1058 - Vampir-Chaos
genau das wußte sie auch. Sie zögerte keine Sekunde. Blitzschnell senkte sie ihren Kopf, und ebenso schnell rammte sie ihn vor. Das Ziel war meine Magengrube. Wenn sie mich erwischte, war das wie der Aufprall eines Steins, der mir die Luft rauben würde.
Sie schaffte es.
Ich flog zurück. Landete rücklings auf der Anlage. Die Musik spielte noch weiter, wie ich im Unterbewusstsein wahrnahm. Dann kroch der DJ zur Seite. Auch um ihn kümmerte ich mich nicht, die Untote war wichtiger, die natürlich mein Kreuz gesehen hatte, weil es einfach nicht zu übersehen war.
Ich lag noch immer auf der Anlage. Wollte mich abstoßen und sie angreifen, erwartete auch zugleich eine Attacke von ihrer Seite. Alles ging sehr schnell, obwohl ich die Dinge wahrnahm, als hätten sie sich verlangsamt. Ich stand unter einem zu großen Druck und war entsprechend sensibilisiert.
Es sah so aus, als wollte sie den Kampf trotzdem annehmen. Sie stand unter Strom. Ihr Gesicht war eine Maske. Bösartigkeit und einen wahnsinnigen Willen, das Blut eines Menschen zu trinken, las ich darin. Aber da war das Kreuz.
Es schimmerte. Es hatte sich erwärmt. Sein Silber sandte die entsprechenden Signale aus, die auch der Untoten nicht verborgen bleiben konnten.
Deshalb die Flucht!
Eine schnelle Drehung, ein wütender Schrei, der Sprung auf die Treppe, all das deutete ihre Flucht an, die ich verhindern mußte.
Ich kam wieder hoch. Der DJ interessierte mich in diesen Augenblicken nicht. Er war auch völlig von der Rolle und hatte die Hände vor sein Gesicht gepreßt.
Tyra hetzte die kleine Treppe herab.
Ich sprang ihr nach.
Sie stand noch auf den Stufen, als ich bereits gegen ihren Rücken rammte. Diesem Druck hatte sie nichts entgegenzusetzen. Wie vom Katapult geschleudert flog sie nach vorn und landete auf dem Bauch. Ihr Gesicht schlug ebenfalls auf. Ein Mensch hätte gebrüllt.
Nicht sie. Tyra versuchte, aus dem Gefahrenbereich zu kriechen.
Die Gäste tanzten weiter. Einige sahen, was hier vor sich ging.
Darum kümmerte sich niemand. Wahrscheinlich gab es öfter Abwechslungen dieser Art.
Die anderen Blutsauger griffen noch nicht ein. Vielleicht warteten sie auch auf ein Kommando, ich konnte es nicht wissen. Wichtig war Tyra.
Ich ließ sie nicht wegkriechen und auch nicht hochkommen. Ich war einfach schneller.
Bevor sie sich drehen und auf die Füße kommen konnte, hatte ich ihr rechtes Bein in Höhe des Fußknöchels gepackt. Ich drehte daran und gab genügend Schwung, um sie auf den Rücken zu wuchten.
Sie wollte nicht, sie fauchte, sie wehrte sich, doch es blieb beim Versuch, denn plötzlich sah sie mein Kreuz.
Es schwebte über ihr. Ich hielt es fest. Ich sah es schimmern, und sie sah es ebenfalls.
Der Anblick lahmte sie!
Nur den Körper, nicht das Gesicht. Dort öffnete sich der Mund so hastig, als wollte sie Luft holen. Das war bei einem Vampir nicht möglich. Vielleicht wollte sie mir auch nur ihre Zähne zeigen, was sie auch tat. Vor ihnen fürchtete ich mich nicht, aber ich ließ mir auch eine gewisse Zeit, um diesen Anblick zu »genießen«.
Auch nach so langen Jahren war es für mich immer wieder faszinierend, wenn ich diesen Wiedergängern gegenüberstand. Bei Frauen intensivierte sich dies noch. Vor mir lag eine, die nicht häßlich war. Auf eine bestimmte Art und Weise war sie faszinierend. Zudem gehörte sie zu den Frauen, die als normale Person zumindest auf mich eine Faszination ausübten. Ich mochte sie vom Typ her, denn sie versteckte ihre Weiblichkeit keineswegs hinter irgendwelchem männlichen Gehabe oder militantem Aussehen, wie zum Beispiel diese superkurzen Soldatenhaarschnitte.
Aber sie war eine Untote.
Sie hatte Kraft und bewies es. Obwohl sie auf dem Rücken lag, schaffte sie es, sich mit einem Schwung in die Höhe zu stemmen.
Tyra brauchte diesen kurzen Anlauf, um sich auf die Seite drehen zu können. Dabei zuckte ihr rechtes Bein, das ich festhielt. Es rutschte nicht aus dem Griff. Tyra aber stemmte sich mit den Händen ab. Sie hatte ihre Arme blitzschnell angewinkelt, wollte in die Höhe kommen, aber das Kreuz war ihr im Weg. Ich drückte es durch ihre Haarflut, und das Metall berührte dabei ihren Nacken.
Sie zuckte. Sie brüllte. Dieser Ton ging unter. Sie stemmte sich in die Höhe. Es war ein letztes Aufbäumen, ich wußte es. Deshalb ließ ich sie auch los.
Tyra prallte zu Boden. Sie schlug mit dem Bauch auf, aber sie kam nicht mehr hoch.
Das Kreuz brannte ihr den Tod in den Leib!
Ich hatte das
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