1063 - Ein Hauch von Leben
würdest du nicht solchen Unsinn daherreden! Es wird keinen militärischen Konflikt geben, solange nicht Leute wie du die Entscheidungen treffen!"
Die beiden starrten sich an, als wollten sie jeden Moment aufeinander losgehen. Noch nie hatte Nuru den Aktivatorträger so erregt gesehen. Erst nach Sekunden entspannten sich seine Züge, und er wurde ruhiger. Seine Achtung für den Analytiker war auf den Nullpunkt gesunken.
„Ich frage mich", sagte er mit deutlicher Betroffenheit, „wie du es geschafft hast, trotz aller, psychologischen Eignungstests in den Dienst der LFT-Flotte übernommen zu werden."
Damit wandte er sich ab und ging langsam tiefer in den Bereich der Trümmeroase hinein. Einen Stein, der auf seinem Weg lag, kickte er heftig zur Seite.
Vejlo stand mit hängenden Schultern da. Verständnislos und beinahe hilfeheischend sah er dem Aktivatorträger nach.
Nuru trat zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Er hat in seinem Leben viele Menschen sterben und ganze Völker untergehen sehen", bemühte er sich um eine Erklärung für Rhodans Verhalten. „Der tausendfache Tod hat in seiner Seele tiefe Narben hinterlassen. Du hast sie aufgerissen."
Unbehaglich entwand sich der Analytiker Nurus Griff. Schon kam sein Stolz wieder zum Vorschein.
„Ich habe nur versucht, ihm meinen Standpunkt klarzumachen. Ich weiß nicht, was daran verwerflich sein soll."
„Deine Ansichten sind nicht unbedingt zeitgemäß. Sie entstammen einer antiquierten Weltanschauung." Nuru hob die Schultern, weil er nicht daran interessiert war, ebenfalls mit dem Jüngeren in Streit zu geraten. „Perry Rhodan hat zu dem Thema eine andere Meinung - und die Geschichte gibt ihm recht."
In einer Bewegung, die unbewußter Ausdruck dafür war, daß er jetzt weitermarschieren wollte, rückte Vejlo den Tornister zurecht.
„Ich dachte bisher, Rhodan sei ein Mensch, der auch andere als die eigene Meinung toleriert", bemerkte er abweisend.
„Sicher ist er das! Auch er ist jedoch verletzbar und kann seinerseits Toleranz erwarten, wenn er einmal unbeherrscht reagiert."
Nuru merkte, daß er in die Rolle, die er befürchtet hatte, bereits hineingedrängt war - in die Rolle des Vermittlers. Diesmal behagte sie ihm nicht, weil seine Sympathien eindeutig zu Rhodans Gunsten ausschlugen. Völlig neutral konnte er deshalb nicht sein, auch wenn er für den Analytiker ein gewisses Maß an Verständnis aufbrachte.
Er löste seinen Blick von Vejlo, der dem Aktivatorträger bereits folgte, betrachtete sich noch einmal den Trümmerhaufen, der zum Auslöser des Streits geworden war, und setzte sich ebenfalls in Bewegung.
Die Luft war hier bereits merklich besser. Sie trug weniger Staub mit sich und kratzte nicht mehr so stark im Hals. Auf dem Boden lag kaum noch Sand, nur hier und da fanden sich einige leichte Verwehungen. Nach ein paar Metern passierten die Männer bereits das nächste eingestürzte und verwitterte Gebäude, dem sich in kurzem Abstand weitere anschlossen. Sie bewegten sich zwischen ihnen hindurch, auf einer ehemaligen Straße wahrscheinlich, und gerieten immer tiefer in dieses düstere Gewirr einer verflossenen Zivilisation. Von allen Seiten stürmten jene urtümlichen Laute auf sie ein.
Nuru blieb abrupt stehen, als er aus den Augenwinkeln einen huschenden Schatten wahrnahm. Er drehte den Kopf, konnte jedoch nichts entdecken.
„Habt ihr das gesehen?" fragte er unbehaglich.
Die beiden anderen hielten ebenfalls inne. Rhodans Blick folgte Nurus ausgestrecktem Arm.
„Was?"
Angestrengt versuchte Nuru, zwischen den Trümmern, die sich hinter zwei gegeneinandergestürzten Balken auftürmten, etwas zu erkennen.
„Dort hat sich etwas bewegt!"
Vejlo winkte großspurig ab.
„Darum sollten wir uns nicht kümmern. Irgendwann werden wir ohnehin einheimischen Lebensformen begegnen."
Nuru lauschte auf das Schnattern und Kreischen ringsum, und wieder rann ein Schauer über seinen Rücken. Fortan war er noch wachsamer und vorsichtiger. Ständig suchte er die Umgebung ab, achtete auf jeden Laut und auf jede Konstellation, die als Versteck für Angreifer geeignet schien.
Rhodan und Vejlo wirkten dagegen viel sorgloser. Sie gingen so schnell, daß Nuru dauernd einige Schritte hinter ihnen her lief. Die Hälfte des Oasenradius hatten sie bereits hinter sich, als sie in den Bereich gelangten, in dem auch Pflanzen gediehen. Sie wuchsen überall, auf dem Boden, zwischen Schutthalden und auf morschem Holz. Ihre Farbenpracht war enorm
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