Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1060 - Die Mystikerin

1060 - Die Mystikerin

Titel: 1060 - Die Mystikerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
nicht.
    Ich kannte diese Art der Augen, hatte sie jedoch nie bei normalen Menschen erlebt.
    Ich erinnerte mich an Fälle, in denen geheimnisvollen Nonnen eine Rolle gespielt hatten. Verfluchte Frauen, die sich dem Teufel verschrieben hatten. Untote Geschöpfe, Geister aus Gräbern, die zum Kloster gehörten, das alles war mir nicht fremd, doch diese Person hier konnte ich mit den anderen nicht vergleichen.
    Es war stiller um mich herum geworden. Möglicherweise bildete ich mir das auch nur ein, weil ich mich eben zu sehr auf die Frau konzentrierte.
    Mein Kreuz reagierte nicht, was mich wunderte. Es blieb normal, keine Erwärmung, auch als ich noch näher an das Ziel herankam. So mußte ich davon ausgehen, es nicht mit einer schwarzmagischen Person oder Dämonin zu tun zu haben.
    Seltsamerweise ließ mich das nicht fröhlicher werden. Ich war einfach davon überzeugt, daß gewisse Dinge nicht mehr zusammenpaßten. Hier hatte sich etwas getan, für das ich keine Erklärung fand. Es konnte möglich sein, daß sich gewisse Grenzen überschnitten, aber auch das blieb Spekulation.
    Oder sie gehörte zu den Mächten auf der positiven Seite. Sie war ein guter Geist, tatsächlich eine Beschützerin und mit einem Engel zu vergleichen.
    Ich hatte mehr als die Hälfte der Distanz hinter mich gebracht, und Hildegarda bewegte sich noch immer nicht. Sie ließ mich einfach kommen, wartete mit diesem bleichen Gesicht, auf dem ich überhaupt keinen Ausdruck sah.
    Völlig stoisch schaute sie mir entgegen. Ließ mich kommen. Schritt für Schritt weitergehen.
    Dann blieb ich stehen.
    Zwar nicht zum Greifen nah, aber auch nicht weit davon entfernt.
    Ich wartete auf eine Reaktion, auf eine Ansprache, auf die Flüsterstimme, die mich fragte, was passiert war und warum wir uns die junge Frau geholt hatten, die sie doch beschützen wollte.
    Nein, es passierte nichts.
    Ich ärgerte mich nicht. Es blieb bei der Verwunderung, aber ich sprach sie von mir aus nicht an. Dabei hatte ich das Gefühl, als wollte sie es auch nicht. Hildegarda wartete darauf, daß ich etwas anderes tat, und diesen Gefallen erfüllte ich ihr.
    Der nächste Schritt.
    Jetzt brauchte ich nur noch die Hand auszustrecken, um sie berühren zu können. Das tat ich noch nicht. Statt dessen ging ich noch einen kleinen Schritt auf sie zu. So nahe an sie heran, daß ich sie jetzt hätte riechen können.
    Jeder Mensch sondert einen Geruch ab. Das war bei Hildegarda nicht der Fall. Völlig neutral stand sie auch weiterhin vor mir und strahlte mich aus ihren hellen Augen an.
    Ich konzentrierte mich auf ihr Gesicht und stufte es nicht unbedingt als menschlich ein. Es war anders, es war einfach zu glatt. Es gab keine Runzel, keine Falte und auch keine Pore auf dieser wie gebügelt wirkenden Haut. Das war kein Gesicht, das war einfach nur eine Maske und nicht mehr.
    Schmale Lippen, die geschlossen waren und innerhalb der Haut kaum auffielen. Eine gerade, vielleicht etwas kantige Nase, darüber die glatte Stirn, an der sich der Rand ihrer Kapuze deutlich abzeichnete wie ein dunkler Streifen. Ihre Haarfarbe war nicht zu erkennen, denn der Kopfschmuck blieb unter der Kapuze verborgen.
    »Wer bist du, Hildegarda?« flüsterte ich ihr zu und wußte genau, daß sie mich verstanden hatte.
    Sie blieb stumm.
    Keine Regung. Kein Verziehen der Lippen. Nicht die kleinste Falte entstand auf ihrer Haut.
    Was wollte sie von mir? Was sollte ich denn tun? Wollte sie mich locken und reizen? Sollte ich die Initiative übernehmen, was ich ja schon getan hatte und was letztendlich ohne eine Antwort geblieben war?
    Ich faßte es anders an. Das Kreuz hatte ich nicht hervorgeholt. Ich schob ihr nur meine Hand entgegen. Sie wußte, daß ich sie anfassen wollte, aber sie reagierte wieder nicht.
    Es war ihr gleichgültig.
    Deshalb griff ich zu – und ins Leere hinein!
    Dieser Moment dauerte bestimmt nicht länger als eine Sekunde. In dieser Zeit allerdings bekam ich einiges geboten. Kaum hatte ich den Kontakt gehabt, da erwischte ein kalter Strom meine Hand, aber in den Stoff der Kutte faßte ich nicht, denn von einem Augenblick zum anderen war sie verschwunden.
    Aufgelöst. Blitzschnell. Nicht wie ein Nebelstreifen, der erst langsam dem Sonnenlicht weichen mußte. Bei ihr ging dies wirklich innerhalb eines Atemzugs.
    Vor mir sah ich den Rover, aber nicht mehr Hildegarda, denn sie hatte sich aufgelöst.
    Ich habe es schon oft wiederholt, und auch jetzt konnte ich mich davon nicht freimachen, die Überraschungen

Weitere Kostenlose Bücher