauf wieder auf.
Hinzu kam ein zweites Plasmawesen, das allerdings nicht über den Boden rollte, sondern auf mehreren Pseudofüßen ging. Es trug die bewußtlose Maud auf einer Schale, die es ausgebildet hatte.
Sprachlos vor Überraschung verfolgten die Männer, wie die beiden fremdartigen Wesen die junge Frau in einen Raum verschleppten.
„Los - wir holen sie 'raus", befahl der Kommandant, als sich die Tür hinter Maud und den beiden Plasmawesen geschlossen hatte. Er ahnte bereits, wo Dick Follow geblieben war.
Zusammen mit den anderen Männern stürmte er durch die Gänge des Weltraumbahnhofs, bis er endlich die Stelle erreichte, an der Maud das Bewußtsein verloren hatte. Warnend hob er eine Hand.
„Bevor wir weitergehen, müssen wir Waffen haben." Er wandte sich zu den Ingenieuren um, die ihm gefolgt waren, und bestimmte zwei von ihnen, die Energiestrahler aus einem Depot in der Nähe holen sollten. Die beiden Männer eilten davon.
„Ich habe wirklich keine Ahnung, wie wir Plasmawesen mit bloßen Händen bekämpfen sollen", sagte er dann. „Ich habe aber auch keine Lust, so lange zu warten, bis die beiden wieder hier sind. Inzwischen könnte Maud tot sein, und dann nützt ihr unsere Hilfe nichts mehr. Notfalls müssen wir weglaufen, wenn wir angegriffen werden. Es könnte Maud aber schon nützen, wenn wir die Wesen von ihr ablenken."
Er ging langsam weiter.
Wie ist es möglich, daß diese Wesen hier auftauchen? fragte er sich voller Unruhe.
Sollten sie tatsächlich von außen gekommen sein? Wie viele sind es? Zwei?
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