1058 - Vampir-Chaos
längst tot. Aber sie lebten noch. Sie hörten die Schüsse, sie sahen das Mündungsfeuer, das recht hoch angesetzt war, denn die Kugeln schlugen über ihnen in die Decke. Dort fetzten sie Putz heraus. Suko und Karina wurden mit Staub berieselt.
Die Schüsse verstummten. Echos verklangen. Es wurde still, und auch ihre Augen konnten sich etwas an die Umgebung gewöhnen.
Sie war zwar dunkel, nicht aber unbedingt finster. So zeichneten sich die Fenster in der Rotunde ab wie die grauen Eingänge zu irgendwelchen Höhlen. Sie sahen auch, daß ihre Umgebung nicht leer war. Bei den viereckigen Gegenständen konnte es sich durchaus um Spieltische handeln.
Dann hörten sie Costello lachen. Danach erst sprach er. Das Lachen hatte sich schon gierig angehört, seine Worte allerdings konnten den Triumph kaum verbergen. »Ich habe lange darauf gewartet, euch zu kriegen. Egal, wer mir in die Hände geriet. Es ist zwar schade, daß ich nicht Sinclair vor der Mündung habe, aber den kriege ich auch noch. Und ich freue mich auf dich, Karina. Ja, ich bin wirklich froh, dich wiederzusehen. Habe dich schon vermisst, auch wenn du mich hintergangen hast. Aber ich bin nicht nachtragend. Ich verzeihe dir. Ich habe mich auch so an dich gewöhnt. Zu sehr gewöhnt, und ich will, daß du bei mir bleibst. Für immer und ewig, verstehst du?«
Karina und Suko hatten jedes Wort gehört. Es war deutlich genug gesprochen worden, und sie wußten auch, was Costello mit seiner letzten Bemerkung gemeint hatte. Die Russin holte scharf Luft. Sie schüttelte den Kopf, bevor sie sprach. »Nie wird er mich bekommen, Suko, niemals. Du weißt, was seine Worte bedeutet haben?«
»Sicher. Er will dich zum Vampir machen!«
Sie stöhnte. »Nein, nein, soweit wird es nicht kommen. Lieber bringe ich mich selbst um, als daß ich mich in dieses verdammte Elend hineinstürzen lasse.«
Es hörte sich zwar floskelhaft an, trotzdem hielt auch Suko mit einer Antwort nicht zurück. »Noch leben wir. Ich habe vor, daß es noch eine Weile so bleiben wird.«
»Was willst du denn tun?«
»Mal schauen, was sie tun.«
Es blieb still, aber es wurde heller. Irgend jemand hatte das Licht eingeschaltet. Normales Licht und doch nicht normal, denn es fiel als grauer Schleier aus der Decke hervor zu Boden. Verschiedene Lampen bildeten die Quelle, und so konnte sich der Schleier fächerförmig verteilen.
Das Licht war gedimmt worden. Es wurde auch nicht viel heller, aber Karina und Suko stellten fest, daß sie sich in einem sehr großen Raum befanden, in dem einige Spieltische standen. Das kostbare Holz glänzte matt. Die Roulettkessel waren abgedeckt worden. Der grüne Filz auf den Spieltischen warf keine Falte. Die Rotunde bildete nur einen Teil des Casinos. Es gab an der gegenüberliegenden Seite einen Durchgang. Er führte in einen breiten Flur. Dort lagen dann auch die anderen Spielzimmer.
Vor dem Durchgang hielten sich Costello und seine Leute auf. Der Mafioso hockte wie ein schiefer Gnom in seinem Rollstuhl. Er hielt den Mund schief und leicht geöffnet. Dabei war er zu einem Grinsen verzogen, und aus dem Oberkiefer schauten seine Zähne hervor.
Suko dachte nicht über sich selbst oder über sein Schicksal nach, er konnte einfach nur Costello sehen. Er dachte daran, wie lange John und er diesen Mafioso gejagt hatten. Wie mächtig er gewesen war.
Wie viele Morde er begangen und wie viel Elend er über die Menschen gebracht hatte. Es war eine Statistik des Grauens.
In Prag hatte es ihn dann erwischt. Er war gelähmt worden. Nicht mehr zu operieren. Aber Costello hatte seine Macht nicht aufgegeben und sie auch nicht geteilt. Er hatte wieder an die alten Zeiten anknüpfen wollen und sich deshalb einen Verbündeten gesucht.
Ausgerechnet Dracula II, der es gar nicht nötig hatte, sich Helfer unter den Menschen zu suchen. Trotzdem war er auf den Vorschlag eingegangen, hatte Costello getäuscht, ihn in die Falle laufen lassen und seine eigene Vampirsuppe gekocht.
Der Preis war hoch gewesen. Auch Logan Costello gehörte zum illustren Kreis der Blutsauger. Er würde so handeln, wie es jeder Vampir tat. Auf die Jagd nach Blut gehen, denn etwas anders blieb ihm einfach nicht übrig.
Mallmann war nicht zu sehen. Suko bezweifelte, daß er sich zurückgezogen hatte. Einen derartigen Triumph ließ er sich nicht entgehen, aber er gönnte Costello den Spaß der ersten Minuten.
Der Mafioso war nicht einmal bewaffnet. Maschinenpistolen trugen die vier Blutsauger, die ihn umrahmten.
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