106 - Der Tod aus der Zauberkugel
Brunnenrand.
Die Hexe stand vor mir. Rings standen etwa zwanzig der Fledermausmenschen.
„Wie hat dir mein Geschenk gemundet?" fragte sie spöttisch.
„Überhaupt nicht", sagte ich verärgert. „Du weißt ganz genau, daß ich mich nur von den Eingeweiden Ertrunkener ernähren kann."
„Verzeih diesen Irrtum. Die Vampirin kicherte. „Das nächste Opfer werde ich am Leben lassen. Du kannst es dann ertränken."
„Ist Halmahera schon eingetroffen?"
„Nein. Er kommt nächste Nacht."
„Was willst du von mir, Lania?"
„Der Puppenkopf macht Schwierigkeiten. Die O-toku-San will mir trotz all meiner magischen Beschwörungen nicht ihr Geheimnis verraten. Vielleicht hast du mehr Glück. Wenn es dir gelingt, dann schenke ich dir die Freiheit."
Ich überlegte kurz. Ihr Vorschlag kam mir nicht ungelegen. Vielleicht konnte ich jetzt endlich das Geheimnis der Puppe lösen.
„Dazu muß ich aber mit dem Puppenkopf allein sein. Ich glaube, daß mir die Puppe vertraut."
Die Alte kicherte. „Das ist schon möglich. Mich haßt sie auf jeden Fall. Ich stellte einige Dinge mit ihr an, die ihr überhaupt nicht gefallen haben."
„Führe mich zur O-tuko-San!"
„Nicht so hastig, Kappa! Vorerst habe ich noch etwas anderes zu erledigen. Gestern machten meine Freunde reiche Beute. Eine Jacht fiel in ihre Hände. Wir haben nun Nahrung für viele Tage."
Die Hexe wandte sich ihren Dienern zu und zischte etwas.
Einer der Fledermausmenschen trat an eine Wand und strich mit beiden Händen darüber. Ein leises Sausen war zu hören, dann kippte die Wand langsam zur Seite.
Ein rot-leuchtendes Gewölbe war zu sehen, Knochenhaufen und Männer und Frauen, die vor der umgekippten Wand standen.
Ich hielt mich im Hintergrund. Ein Mann sprang vorwärts, den ihm am nächsten stehenden Fledermausmenschen an und trieb ihm einen zugespitzten Knochen in die Brust.
Das Monster stieß ein unheimliches Zischen aus, riß sich den Knochen aus der Brust und ging auf den Mann los.
Ich mußte mich beherrschen, um nicht in den Kampf einzugreifen. Doch das wäre sinnlos gewesen. In meiner Gestalt als Kappa konnte ich nicht viel unternehmen.
Vor Wut zitternd, wandte ich mich ab. Ich konnte den Anblick der auf verlorenem Posten kämpfenden Menschen nicht mit ansehen.
Das Warten hatte an ihren Nerven gezerrt. Alle hatten sich im Halbkreis um den vermuteten Eingang aufgestellt. Nur Paul, Liz und Diana hatten sich angstbebend hinter den Knochenhaufen versteckt.
Und dann war die Wand umgekippt.
Tony Vernon hatte augenblicklich gehandelt. Sein spitzer Knochen hatte die Brust eines Fledermausmenschen durchdrungen, doch kein Tropfen Blut war aus der Wunde gekommen.
Der Fledermausmensch hatte die Flügel ausgebreitet und ihn angesprungen. Die Wucht des Anpralls war so groß gewesen, daß Tony niederfiel. Die Hände des Fledermausmenschen hatten sich in seinem Hemd verkrallt, es in Fetzen gerissen, und dann hatten sich die unmenschlichen Lippen seiner Kehle genähert. Sie hatten zugebissen, und sein Widerstand war erloschen.
Der Angriff war fehlgeschlagen. Alle Angreifer waren von den Fledermausmenschen überwältigt worden. Der Biß der Vampirmonster hatte sie gelähmt.
Tony Vernon erwachte als erster. Er richtete sich auf und griff sich mit beiden Händen an die Kehle. Deutlich spürte er die Bißwunde. Sein Hals schmerzte bis zu den Schulterblättern. Alles drehte sich vor seinen Augen. Er beugte sich vor und übergab sich. Dann hob er den Kopf und starrte die Hexe an, die mit den Fledermausmenschen vor ihm stand.
Hinter den Fledermausmenschen erblickte er ein affenartiges Geschöpf, das mit einem blauen Pelz bedeckt war. Tony war zu schwach, um die Hand zu heben. Teilnahmslos stierte er die Hexe an, die ihn mit glühenden Augen betrachtete.
Langsam erwachten auch die anderen aus ihrer Bewußtlosigkeit.
„Euer Angriff war sinnlos", sagte die Hexe mit schriller Stimme. „Mit Knochen kann man meine treuen Diener nicht töten. Aber ich bewundere euren Mut. Ihr seid tapfer gewesen. Die drei, die sich da zitternd hinter den Knochen verbergen, sind feige. Und ich verabscheue Feiglinge."
Sie zischte etwas, und drei Fledermausmenschen sprangen über die benommen Daliegenden und liefen zu den Knochen.
„Nicht!" brüllte Diana entsetzt, als einer der Vampire nach ihr griff.
Liz Button war vor Entsetzen ohnmächtig geworden, während Paul Kildare wie gelähmt alles über sich ergehen ließ.
Die Fledermausmenschen packten die drei, erhoben sich in
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