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1063 - Die Nacht vor Walpurgis

1063 - Die Nacht vor Walpurgis

Titel: 1063 - Die Nacht vor Walpurgis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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geworden. Die andere Hand fühlte sich sehr kühl an, aber nicht wie die einer Leiche.
    Zoras Hand drückte zu.
    Nicht sehr fest. Allerdings schon so, daß Jane es spürte und auch als Zeichen ansah. Diese Hand wollte mehr. Sie war der erste Beweis darauf, daß Jane ihre Welt verlassen und in eine andere hingehen sollte.
    Noch stand sie vor dem Spiegel. Sie hob ihren Kopf etwas an und konnte der anderen Person jetzt ins Gesicht schauen. Es war ein hübsches Gesicht mit einem sehr sinnlichen Ausdruck. Es hatte nichts Hexenhaftes an sich. Keine Runzeln, keine Falten, keine Höckernase, wie man es oft genug auf den Bildern sah, weil sich die Menschen die Hexen immer so vorgestellt hatten.
    Dieses Gesicht hätte auch zu einem Callgirl gepaßt. Zu einer Frau, die in irgendwelchen Bordellen lauerte, einen Schmollmund zog und mit leicht verhangenen Blicken die Männer lockte.
    Hohe Wangenknochen, eine kleine, etwas nach oben gebogene Nase, die dichten Brauen und darunter die dunklen Augen.
    Beide blieben so stehen. Der Kontakt war nicht unterbrochen, und Jane schaffte es auch, dem Blick der anderen standzuhalten.
    Zora lächelte. »Ich mag dich, Schwester. Und ich möchte, daß die Flamme in dir wieder stärker leuchtet. Wir gehören zusammen. Du hast es nur vergessen.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Jane vorsichtig.
    »Doch, doch, glaube mir. Wir beide sind eine Einheit oder werden zu einer Einheit werden. Du mußt nur den großen Schritt wagen, dann bist du da, wo du hingehörst.«
    Der Ansicht war Jane zwar nicht. Sie wußte allerdings auch, daß sie sich nicht wehren konnte und auch nicht wollte, denn die Faszination des anderen war einfach zu stark.
    »Komm zu mir, Jane…«
    Sie nickte.
    Zora lächelte. Dann erlebte Jane, wie sie plötzlich vorgezogen wurde. Auch wenn sie es gewollt hätte, sie hätte es nicht geschafft.
    Der Druck der Hand war einfach zu groß und ebenso der Zug nach vorn, den Jane nicht stoppen konnte.
    Sie fiel gegen den Spiegel.
    Nein, nicht direkt. Sie spürte ihn so gut wie nicht. Es war kaum ein Widerstand vorhanden. Vielleicht ein leichtes Zittern oder Brennen an den Seiten, das war alles.
    Zora trat zurück. Sie schaffte Jane den nötigen Platz, um in die andere Welt hineingehen zu können. Sie war so anders, so klar. So licht, obwohl Jane keine Quelle sah.
    Sie drehte den Kopf.
    Jetzt hätte sie die Spiegelseite von innen sehen müssen Nein, das war nicht der Fall. Den Spiegel gab es von dieser Seite an der bestimmten Stelle im Keller nicht mehr. Die andere Dimension hatte ihn einfach ausradiert.
    »Willkommen im Reich der Hexengeister, Schwester…«
    ***
    Auf der Rückfahrt waren wir beide sehr nachdenklich gewesen.
    Allerdings aus verschiedenen Gründen. Ich brauchte meine Ruhe, um über Kevin White nachdenken zu können. Der Mann gefiel mir nicht mehr. Okay, was wir erlebt hatten, war kaum zu begreifen. Da veränderte sich jeder. Aber nicht so wie der Heimatforscher. Bei seinem Verhalten stimmte einiges nicht. Er war nicht durcheinander.
    Er fragte auch nicht. Er war auch nicht ängstlich und wirkte auf mich eher zufrieden. Wie jemand, der mich als Mittel zum Zweck benutzt hatte, um eine bestimmtes Ziel zu erreichen.
    Hatte er es geschafft? War ich derjenige, der ihm den Zutritt zum Grab verschafft hatte? Wenn ja, dann mußte er vorher über mich Bescheid gewußt haben. Über mein Kreuz, zum Beispiel, von dem ihm sicherlich Jane Collins berichtet hatte, denn er hatte ja gewußt, daß ich mich mit besonderen Fällen beschäftige.
    Auf seinen Lippen lag ein Lächeln. Den Hügel hatten wir hinter uns gelassen und fuhren Lanser entgegen. Der Ort lag eingehüllt in das Dunkel des Abends, wie auch die Umgebung, die sich für die Nacht vor Walpurgis vorbereitete.
    Ich dachte auch wieder an Jane Collins. Sie war bewußt nicht mit hoch zum Hügel gegangen, weil sie sich im Ort umschauen wollte.
    Mit Menschen reden, etwas in Erfahrung bringen. Mehr über die übernächste Nacht, die so wichtig werden sollte, denn da würden die Hexen tanzen und mit dem Teufel buhlen.
    So hieß es in der Legende. Ob sie so ablief, wie sie geschrieben worden war, wußte ich nicht. Ich wollte es auch nicht dazu kommen lassen, denn eine Walpurgisnacht konnte gefährlich werden, wenn alles zutraf, was man sich erzählte.
    Noch hatten wir Zeit, und darauf hoffte ich.
    Lanser war ein netter kleiner Ort. Das kühle Wetter hatte die Menschen jedoch von den Straßen vertrieben. Niemand saß mehr vor seinem Haus oder vor den

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