1072 - ...dann bete in der Hölle, Sinclair!
er gestattete sich wieder die erste Bewegung nach einer ganzen Weile.
Die Haltung hatte sich nicht verändert. Noch immer lag er auf dem Rücken und hielt die Augen so gut wie geschlossen. Das linke Auge öffnete er spaltbreit. Er hatte auch die Stimmen von dieser Seite gehört, und der erste vorsichtige Blick bewies ihm, daß er genau richtig gelegen hatte.
Sie waren dort.
Der eine Soldat stand neben Sonja und hielt sie mit der Beretta in Schach. Der zweite hatte sich auf Suko konzentrieren wollen. Er schaute auch in dessen Richtung, allerdings nicht so intensiv wie es der Fall hätte sein müssen. Diese große Spannung, das Warten auf einen bestimmten Augenblick, hatte nachgelassen.
Der erste Weg zur Chance.
Suko hob die rechte Hand leicht an. Sie befand sich in Höhe seiner Hüfte. Er spurte, wie der keine Finger über den Knochen hinwegglitt. Es war nur ein leichtes Streicheln. Suko war froh darüber, daß seine Nerven ihm diese Berührung meldeten. So ging er davon aus, daß die Wirkung des Gifts nicht mehr vorhanden war.
Er zog den Arm, der noch immer dicht an der rechten Seite des Körpers lag, wieder an. Abermals mit einer Bewegung, die mehr als langsam war.
Er durfte sich nicht das geringste Zucken erlauben und hielt das linke Auge dabei etwas offen, um den Soldaten unter Kontrolle zu haben.
Der hielt seine Maschinenpistole noch fest, aber nicht mehr hart oder gespannt. Auch nicht entspannt, wie man es von coolen Typen her kennt, die sich ihrer Sache sicher sind. Er hatte sie einfach zu locker in die rechte Hand genommen. Die Mündung wies dabei zu Boden, und Suko behielt er auch nicht mehr direkt unter Kontrolle. Er blickte mehr zu seinem Kumpan und zu Sonja hin, die in ihrer sitzenden Haltung noch mehr zusammengesunken war und leise vor sich hinweinte.
Suko behielt die Ruhe. Bei derartigen Gelegenheiten kam ihm seine asiatische Mentalität zugute, die Erziehung in der Kindheit und Jugend, die in einem Kloster stattgefunden hatte.
Beherrsche dich. Beginne nie selbst einen Kampf. Zeige Demut. Nimm Rücksicht auf den Schwächeren. Aber sei tapfer und mutig, wenn es darauf ankommt…
Diese und ähnlich klingende Regeln hatte Suko nie vergessen und sie auch des öfteren anwenden können. Seinen Arm hatte er schon ziemlich hochgeschoben und dabei kein Geräusch verursacht.
Die Hand lag bereits in Brusthöhe.
Eine gute Stellung.
Beinahe schon perfekt.
Um allerdings an den Stab heranzukommen, mußte Suko die Hand über seine Brust hinwegschieben unter die linke Hälfte der Jacke.
Etwas, das sonst blitzschnell ging. Das einfach leicht war. Kein Problem für ihn. Im Normalfall, aber nicht hier.
In dieser Lage war einfach alles anders. Hier kam es darauf an, genau den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Eine Sekunde zu früh oder zu spät konnte für ihn tödlich sein.
Der Blick zu dem MPi-Mann!
Noch stand der Kerl gut zu ihm. Sein Interesse war nicht sehr groß.
Wenn, dann würde er Suko höchstens aus dem Augenwinkel sehen, was natürlich für den Inspektor von einem unschätzbaren Vorteil war.
Dennoch durfte er nichts überstürzen. Er blieb ruhig, er blieb gelassen, und so schob er seine Hand weiter, an der die Finger angelegt waren und nicht einmal zitterten.
Suko hatte sich wahnsinnig gut in der Gewalt. Auch sein Atem ging nicht schneller. Er war schon zu hören, allerdings sehr leise und normal. Diese Reduktion auf das Wesentliche hatte dem Inspektor nichts ausgemacht.
Zum Glück spielte auch Sonja mit, indem sie einfach nur dasaß und weinte. So lenkte sie zumindest den zweiten Typen sehr gut ab, aber der verließ sich auch auf seinen Kumpan.
Sukos rechte Hand kroch jetzt unter die linke Jackenhälfte. Der letzte Weg zum Stab war so gut wie nicht mehr vorhanden.
Drei, vier Sekunden noch, und Suko konnte ihn berühren, um das Wort zu rufen, das alles veränderte.
Genau da drehte sich der MPi-Mann!
Suko wußte nicht, weshalb er es tat, und sicherlich wußte es der Soldat auch nicht. Es mochte eine Witterung, ein Instinkt sein, vielleicht auch das schlechte Gewissen, nicht genug auf den Gefangenen geachtet zu haben, jedenfalls drehte er sich, und das tat er ziemlich schnell.
Suko ließ ihn nicht aus den Augen. Der Kerl war für ihn plötzlich zu einem Monstrum geworden, und das Gesicht des Killers veränderte sich plötzlich, als er sah, was da passiert war. Er hatte die Veränderung in der Haltung wahrgenommen, aber er brauchte noch eine geringe Zeitspanne, um die Maschinenpistole
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